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Ivona Dadic – Österreichs Siebenkampf-Pionierin startet durch

2012 war sie Österreichs erste Teilnehmerin im Siebenkampf bei Olympischen Spielen. Mittlerweile ist Ivona Dadic nach Höhen und Tiefen in der europäischen Spitze angekommen. Im Alter von 23 Jahren könnte sie jetzt so richtig durchstarten – und dabei ein junges Trio der Alpennation anführen, das für den Mehrkampf-Aufschwung im Nachbarland steht.
Silke Bernhart

Es war im Jahr 2012, als die österreichische Siebenkämpferin Ivona Dadic auf einmal ins Rampenlicht rückte. Ins kleine zwar damals nur, vor allem beachtet von ihren Landesleuten – aber es war ein Vorgeschmack auf das, was kommen sollte. Mit 5.959 Punkten überbot die damals 18-Jährige beim heimischen Mehrkampf-Meeting in Götzis überraschend die Norm für die Olympischen Spiele in London (Großbritannien). Und sie reiste als Medaillenkandidatin zu den U20-Weltmeisterschaften nach Barcelona (Spanien).

Fast fünf Jahre liegt dieser Wettkampf von Götzis zurück. Und mittlerweile ist die heute 23-Jährige auf der großen internationalen Bühne angekommen. Mit Bronze bei den Europameisterschaften 2016 in Amsterdam (Niederlande) und Silber bei den Hallen-Europameisterschaften 2017 in Belgrad (Serbien). Die Fakten lesen sich wie ein gradliniger Aufstieg bis in die europäische Spitze. Aber die Route verlief über Umwege. Und ist ein Beispiel dafür, dass junge Athleten manchmal einen Schritt zurück machen müssen, bevor es zwei Schritte nach vorne geht.

Gastspiel in der Gruppe von Jessica Ennis-Hill

Bei der U20-WM in Barcelona, die im Übrigen im Siebenkampf ohne deutsche Beteiligung stattfand, brach Ivona Dadic den Wettbewerb nach Tag eins ab. So konnte sie nur zusehen, wie sich die Kubanerin Yorgelis Rodriguez (5.966 Pkt) mit einer Punktzahl nahe ihrer eigenen Bestmarke Gold holte. Bei den Olympischen Spielen schlug sich die Österreicherin mit 5.935 Punkten auf Rang 25 achtbar. Sie war die erste Athletin überhaupt, die ihr Land in einem Olympia-Siebenkampf vertrat.

Hungrig nach dem großen Durchbruch ließ sie sich auf ein Wagnis ein: den Wechsel in die Trainingsgruppe von Siebenkampf-Olympiasiegerin Jessica Ennis-Hill und ihrem Coach Toni Minichiello in Sheffield (Großbritannien). Doch dann zog sie sich zwei Meniskus-Verletzungen zu, Operationen wurden unumgänglich. Das Jahr 2013 wurde eines zum Vergessen, im Jahr 2014 konnte sie keinen einzigen Wettkampf bestreiten.

„Der Trainer war sehr auf Jessica fixiert“, erinnert sie sich rund vier Jahre später im Gespräch mit dem österreichischen Portal <link http: www.laola1.at de red sport-mix olympia-2016 ivona-dadic--von-olympia-ins-nirgendwo-und-zurueck _blank link zum artikel auf>laola1.at. Was während der ersten Schwangerschaft der mittlerweile zurückgetretenen Britin für die anderen Athleten in der Gruppe scheinbar besonders deutlich wurde. „Für Jessica gibt es keinen besseren Trainer als ihn, nur für mich hat das Team rundherum einfach nicht gepasst“, erklärt Ivona Dadic.

Rückkehr in die Heimat bringt neuen Schwung

Es war keine leichte Zeit für die junge Siebenkämpferin und eine Phase, in der sich für viele Talente in einer ähnlichen Situation die Frage stellt: Mache ich weiter, oder schmeiße ich hin? Die Österreicherin, Tochter zweier Kroaten aus Bosnien, die mit ihren Eltern Kroatisch spricht, entschied sich für die erste Variante. Ende 2014 kehrte sie aus Großbritannien zurück in die Heimat.

Am Sportzentrum in St. Pölten wird die ehrgeizige Mehrkämpferin seitdem von einem Trainer-Gespann unter der Leitung von ÖLV-Cheftrainer Philipp Unfried betreut. Auch Wolfgang Adler, der sie als Jugendliche an die 6.000 Punkte herangeführt hatte, ist wieder mit im Team, dazu Österreichs Wurf-Nationaltrainer Gregor Högler.

