Zaituc: "Laufen wie ein Wasser, das ruhig fließt"
Luminita Zaituc läuft morgen den ersten Marathon nach langer Verletzungspause. Wenige Tage vor dem Start beim Eurocity Marathon Messe Frankfurt gab sie folgendes Interview.

Luminita Zaituc
Frau Zaituc, wir haben in Bezug auf Marathon seit Ihrer überraschenden Verletzung in Hamburg nichts mehr von Ihnen gehört. Wie geht es Ihnen?Luminita Zaituc:
"Mir geht es wieder gut, aber der Sommer war nicht einfach für mich. Da tat es mal hier weh und mal da. Alles nicht so einfach."
Lassen Sie die letzten Monate nach dem 26. April 2003 in Hamburg einmal für uns Revue passieren.
Luminita Zaituc:
"Nach dem Olympus Marathon Hamburg ging es zunächst einmal von Arzt zu Arzt. Viele Medikamente, Physiotherapie, Computertomografie, Kernspintomografie, das komplette Programm. Diese Zeit habe ich als sehr lang empfunden. Erst Anfang Juli konnte ich das erste Mal wieder beginnen, locker zu laufen. Dann hatte ich zwischendurch auch noch eine Bronchitis, die mich ebenfalls ganz schön zurückgeworfen hat, denn ich wollte zu dem Zeitpunkt mit dem Training beginnen, konnte aber kaum atmen. Vielleicht hat sich mein Körper auch einfach die Pause geholt, weil er so schwach war."
Wie war es für Sie, als Sie wieder beginnen konnten, regelmäßig zu
trainieren?
Luminita Zaituc:
"Ich musste vor allen Dingen sehr viel Geduld mitbringen, denn es ging nicht von einem Tag auf den anderen. Oft war ich enttäuscht, weil es nicht so vorwärts ging, wie ich mir das vorstellte. Irgendwann habe ich mir dann gesagt: Ich muss andere Strecken laufen, Strecken die ich nicht kenne und wo ich eben nicht weiß, wie lange ich früher für eine bestimmte Trainingsdistanz gebraucht hatte. Ich wollte mich einfach nicht enttäuschen, dass ich für gewohnte Strecken nun viel länger brauchte. So bin ich dann im Sommer in meine Heimat Rumänien gefahren. Dort konnte ich alles vergessen, bin einfach nur gelaufen, ohne Zeiten, nur nach Gefühl. Ich habe dann gemerkt, dass es von Tag zu Tag besser wurde."
Oft nutzen Sportler die Zeit einer Verletzung, um sich Gedanken über andere Dinge als Training oder über das Leben an sich zu machen. Sie auch?
Luminita Zaituc:
"Nicht wirklich, es war für mich nur unerklärbar, dass es nicht geht, dass ich nicht so laufen konnte, wie ich wollte. Deswegen war für mich die Zeit in Rumänien bei der Familie so wichtig. Sie haben mich nicht jeden Tag nach Laufen gefragt, so dass ich sehr gut abschalten konnte."
Gab es auch mentale Tiefpunkte?
Luminita Zaituc:
"In meinem Kopf war alles okay, nur der Körper war doch recht schwach. Natürlich war ich aber auch einige Male traurig, wenn ich daran gedacht habe, wie lange ich mich vorbereitet hatte, wie viel hundert Kilometer ich gelaufen war. Und dann sind da diese zweieinhalb Stunden von Hamburg, die mich aufhalten. Im Nachhinein muss ich sagen, dass es absolut richtig war, in Hamburg bereits früh aus dem Rennen zu gehen. Aber eigentlich möchte ich darüber gar nicht mehr nachdenken, denn es macht mich nur traurig."
Sie haben einmal das Laufen mit einem Schwebezustand verglichen. Wie lange hat es gedauert, bis Sie dieses Gefühl wieder empfunden haben?
Luminita Zaituc:
"Das hat sehr lange gedauert. Erst im August fing das Gefühl bei mir wieder an. Das war dann der Moment, wo ich endlich wieder den für mich so wichtigen Spaß am Laufen wiedergefunden habe. Das zu fühlen, war Freude pur für mich."
War das der schönste Momente der vergangenen Monate?
Luminita Zaituc:
"Ja. Bei den Deutschen Meisterschaften (Zaituc gewann den Titel über 10 km auf der Straße, Anm. d. Red.) hatte ich auch wieder dieses tolle Gefühl. Ich bin so schön gelaufen, wie ein Wasser, das ruhig fließt. Das war wunderbar für meine Seele."
Wie kräftig haben die Organisatoren des New York Marathon bei Ihnen angeklopft, um die zu einem Start bei bedeutendsten City Marathon der Welt zu verpflichten?
Luminita Zaituc:
"Ich war ja nun mitten in der Vorbereitung auf einen Marathon, so dass normal ist, dass auch andere versuchen, dich für einen Start zu bekommen. Natürlich habe ich einige Male überlegt, ob ich dort starten soll oder nicht. Ich habe mich nach diesem Verletzungsjahr dann aber für Frankfurt entschieden."
War dies auch eine Entscheidung des Herzens, immerhin haben Sie hier immer sehr erfolgreich abgeschnitten?
