Jan Simon Hamann - "Herausforderung gesucht"
Der deutsche Titel im Marathon der Frauen ging am Sonntag in München erwartungsgemäß an Susanne Hahn (SV schlau.com Saar 05 Saarbrücken). Der Sieg des 26-jährigen Bochumer Debütanten Jan Simon Hamann ist dagegen eine echte Überraschung. leichtathletik.de-Mitarbeiter Wilfried Raatz hat sich mit dem neuen Deutschen Marathon-Meister unterhalten.
Jan Simon Hamann, herzlichen Glückwunsch zu Ihrem Überraschungscoup und dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft. Schildern Sie uns den Rennverlauf doch noch einmal aus Ihrer Sicht.Jan Simon Hamann:
Anfangs bin ich eigentlich nur mit den Arrivierten mitgeschwommen und war gespannt, wann es hart werden würde. Mein Vorstoß nach 20 Kilometern war dann doch etwas zu flott, sodass ich mir wenig später schon die Frage stellen musste: Wie kann das nur gut gehen? Als dann Sven Weyer weggelaufen war, hatte ich Angst, dass sich alle von hinten wieder an mich heransaugen würden. Nach 32 Kilometern habe ich allerdings gemerkt, dass Sven immer langsamer wurde, auch wenn ich selbst das Gefühl hatte, kein besonderes Tempo mehr laufen zu können. Die letzten vier, fünf Kilometer waren dann sehr, sehr hart. Im Ziel war ich natürlich völlig fertig, aber die anderen waren auch nicht schneller als ich.
Bislang waren Sie auf den Strecken zwischen 5.000 und 10.000 Metern anzutreffen. Ihr bisher längster Straßen-Wettbewerb war der Halbmarathon mit einer eher mäßigen Zeit von 1:09 Stunden. Wann ist der Entschluss gereift, ausgerechnet bei den Deutschen Marathon-Meisterschaften mitzulaufen?
Jan Simon Hamann:
Meine größten sportlichen Erfolge hatte ich allesamt in diesem Jahr, obwohl ich seit meinem zehnten Lebensjahr laufe. Aber intensiv trainiere ich erst seit zwei Jahren. Nachdem ich in Marburg [Deutsche 10.000-m-Meisterschaft] als Achter unter 30 Minuten geblieben war, ist es mir auch gelungen, die Quali für die DM über 5.000 Meter zu unterbieten. Platz 17 beim Heimspiel in Wattenscheid war dann aber doch sehr enttäuschend. Deshalb habe ich eine neue Herausforderung gesucht und mir gesagt: Warum nicht Marathon?
Wie haben Sie sich auf Ihr Marathondebüt vorbereitet?
Jan Simon Hamann:
Mit meinem Trainer Wolfgang Pötschnick habe ich einen Zwölf-Wochen-Plan durchgezogen und bin dabei oftmals über 200 Wochenkilometer gelaufen. Zuvor mochte ich eigentlich keine Dauerläufe, dann haben sie mir sogar richtig Spaß gemacht. Da Jan Fitschen auch in Bochum wohnt, konnte ich einige Male mit ihm laufen. Und vor ihrer Verletzung mit Eleni Gebrehiwot. Ich habe dabei vor allem mein Dauerlauf-Tempo gesteigert, sodass ich am Ende kaum Läufe mit einem Kilometerschnitt von über vier Minuten absolviert habe. Die Spitzen waren dabei auf das Wettkampf-Tempo ausgerichtet. Deshalb habe ich viel im Geschwindigkeitsbereich um 3:15 Minuten pro Kilometer trainiert.
Ist der Gewinn der Deutschen Meisterschaft für Sie nunmehr mit dem Startpunkt für eine Marathon-Karriere gleichzusetzen?
Jan Simon Hamann:
Natürlich möchte ich jetzt gerne wissen, wohin es vielleicht noch gehen kann. Im Rennen war ich weniger auf eine Zeit fixiert, ich wollte einfach nur gewinnen! Mittelfristig kann ich mir schon gut vorstellen, dass ich mich in der Spitze etablieren kann. Dazu ist aber ein Sprung in Richtung 2:15 Stunden nötig. Das wäre ein Traum! Dass das machbar ist, sieht man an Sören Kah, der sich kontinuierlich verbessert hat. Natürlich gibt es einige, die noch schneller laufen können als ich. Aber 2014 gibt es Europameisterschaften, das könnte doch etwas für mich sein!
Was bedeutet dieser Titel für Sie?
Jan Simon Hamann:
Zunächst einmal ist er super für den Verein! Mich hat es zusätzlich motiviert, dass ich keine Promi-Nummer hatte, obwohl ich in Nagold schon Fünfter über 10 Kilometer geworden war. Für mich ist dieser Titel wichtig, weil ich einige geschlagen habe, die nicht so schlecht sind. Aus diesem Grund war es auch keine ganz so schwache DM, auch wenn Jan Fitschen oder Stefan Koch nicht dabei waren. Die Zeit ist natürlich nichts Besonderes, aber immerhin ging es unter 2:20 Stunden.
Erzählen Sie uns etwas über Ihren läuferischen Background, denn selbst den Experten war bislang der Name Jan Simon Hamann kein Begriff!
Jan Simon Hamann: Ich bin früher für die LG Nordheide gelaufen, wie auch Sören Ludolph oder Jana Sussmann. Aber ich habe damals nicht wirklich viel gemacht. Mit einer 5.000-Meter-Bestzeit von 16:49 Minuten bin ich nach Bochum zum Studium gekommen und habe mich dann schrittweise gesteigert. Nach einem verletzungsfreien Jahr sind die guten Ergebnisse über 5.000 und 10.000 Meter gekommen.
Sie studieren in Bochum Philosophie und Theaterwissenschaften. Wenn sich nun ein sportlicher Erfolg abzeichnet, wäre es für Sie vorstellbar, unter professionellen Bedingungen weiter zu trainieren?
Jan Simon Hamann:
Ich habe diese Fächer studiert, weil sie mich interessieren. Was ich beruflich machen werde, ist noch völlig offen. Ich befinde mich da in einer Findungsphase. Zum Glück unterstützt mich mein Vater, der früher auch Langstrecken- und Marathonläufe bestritten hat. Klar, sportlich möchte ich nun schon wissen, wohin die Reise geht. Ein Start im Nationaltrikot wäre schon ein Traum für mich! Ich glaube, ich habe jetzt Blut geleckt!