Jan Fitschen - der Doppelstarter
Der Doppelstart steckte ihm noch in den Knochen. Jan Fitschen war müde. Hundemüde. „Mannomann“, stöhnte der deutsche Hallenmeister über 3000 Meter nach seinem Härtetest bei den Cross-Meisterschaften in Regensburg, „das haut rein.“
Jan Fitschen (Foto: Gantenberg)
Zwei Rennen innerhalb von 70 Minuten galt es zu verdauen. „Natürlich wollte ich die Mittelstrecke gewinnen“, erzählte Fitschen, der den Leipziger Jens Borrmann nicht halten konnte, „schade, dass es mit dem Titel nicht geklappt hat. Dennoch war es einen Versuch wert.“ Sechs Sekunden fehlten ihm zu seinem vierten Einzelsieg im unwegsamen Gelände. „In der Jugend war ich schon mal Erster, dann bei den Junioren und zuletzt bei den Männern“, erinnerte er sich an sein Triple, „dafür hat mir die Langstrecke in Regensburg riesig viel Spaß gemacht.“ Dort holte sich Fitschen, Zehnter im Endklassement, den Mannschaftssieg gemeinsam mit Alexander Lubina und Carsten Schütz, seinen beiden Mitstreitern vom TV Wattenscheid 01. „Na also“, meinte er hinterher froh gelaunt, „hat ja doch noch geklappt mit einem Titel.“ Sprach’s und spazierte müden Schrittes Richtung Umkleide.Wattenscheider Dauerduscher!?
Die Konkurrenten waren bereits auf und davon, da stand Jan Fitschen noch immer unter der Brause, als wolle er unbedingt ins Guiness-Buch der Rekorde: als Dauerduscher. Alexander Lubina und Carsten Schütz, die werten Kollegen aus Wattenscheid, leisteten ihm Gesellschaft. „Wir kommen heut‘ nicht aus dem Quark“, sagten sie unisono und lachten sich eins, „was soll’s! Wir haben schließlich auch das meiste Gepäck dabei. Deshalb sieht‘s so aus, als sei hier eine ganze Fußballmannschaft eingefallen.“
Wattenscheider Trio schwer beladen
Schwer beladen waren die drei in der Tat. Ihr plausibler Grund: „Am Montag fliegen wir ins Trainingslager“, entschuldigte Fitschen die Unordnung, „dann geht’s ab in die Sonne.“ Ihr Reiseziel: Ciclana, ein Ort im Süden Spaniens in der Nähe der Hafenstadt Cadiz, den ihnen Marathon-Bundestrainer Wolfgang Heinig empfohlen hat.
Aber bevor sie am Montag vom Flughafen München-Riem abheben, gönnte sjch das Wattenscheider Trio noch einen Abstecher zu Sebastian Hallmann, der mit Rückenproblemen seine Teilnahme absagen musste. „Seit einer Woche trainiert er wieder“, hatte Fitschen positive Nachrichten zu vermelden, „wir werden mal testen, was er so drauf hat.“ Außerdem, fügte er mit leisem Schmunzeln geschwind hinzu, hätten sie noch eine nettes Geschenk für ihn. „Wir haben bei der Siegerehrung tonnenweise Milch bekommen vom Sponsor dieser Veranstaltung.“ Und Milch, grinste Fitschen, macht müde Männer munter.
Die Wade „zugerappelt“
Der 24-jährige Physikstudent, der an der Ruhr-Universität Bochum ins zehnte Semester geht, war trotz der Doppel-Belastung richtig gut drauf. „Dafür, dass ich die Woche über kaum trainiert habe, lief es recht ordentlich.“ Wie bitte? Kaum trainiert? Tono Kirschbaum, sein Trainer, lüftete das Geheimnis: ‚Jan hat sich die Wade zugerappelt.“ Nach seinem 3000-Meter-Sieg bei den Deutschen Hallenmeisterschaften in Sindelfingen war er mit seiner Freundin Heike, einer Architekturstudentin aus Münster, nach Davos gefahren: Skilanglauf stand auf dem Programm. Danach ging es gleich weiter nach Leipzig zum Institut für Angewandte Trainingswissenschaften, wo die Wattenscheider zwei Mal jährlich auf Herz und Nieren durchgecheckt werden. „Auf dem Laufband habe ich mir eine dicke Wadenverhärtung eingefangen“, erklärte Fistchen, „beim ersten Test hatte ich noch gute Werte, den zweiten konnte ich gar nicht mehr mitmachen.“ Massagen und Bandagen ersetzten das Training in den Tagen vor Regensburg.
Vorfreude auf das Trainingslager in Spanien
Im warmen Klima Spaniens, schaute er optimistisch voraus, werde die Verletzung rasch ausheilen. „Auf dieses Trainingslager freue ich mich schon.“ Mit seinen Vereinskameraden will Fitschen, 1999 Fünfter über 1500 Meter bei der U 23-WM in Göteborg, die Basis legen für eine erfolgreiche Freiluftsaison. „Mein Ziel ist die Europameisterschaft in München.“ Er setzt auf die 5000 Meter und muss eine Zeit von 13:25 Minuten laufen. „Die Norm ist knallhart“, sagte er und zog die Stirn in Falten, „das wird schwer.“ Seine persönliche Bestleistung steht bei 13:33,86 Minuten, aufgestellt im Juni in Mailand. Damit war er im vergangenen Jahr die Nr. 1 in Deutschland. „Dafür kann ich mir nichts kaufen, denn jetzt, wo Dieter Baumann wieder läuft, werden die Karten neu gemischt.“ In Baumanns Sog, hofft Fitschen, könnte ihm die „EM-Quali“ gelingen. „Na klar“, stimmte Tono Kirschbaum zu, „eine 13:20 traue ich Jan durchaus zu.“ Dann wäre ihm das EM-Ticket so gut wie sicher.