Luminita Zaituc:
(Lacht) "Ja, in Frankfurt bin ich für alle die Lumi'. Hier habe ich einmal gewonnen und war im letzten Jahr Zweite. Mit Frankfurt verbinde ich Erfolg, denn ich bin auch andere Straßenläufe in Frankfurt immer erfolgreich gelaufen. In New York sind auf der Strecke sehr viele Brücken, es geht hoch-runter und ich bin mir nicht sicher, ob das so gut für meinen Rücken ist."
Letztes Jahr hätte der Marathon in Frankfurt auch heißen können: Vom Winde verweht'. Manche sprachen von fast widrigen Verhältnissen. Beeinflussen Sie schlechte Witterungsverhältnisse?
Luminita Zaituc:
"Ach, das Wetter kann man eh nicht beeinflussen, das muss man so nehmen wie es ist. Es ist Spätherbst, da kann man sowieso nicht so viel erwarten. Wünschen würde ich mir einfach etwas weniger Wind als im vergangenen Jahr."
Können Sie den Tausenden von Freizeitläufern einen Tipp geben, was man tun muss, wenn das Wetter den Kampf gegen den Körper zusätzlich erschwert?
Luminita Zaituc:
"Entscheidend ist, so einen Marathon vernünftig anzugehen und sich entsprechend gut vorzubereiten. Es bringt nichts, irgendwelchen Zeiten hinterher zu jagen. Die gewünschten Zeiten kommen schon, wenn man genügend Geduld mitbringt."
Und während des Laufs?
Luminita Zaituc:
"Man sollte das Ziel nicht aus den Augen verlieren und um das zu erreichen, muss man es dann gegebenenfalls ruhig angehen können. Also Gas wegnehmen und rollen, denn das Ziel für einen Freizeitläufer sollte es immer sein, mit Spaß anzukommen. Weh tut es zum Schluss immer, egal, ob man gut vorbereitet ist oder nicht."
Was ist für Sie das Besondere am Marathon im Frankfurt?
Luminita Zaituc:
"Dort habe ich schon einmal gewonnen, so dass es ein tolles Gefühl ist, dort wieder an den Start zu gehen."
Dieses Jahr wird der Zieleinlauf erstmals in der Halle sein. Wie finden Sie das?
Luminita Zaituc:
"Die Stimmung für die Zuschauer wird sicher besser sein, das ist gut. Aber ansonsten ist mir das eigentlich egal, ob drinnen oder draußen."
Beschreiben Sie uns einmal einen idealen Rennverlauf für Sonntag?
Luminita Zaituc:
"Ein idealer Verlauf wäre, so zu laufen, wie ich trainiert habe. Das wäre schön."
Und das bedeutet?
Luminita Zaituc:
"Ich habe sehr gut trainiert. Lassen Sie sich überraschen."
Wie sehen die nächsten Etappen auf dem Weg nach Athen aus?
Luminita Zaituc:
"Nach Frankfurt werde ich zunächst zwei bis drei Wochen Pause machen. Es war sicherlich ein Fehler, dass ich das im vergangenen Jahr nicht gemacht habe, denn der Körper braucht diese Pause, um wieder richtig angreifen zu können. Danach geht es für vier Wochen nach Rumänien, wo ich dann in der letzten Woche mit dem Training beginnen werde."
Was ist Ihr Traum für das olympische Jahr?
Luminita Zaituc:
"Ein gesundes Jahr zu haben, denn dann kommt auch der Erfolg. Mein Ziel ist es schon, dann auch weiter vorne mitzulaufen."
Sie sind eine Läuferin, die bei ihren Starts konstant unter 2:30 Stunden läuft. Trotzdem ist das Leistungsniveau in den vergangenen Jahren unglaublich gestiegen. Können Sie da Schritt halten?
Luminita Zaituc:
"Ich glaube, dass ich da mithalten kann. Es gibt zwar einige, die bereits unter 2:25 Stunden gelaufen sind, aber nicht sehr häufig und bei großen Meisterschaften sowieso nicht. Daher mache ich mir über die Zeit eigentlich weniger Gedanken. Bei den Olympischen Spielen wird es ein anderes Rennen sein, bei dem die Zeit nicht die entscheidende Rolle spielen wird. Man hat das auch bei der WM in Paris gesehen."
Hatten Sie in Ihrer Karriere bereits den "perfekten Marathonlauf"?
Luminita Zaituc:
"Perfekt war für mich Frankfurt vor zwei Jahren. Das war voller Spaß und ich hatte das Gefühl, als würde ich rollen. Natürlich tun einem auch in so einem Rennen irgendwann die Beine weh, aber es war nie so, dass ich irgendwann nicht hätte weiterlaufen können.
Ihre Bestzeit liegt bei 2:26:01 Stunden. Welche Zeit trauen Sie sich in Ihrer Karriere noch zu?
Luminita Zaituc:
"Eine spezielle Zeit habe ich da nicht vor Augen, aber ich glaube, dass ich noch viel besser laufen kann, als ich es bislang getan habe."
Vielen Dank für das Gespräch und viel Erfolg für das Rennen am Sonntag.