Jan Felix Knobel - „Leichtigkeit ist zurück“
Jan Felix Knobel startet nach der sportlichen Enttäuschung bei den Olympischen Spielen in London (Großbritannien), wo er den Zehnkampf nicht beenden konnte, wieder neu durch und ist vor allem wieder mit mehr Spaß und Leichtigkeit bei der Sache. Im Interview erläutert der Frankfurter nach einem vielversprechenden Start in diesen Winter sein zurückliegendes Olympiajahr und wirft den Blick auch schon zu den nächsten Spielen in Rio (Brasilien) 2016 voraus.
Jan Felix Knobel, zunächst Glückwunsch zu Ihren Leistungen bei den Hessischen Hallen-Meisterschaften am Wochenende. Wie bewerten Sie diese selbst?Jan Felix Knobel:
Ich bin recht zufrieden. Als Mehrkämpfer ist die Hallensaison immer ein bisschen schwierig. Wir haben uns das Ziel gesetzt, die Wettkämpfe in der Halle aus dem Training heraus mitzunehmen, was wir in den letzten Jahren nicht so gemacht haben. Die Leistungen vom Wochenende sind deshalb recht hoch einzuschätzen. Vor allem aber kann ich jetzt Wettkampfroutine sammeln für den Sommer und die Wettkampfpause ist nicht so riesig.
Sie führen die Meldeliste für die Mehrkampf-Hallen-DM in zwei Wochen in Frankfurt-Kalbach an. Welchen Stellenwert hat dieser Titel für Sie?
Jan Felix Knobel:
Ich kucke nicht so sehr auf den Titel. Die Vorbereitung ist nicht voll auf die Meisterschaften ausgerichtet. In der Halle fallen auch starke Disziplinen von mir weg und man hat die kurzen Strecken, die mir nicht so zugute kommen, dabei. Ich versuche es für mich als Test unter Wettkampfbedingungen zu sehen. Für mich ist aber interessant, dass die Mehrkampf-Meisterschaften zurück in Frankfurt sind. Ich freue mich einfach darauf, in meiner Heimhalle an den Start zu gehen. Dort können auch Freunde und Familie leichter dabei sein. Der Titel wäre natürlich klasse, aber eine Medaille ist das Ziel, das ich für mich angepeilt habe.
Die Hallen-EM in Göteborg ist entsprechend kein Thema?
Jan Felix Knobel:
Nein, es schneidet sich mit dem Trainingslager in Südafrika. Da ist zu wichtig als dass man noch einmal ein, zwei Wochen verschwenden kann für die Hallen-EM. Der Fokus liegt auf der Freiluftsaison, die für mich im letzten Jahr auch nicht ganz rosig war.
Wie fällt Ihre Bilanz für das vergangene Olympiajahr denn aus?
Jan Felix Knobel:
Es gab Lichtblicke, aber auch Schattenseiten. Ratingen war klasse, dort habe ich mit der Qualifikation für die Olympischen Spiele mein Niveau bestätigt, aber es war insgesamt eine sehr schwierige Saison. Ich musste nach London erst wieder den Spaß am Sport entdecken. Seit 2011 war es bei mir ein ununterbrochener Run auf die Tickets zu den großen Meisterschaften. Man konnte selbst nicht zur Ruhe kommen. Nach dem achten Platz bei der WM in Daegu hatte ich als junger Mensch schon Olympia vor Augen. Da ging es voll ran. Dann war es aber eine schwierige Saison mit Verletzungsproblemen. Die Konstellation mit meinem Trainer war nicht leicht. Wir mussten immer um unsere Position kämpfen. Meinem Stabtrainer wurde vom Landesverband gekündigt. Damit war ich konfrontiert. Ich hatte mich mit zu vielen negativen Dingen belastet. Ich bin jemand, der sich sehr viele Dinge zu Herzen nimmt und dadurch manchmal den Blick auf das Wesentliche, den Sport, verliert.
Wann haben Sie den Spaß wiedergefunden?