Drei europäische Medaillen in zwei Jahren

Die weiteren Stationen ihrer Karriere zeigten dann fast alle wieder in eine Richtung: steil bergauf. Aufgrund einer Bänderverletzung am Fuß spät in die Saison eingestiegen, knüpfte Ivona Dadic 2015 bei der U23-EM in Tampere (Finnland) wieder an alte Stärke an und übertraf als erste Österreicherin die 6.000-Punkte-Marke: 6.033 Punkte bedeuteten Bronze.

Bei der Rückkehr nach Götzis im Sommer 2016 – genau vier Jahre nach ihrer ersten Olympia-Qualifikation – ließ sie mit 6.196 Punkten aufhorchen. Es war der nächste Landesrekord für die Oberösterreicherin, die im Dezember 1993 in Wels geboren wurde und mittlerweile bei St. Pölten in Niederösterreich lebt. Ihren bisher besten Siebenkampf ließ Ivona Dadic im Juli folgen: EM-Bronze mit 6.408 Punkten.

Bei den Olympischen Spielen von Rio fehlte dann die Kraft für eine Fortsetzung der Erfolgsserie. Mit 6.155 Punkten und Platz 21 war die Siebenkämpferin daher „überhaupt nicht zufrieden“. „Ich bin müde, mir tut der ganze Körper weh wie noch nie bei einem Siebenkampf. Ich habe Schmerzen, es ist echt grauslich“, sagte sie gegenüber dem österreichischen „<link https: kurier.at sport olympia-2016 olympia-ivona-dadic-beendet-den-siebenkampf-als-21 _blank link zum artikel im>Kurier“. Doch das Tief sollte nur von kurzer Dauer sein. Schon bei der Hallen-EM in Belgrad schlug sie jetzt im März wieder zu: Landesrekord im Fünfkampf mit 4.767 Punkten und Silber.

Alle Türen stehen offen

Ivona Dadic scheint ihre Mitte wiedergefunden zu haben. Das richtige Team und den richtigen Weg. Die Rückschläge hätten ihr gut getan, bilanziert sie rückblickend. „Als Junger lässt du manche Dinge schnell etwas schleifen. Je älter du wirst, desto mehr achtest du auf die kleineren Details“, sagt sie und klingt dabei weniger wie eine 23-Jährige als vielmehr wie eine Athletin, die auf eine lange Karriere zurückblicken kann.

Dabei könnten die besten Zeiten noch vor ihr liegen. Denn in der Hallensaison hat die Österreicherin noch einmal einen Schritt nach vorne gemacht – insbesondere im Hochsprung mit einer Steigerung auf 1,87 Meter, stabileren Kugelstoß-Serien Richtung 14 Meter und einer Hallen-Bestleistung im Weitsprung von 6,41 Metern. Im Hürdensprint hat sie zudem ihren Anlauf auf die erste Hürde von acht auf sieben Schritte umgestellt.

Österreichs Siebenkämpferinnen auf dem Vormarsch

Angespornt wird Ivona Dadic auch von starker nationaler Konkurrenz. In der Hallensaison war ihr die noch ein Jahr jüngere Verena Preiner auf den Fersen. Mit 4.486 Punkten hatte diese sich kurzzeitig den Hallen-Landesrekord im Fünfkampf geschnappt, eine Marke, die in Deutschland – wo allerdings viele Topathletinnen die Hallensaison auslassen – seit 2010 nur Claudia Rath (LG Eintracht Frankfurt; 4.688 Pkt aus 2016) überbieten konnte. In Belgrad wurde Verena Preiner Sechste der Hallen-EM.

Dahinter lauert schon die U20-Weltmeisterin. Sarah Lagger überbot 2016 bei der U20-WM in Bydgoszcz (Polen) im Alter von erst 17 Jahren mit 5.960 Punkten den U20-Landesrekord von Ivona Dadic. Und das nur eine Woche nach der U18-EM in Tiflis (Georgien), bei der sie mit 6.175 Punkten lediglich U18-Weltrekordlerin Alina Shukh (Ukraine; 6.186 Pkt) den Vortritt lassen musste.

Gut möglich also, dass sich bei den Olympischen Spielen 2020 in Tokio (Japan) weitere Österreicherinnen zu „Pionierin“ Ivona Dadic dazugesellen werden. Und dass man die Siebenkämpferinnen aus dem Nachbarland dann nicht mehr auf den Rängen jenseits der 20 suchen muss. Die „jungen Wilden“ aus der Mehrkampf-begeisterten Alpennation sind schon jetzt ein Gewinn für die Szene – und werden Ende Mai bei ihrem Heimspiel in Götzis (28./29. Mai) sicher nicht nur für beste Stimmung, sondern auch für Top-Resultate sorgen.

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