Irina Mikitenko - Ungebremst nach Berlin
Sie ist Deutschlands erfolgreichste Leichtathletin des Jahres, stellte drei neue deutsche Rekorde auf und ist in diesem Jahr ungeschlagen. Vor neun Tagen verlängerte Irina Mikitenko ihren Vertrag beim TV Wattenscheid 01 und richtet ihren Blick nun voll und ganz auf die in knapp zehn Monaten beginnende Weltmeisterschaft in Berlin: „Beim TV Wattenscheid hat meine Marathon-Ära begonnen, hier soll sie auch erfolgreich weiter gehen“, sagt Irina Mikitenko.
Irina Mikitenko macht sich klein auf ihrem Stuhl. Kleiner als die 36-Jährige ohnehin schon ist. Man merkt, dass sie sich nicht ganz wohl fühlt an diesem Montag. „Ich stehe nicht gerne im Mittelpunkt“, gesteht die gebürtige Kasachin, umkreist von zwanzig Journalisten, die zur Pressekonferenz zum Anlass ihrer Vertragsverlängerung beim TV Wattenscheid 01 in den Konferrenzraum des Olympiastützpunktes nach Bochum gekommen sind.Grund sich ins Rampenlicht zu stellen, hätte die zweifache Mutter genug. Zwei deutsche Rekorde, der Sieg beim London-Marathon im April und beim Berlin-Marathon im September, zwei Deutsche Meistertitel und keine einzige Niederlage. So lautet die Bilanz 2008 von Irina Mikitenko. „Das war meine bislang erfolgreichste Saison“, sagt Irina Mikitenko, die aber hinzufügt: „Die verpassten Olympischen Spiele haben weh getan.“
Vorfreude auf Berlin
Doch Peking soll nun Geschichte sein. „Es bringt nichts, sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen. Ab jetzt zählt nur noch die Zukunft“, gibt sich die 1,58 Meter große Läuferin kämpferisch. Die mögliche Zukunft heißt, den Sieg beim Marathon in London (Großbritannien) zu wiederholen und dann bei der Weltmeisterschaft in Berlin den ganz großen Coup zu landen: die Gold-Medaille.
Wenn Irina Mikitenko anfängt, von Berlin zu sprechen, dann glänzen ihre Augen. „Berlin war immer ein gutes Pflaster für mich. Hier bin ich 1999 deutschen Rekord über 5.000 Meter gelaufen, habe ein erfolgreiches Marathondebüt im Jahr 2007 gegeben und bin in diesem Jahr deutschen Rekord über die Marathondistanz gelaufen.“
Den Heimvorteil nutzen
Die WM-Strecke für den Marathon hat sie sich aber trotz allem noch nicht angeschaut und wird dies auch nicht tun. „Ich weiß, dass die Strecke flach ist. Mehr interessiert mich nicht“, sagt Irina Mikitenko, die sich vor allem auf die vielen Zuschauer freut. „Wenn dich so viele Leute anfeuern, dann kannst du nur schneller werden.“ Dass am Tag X die Straßen in Berlin voll von Menschen sein werden, davon ist Irina Mikitenko überzeugt. „Ich habe nach meinem Sieg in diesem Jahr beim Berlin-Marathon so viele Briefe von Fans bekommen, die sich schon alle für die WM angekündigt haben.“
Neben dem Heimvorteil sieht Irina Mikitenko noch einen weiteren Punkt, der ihr in die Karten spielen könnte. „In Berlin kann mich mein Mann nicht auf dem Fahrrad begleiten und mich ständig bremsen. Da kann ich gleich Vollgas geben“, sagt Irina Mikitenko lachend, fügt aber beim Blick auf ihren Ehemann und Trainer Alexander hinzu: „Ich weiß ja, dass er es nur gut meint.“
Hartes Vorbereitungsprogramm wartet
Bis es aber um die WM-Medaillen geht, ist es noch ein weiter, beschwerlicher Weg für Deutschlands schnellste Marathon-Läuferin. In diesem Jahr steht noch der Trierer Silvesterlauf auf dem Plan. Dann gilt die volle Konzentration auf das Training für die beiden Marathonläufe in London und Berlin.
Eine harte und schwere Zeit für Irina Mikitenko. Fünf Stunden Training, eine Stunde Physiotherapie und viele Kilometer warten täglich auf die Athletin. „Die Marathon-Vorbereitung ist immer härter als der Marathon selbst“, sagt die 49 Kilogramm leichte Läuferin. Im Januar geht es für zwei Wochen ins Trainingslager nach Spanien. Es folgen zwei Höhentrainingslager im Frühjahr und Sommer. Soweit der Plan.
Mehr Kilometer, mehr Kraftraining, mehr Erfolg?
An der Trainingsmethodik soll im Vergleich zu diesem Jahr nicht viel geändert, der Kilometerumfang nur leicht angehoben und das Krafttraining intensiviert werden. „Mit 190 Wochenkilometern habe ich im Vergleich zu den erfahrenen Marathonläuferinnen noch Luft nach oben. Das soll jetzt Schritt für Schritt bis zu den Olympischen Spielen 2012 geändert werden“, sagt Irina Mikitenko. Trotz ihrer 36 Jahre denkt Irina Mikitenko noch lange nicht an ein Karrierende: „Ich habe mit 400 Metern angefangen und mich dann bis zum Marathon vorgearbeitet. Auf den 42,195 Kilometern fühle ich mich zu Hause und ich spüre, dass ich noch lange nicht an meine Grenzen gestoßen bin.“
In Anbetracht der Zeit von 2:19:19 Stunden, die Irina Mikitenko am 28. September beim Berlin-Marathon gelaufen ist, kann man das als eine klare Kampfansage an die Konkurrenz um die Weltrekordhalterin Paula Radcliffe (Großbritannien) deuten. Gerade für die Heim-WM in Berlin!