Jan Felix Knobel:
Wir haben jetzt im Trainingslager auf Teneriffa einen Schlusstrich gezogen und gesagt: Wir fangen neu an. Die Trainingsgruppe hat dort sehr gut harmoniert. Ich habe auch mit Simon Hechler einen neuen Trainingspartner. Für mich ist es nicht leicht, bei den Intensitäten alleine zu trainieren. Simon, der auch ein guter Freund von mir ist, und ich können uns gegenseitig motivieren. Jetzt macht es mit der gestärkten Trainingsgruppe viel mehr Spaß. Ich bin ein Teamplayer. Wenn die Gruppe nicht funktioniert, funktioniert es bei mir auch nicht. Die Leichtigkeit ist jetzt aber zurückgekehrt. Man geht jetzt ins Training und sieht das nicht nur als reinen Trainingsplan, bei dem man ackert, sondern man hat wieder die Freude am Sport entdeckt.
Würden Sie sagen, dass die Probleme jetzt soweit ausgeräumt sind und Sie den Kopf frei haben?
Jan Felix Knobel:
Die Dinge, die nicht geklärt sind, habe ich einfach weggeschoben. Man muss sehen, dass man nicht zuviel Zeit mit Problemen verschwendet. Ich blicke nach vorne und jetzt schon nach Rio. Das war und ist mein eigentlich großes erklärtes Ziel. Ich bin dabei, mein Team so aufzustellen, dass das funktioniert. Es harmoniert im Moment sehr gut und ich bin absolut zufrieden, wie es angelaufen ist.
Was konnten Sie trotz der Enttäuschung von den Olympischen Spielen in London mitnehmen?
Jan Felix Knobel:
Mein Ziel war es als kleiner Junge immer an Olympischen Spielen teilzunehmen. Ich wollte dort auch immer mein Bestes zeigen. Ich musste aber schon während des Wettkampfs erkennen, dass der Weg vorher zu den Spielen zu steinig war und zuviel Kraft gekostet hat. Ich war einfach nicht gut aufgestellt. Es war schwierig das zu verarbeiten. Ich bin aber daraus gestärkt hervorgegangen. Das glaube ich zumindest von der heutigen Warte aus. Das ganze Erlebnis Olympia war sensationell und beeindruckend. Die Atmosphäre im Stadion, den Ablauf, die Maschinerie mitzubekommen, das stärkt mich auch für die nächsten vier Jahre. Es gibt mir Gewissheit. Ich weiß, was auf mich zukommen kann. Im Prinzip war das ein Lernprozess, den ich sowieso gehen wollte.
Wie würden Sie den neuen Olympiazyklus, die nächsten vier Jahre, für sich skizzieren?
Jan Felix Knobel:
Für uns Mehrkämpfer zählen die Top-Ereignisse. Das ist dieses Jahr natürlich die WM in Moskau. Dann kommt eine EM in Zürich, die auch im europäischen Raum liegt. Für uns Mehrkämpfer sind das Wettkämpfe, die für die Medienpräsenz wichtig sind. Deshalb müssen sie optimal angegangen werden. Ich strebe immer danach mich zu verbessern. 2012 ist das nicht passiert, aber ich habe mich auf einem hohen Niveau gehalten. Auch Leute wie Trey Hardee oder Ashton Eaton haben gelernt. Auch sie mussten Rückschläge einstecken. Man kann sich mit zwei, drei Jahren Erfahrung deutlich steigern. Das sehe ich auch optimistisch.
Wenn Sie heute schon auf Rio 2016 blicken. Haben Sie ein bestimmtes Bild vor Augen?
Jan Felix Knobel:
Das ist eine Region in der Welt, in der ich noch nicht war. Das ist zum einen ein Reiz für mich. Zuckerhut, Copacabana. Das hat man noch nicht erlebt, das Flair will man fühlen. Sportlich habe ich zum anderen schon auch meine Vision. Mein Traum ist es natürlich, vielleicht irgendwann Olympisches Edelmetall in der Hand zu halten. Ich glaube, dieses Gefühl zu spüren, in Brasilien, in Rio im Olympiastadion zu stehen und zufrieden zu sein, dieses Gefühl stelle ich mir vor. Diese Vorstellung trägt man mit sich mit. Das gibt einem die Motivation sich verbessern zu wollen. Darauf arbeite ich hin.