Jan Fitschen: „Was jetzt kommt, ist Zugabe“
Es war kein leichtes Jahr für Jan Fitschen. Nachdem der Wattenscheider sich schon den ganzen Sommer mit Alternativtraining fit gehalten hatte und die Schmerzen in der Achillessehne dennoch nicht besser geworden waren, blieb nun nur noch eine Operation. Im Telefoninterview erzählt der 36-Jährige von dem Eingriff, von kenianischer Gelassenheit und von leisen Träumen.
Jan Fitschen, im Hintergrund brummt es. Sagen Sie jetzt nicht, ich erwische Sie mit frisch operiertem Fuß beim Autofahren?Jan Fitschen:
Doch, ich habe aber einen Automatikwagen, da geht das. Und außerdem bin ich ja auf dem Weg zum Physiotherapeuten, da würde die Polizei sicher auch so ein Auge zudrücken.
Sie hören sich so fröhlich an. Tut der Fuß denn gar nicht weh? So lange liegt die OP nun ja noch nicht zurück.
Jan Fitschen:
Erstaunlicherweise ist es wirklich prima. Die OP war am 2. Oktober, das ist jetzt noch nicht so lange her. Dabei wurde ein Stück vom Knochen in der linken Ferse entfernt. Ich hatte vor dem Eingriff wirklich Bammel, das war ja meine erste Sport-OP. Aber dann ging alles ganz schnell. Ich darf ja jetzt noch nicht auftreten, daher kann ich noch nicht so viel sagen, aber bislang sieht das alles echt gut aus. Ich habe keine Schmerzen, der Fuß ist kaum geschwollen. Wenn ich da nicht ein Pflaster an der Ferse hätte, würde ich kaum glauben, dass da dran rumoperiert wurde.
Was sagt der Arzt, Dr. Jens Enneper?
Jan Fischen:
Der ist auch sehr zufrieden, auch als er die letzten Röntgenbilder gesehen hat. Aber er mahnt mich zur Vorsicht. Und ich weiß, ich darf jetzt auch nichts überstürzten. Am Montag kommen die Fäden raus und dann darf ich auch wieder Aquajogging machen. Das ist natürlich super.
Rumsitzen, das ist offenbar wirklich nicht Ihre Art. Wie lange dauert es, bis Sie den Fuß wieder belasten dürfen?
Jan Fitschen:
Das dauert schon noch. Drei Wochen muss ich noch voll an Krücken gehen, danach darf ich langsam etwas belasten, aber bis ich mit vollem Körpergewicht auf den Fuß darf, das dauert dann auch noch einmal drei Wochen. Aber ich bin schon froh, wenn ich alternativ trainieren darf. Das werde ich dann auch wieder zwei Mal am Tag tun, dazwischen Physio und Arztbesuche, das ganz normale Programm eben. Ich bin optimistisch, das läuft schon.
Von außen haben Sie auch die letzten Tage den Eindruck gemacht, als wüssten Sie Ihre Zeit ganz gut rumzubekommen. Schließlich waren Sie ziemlich aktiv auf Ihren diversen Plattformen im Internet. Selbst aus dem OP-Saal haben Sie noch ein Bild auf Facebook gepostet. Mal ehrlich, war das der Versuch, Ihre Nervosität zu bekämpfen, oder ist das inzwischen ein Marketing-Muss?
Jan Fitschen:
Das war witzig, aber ursprünglich gar nicht meine eigene Idee. Da ist mein Arzt drauf gekommen, ich war aufgrund der Teilnarkose schon etwas beduselt und fand alles um mich herum spannend und lustig. Aber es ist auf Facebook ja auch gut angekommen. Das gehört für mich auch inzwischen dazu und macht mir Spaß.
André Pollmächer hat nun bereits mehrfach angekündigt, dass er mit ihnen trainieren will, wenn Sie wieder gesund sind. Können Sie schon so weit denken?
Jan Fitschen:
Konkret jetzt natürlich noch nicht, aber ich kann mir gut vorstellen, dass ich vor meinem nächsten Marathon ein paar harte Einheiten mit ihm mache. Es ist meine Traumvorstellung, dass ich im Frühjahr einen Marathon laufen kann. Mein Arzt bremst mich da ein bisschen in meiner Euphorie, er meint, richtig voll belastbar sei ich erst wieder in einem halben Jahr. Aber ich weiß, dass ich mir auch über Alternativtraining immer eine gute Substanz aufbauen konnte. Im Frühjahr hat das bei der Halbmarathon-DM ja auch gut geklappt.
Das Marathon-Feuer brennt noch gewaltig in Ihnen…
Jan Fitschen:
Auf jeden Fall. Vor allem jetzt, wo es ja auch so aussieht, dass wir eine Marathon-Mannschaft nach Zürich zur EM bringen können. Da ist der Anreiz noch stärker. Da können wir als Team richtig gut aussehen und da wäre ich gerne dabei.
Wo nehmen Sie diesen Optimismus, diese Gelassenheit her?
Jan Fitschen:
Wenn ich ehrlich bin, so gelassen bin ich auch nicht immer. Es ist wechselnd. Manchmal bin ich auch ganz schön fertig, vor allem wenn ich Geschichten von Leuten höre, die nach so einer OP eben nicht mehr ran gekommen sind. Aber ich habe nachwievor so viel Spaß am Laufen und an meinem Leben als Läufer, da will ich noch nicht aufhören. Und diese Gelassenheit, die habe ich mir wohl von den Kenianern abgeschaut, da können wir echt was von ihnen lernen. Hakuna matata – es gibt keine Sorgen. Mir ist ganz klar, ich habe schon so viele tolle Sachen in diesem Sport erlebt, alles was jetzt kommt, ist Zugabe.
Neben dem Laufen geben Sie auch Motivationsseminare, sind auf Wasserflaschen und neuerdings auf Müslipackungen zu sehen, sind als radelnder Reporter bei der Fernseh-Übertragung des Berlin Marathons dabei. Ist das die Vorbereitung eines schleichenden Übergangs in das Leben nach der aktiven Karriere?
Jan Fitschen:
Ich teste gerade aus, was mir noch so Spaß macht. Und diese Dinge machen mir Freude. Und gerade in Zeiten, wo ich verletzt bin, bin ich um jede Ablenkung dankbar. Aber nach ist das alles dem Laufen untergeordnet. Aber ja, das sind sicher Möglichkeiten, die mir in der Zeit nach der Lauf-Karriere Spaß machen würden.