ISTAF-Bilanz - Der heimliche Weltrekordversuch
Gerhard Janetzky war es einerlei, dass der in New York (USA) gelaufene 100-Meter-Weltrekord des Jamaikaners Usain Bolt seiner Veranstaltung am vergangenen Wochenende schon ein wenig die Schlagzeilen streitig machte. Der Chef des Berliner DKB-ISTAF hinterließ trotzdem in seiner Bilanz einen zufriedenen Eindruck und verriet, dass man auf der blauen Bahn des Berliner Olympiastadions einen heimlichen Weltrekordversuch unternommen hatte.
Dabei war Shootingstar Pamela Jelimo am Abend vor dem Auftaktmeeting der Golden League-Serie noch gar nicht in den als endgültig verkündeten Starterlisten über 800 Meter aufgetaucht. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. „Es war ein verbandspolitisches Thema, sie überhaupt zu bekommen. Wir waren happy, dass sie kurzfristig zur Verfügung stand“, erklärte Gerhard Janetzky. „Mit Glück hätten wir auch einen Weltrekord sehen können, wenn sie noch länger der Pacemakerin gefolgt wäre.“Er hält auf die Kenianerin, die erst im Dezember 19 Jahre alt wird, große Stücke: „Sie wird vielleicht einer der Stars, sie hat hier drei Rekorde gebrochen.“ Die von ihr in fast schon beängstigender Manier herausgelaufenen 1:54,99 Minuten waren die beste Zeit seit 19 Jahren, entsprechend Afrika-, Meeting- und Junioren-Weltrekord. „Das ist eine absolute Bestzeit.“
Nationale und internationale Top-Leistungen
Diese entschädigte Gerhard Janetzky merklich dafür, dass keiner der weltbesten Sprinter, allen anderen voran Usain Bolt, am Sonntag den Weg nach Deutschland gefunden hatte, und er lobte auch einige weitere Leistungen bei seiner Veranstaltung, fünf deutsche Athleten explizit mit eingeschlossen.
„Die Kombination der deutschen Leistungen mit internationaler Weltklasse hat gut funktioniert. Das ist das Interessanteste am DKB-ISTAF in diesem Jahr. Es war unter sportlichen Gesichtspunkten das beste ISTAF der letzten Jahre.“ Damit konnte man bei einem Etat von 2,6 Millionen Euro auch den Umstieg von der End- zur Auftaktstation der Golden League gut bewältigen.
Deutsche sollen sich auch in Zukunft präsentieren
Bereits für das nächste Jahr zeichnet sich ab, dass das DKB-ISTAF praktisch als Berliner WM-Generalprobe auch wieder den deutschen Athleten eine große Bühne bieten wird. „Die Mischung war gut, wir werden dann sicher wieder genauso viele Deutsche einladen.“
Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass die von Gerhard Janetzky immer wieder ins Gespräch gebrachte Straffung des Events kaum zur Diskussion stehen kann. „Wenn ich nur zwei Stunden Programm mache, dann habe ich nur noch zwei oder drei Deutsche dabei.“
Zuschauer trotzten der Hitze
Die 67.164 Zuschauer fanden es diesmal auch so wie es ist augenscheinlich ziemlich unterhaltsam, waren oft gut und stimmungsvoll am Geschehen beteiligt. Auch wenn sie das hochsommerliche Wetter zwischendurch in den vom Titelsponsor bereitgestellten riesigen 2.000-Plätze-Biergarten trieb, standen sie den deutschen Hoffnungen wie Diskuswerfer Robert Harting (SCC Berlin) und Hochspringerin Ariane Friedrich (LG Eintracht Frankfurt) unüberhörbar zur Seite. Der Berliner Mittelstreckler Carsten Schlangen durfte sich sogar auf einer Ehrenrunde feiern lassen.
Sorge, dass das Golden-League-Konzept mit dem Millionenjackpot nach dem frühen Scheitern heißer Anwärter nicht mehr aufgehen könnte, hegt Gerhard Janetzky keine. „Ich wette, dass zum Schluss in Brüssel noch ein Gold- und zwei oder drei Silberkandidaten dabei sein werden.“ Gemeint sind damit der große und der kleine Jackpot, der je nach Konstellation und Vorhandensein von entsprechend erfolgreichen Athleten mit fünf oder sechs Siegen aufgeteilt wird. „Ich glaube, der Jackpot funktioniert weiter gut.“
„Die Zahlen sprechen für Berlin“
Beim Pressefrühstück, das traditionell das DKB-ISTAF am Tag nach dem Meeting abschließt, konnte der geschäftsführende Gesellschafter dann noch einige Zahlen präsentieren, die die Qualität der Großveranstaltung unterstreichen sollten. 118 persönliche Saison- und fünf Weltjahres-Bestleistungen wurden in den insgesamt 18 Wettbewerben aufgestellt – nicht unbedingt verwunderlich, wenn man den frühen Zeitpunkt der Saison in Betracht zieht.
Schon beeindruckender die Anzahl der persönlichen Bestleistungen. Von den insgesamt 217 Startern (137 männliche, 80 weibliche) konnten 30 Athleten ihre bisherige Bestmarke verbessern. „So etwas spricht sich auch unter den Sportlern herum. Wenn sie sich bei einer Veranstaltung wohl fühlen und offensichtlich die Bedingungen für hervorragende Leistungen gegeben sind, kommen sie im nächsten Jahr wieder.“
Auch im Vergleich mit Oslo, der norwegischen Stadt, in der im Vorjahr das erste Golden League-Meeting stattfand, müsse sich die deutsche Hauptstadt nicht verstecken. Dort waren weniger Länder vertreten, weniger Saison-Bestmarken wurden vermerkt.
Planung ab 2010 unsicher
Ob es in der Golden League-Serie möglicherweise ab 2010 mit oder ohne Berlin als Standort - das gilt derzeit bis zu einer endgültigen Entscheidung als ungeklärt - zu einem neuen Konzept kommt, ließ Gerhard Janetzky noch völlig offen. „Ich weiß nicht, wie ein solches aussehen könnte. Ein Konzept wird diskutiert. Ich gehe davon aus, dass wir ab dem vierten Quartal mit dem Weltverbandspräsidenten Lamine Diack zusammensitzen.“
Die Verträge mit den Hauptsponsoren sind bis einschließlich 2009 gesichert, was dann kommt, ist unklar. Für eine Fortsetzung des ISTAF ist auch von entscheidender Bedeutung, ob das Fernsehen weiter von der Veranstaltung berichten wird. Zweistellige Quoten sind erwünscht, doch in diesem Jahr wird wie auch schon im Vorjahr nur ein einstelliger Wert vermeldet: 8,8 Prozent Marktanteil gibt die ARD bekannt. Ein Wert, der den Weltklasse-Leistungen der Athleten eher nicht gerecht wird.