Jana Sussmann - Mit Trainingsplan zum Erfolg
„Jana rennt“ könnte in Anlehnung an einen Spielfilm der Titel für die vergangene Saison von Jana Sussmann (LG Nordheide) lauten. Fünf persönliche Bestleistungen über alle Strecken von 400 bis 5.000 Meter, vier Top-Zwei-Platzierungen in der deutschen A-Jugend-Bestenliste sowie ein siebter Platz bei der Junioren-WM in Bydgoszcz (Polen) über 1.500 Meter stehen für sie derzeit zu Buche. Ihre Erklärung dafür: Die Trainingspläne des neuen Trainers.
Seit Oktober vergangenen Jahres wird Jana Sussmann von A-Lizenz-Inhaber André Prüsmann betreut, der die Trainingsgruppe von seinem Vater Gerd übernahm. „Ich habe das erste Mal streng nach Plan trainiert und konnte selbst nicht abschätzen, was das für eine Wirkung haben würde“, berichtet die Gymnasiastin. „Bei jedem wirkt so eine Umstellung ja auch anders.“Nicht die Anzahl der Laufeinheiten nahm zu, sondern die Intensität. Dreimal pro Woche standen Tempoeinheiten auf dem Programm, zweimal Regenerationsläufe. Dass sie und ihr Trainer damit alles richtig gemacht hatten, wurde gleich zu Anfang der Saison deutlich. Beim Pfingstsportfest im niedersächsischen Zeven unterbot die 17-Jährige ihre 800-Meter-Bestzeit im Freien um fast vier Sekunden – auf 2:07,45 Minuten. Über 1.500 Meter war sie in 4:22,11 Minuten ganze 14 Sekunden schneller als im Jahr zuvor.
Am liebsten Mittelstrecke
Trotz eines auf die Mittelstrecken orientierten Trainings purzelten auch über die längeren Distanzen die Bestmarken. Das erste Saisonrennen absolvierte das Lauftalent über die 5.000 Meter und steigerte sich hier um 55 Sekunden auf 16:55,49 Minuten. Mit der ein Jahr älteren Anna Hahner (PSV GW Kassel) war in diesem Jahr nur eine deutsche Jugendliche schneller. Über die 3.000-Meter-Distanz schob sich Jana Sussmann Ende August mit 9:34,7 Minuten an die Spitze der Jugend-Bestenliste.
Die Antwort auf die Frage, welche Strecke sie am liebsten läuft, fällt nicht ganz eindeutig aus: „Früher waren die 800 Meter meine Lieblingsstrecke. Die 1.500 Meter waren mir eigentlich immer zu lang. Aber je erfolgreicher ich hier bin, desto mehr gefällt mir die Distanz. Für die Langstrecken trainiere ich nicht speziell, die laufe ich eher nebenbei.“
WM-Qualifikation bei Junioren-Gala
Was noch im vergangenen Jahr fast undenkbar schien, wurde dank des Leistungssprungs für die sympathische Läuferin plötzlich Realität: die Teilnahme bei den Junioren-Weltmeisterschaften in Bydgoszcz. Beim Anhalt-Meeting in Dessau Ende Juni knackte sie mit 4:19,75 Minuten das erste Mal die 1.500-Meter-Norm.
In Mannheim bei der Junioren-Gala blieb sie als Siegerin über dieselbe Distanz nur knapp über ihrem neuen Hausrekord und konnte dort die Nominierung perfekt machen. Etwas überraschend ließ sie am darauf folgenden Tag auch über die 800 Meter alle Gegnerinnen hinter sich. „Ich glaube, hier bin ich so gut gelaufen, weil ich mich schon für die WM qualifiziert hatte. Ich hatte gar keinen Druck mehr.“ Ihre Zeit: 2:05,91 Minuten – erneut Bestleistung.
Dritter Start im Nationaltrikot
Schon bei zwei Vergleichskämpfen im Freien und in der Halle hatte Jana Sussmann das Nationaltrikot überstreifen dürfen und bereits Kontakte zu einigen Teilnehmern der diesjährigen Junioren-WM knüpfen können. In Bydgoszcz teilte sie sich mit der 400-Meter-Läuferin Christiane Klopsch (TSV Friedberg-Fauerbach) ein Zimmer, mit der sie seitdem auch weiterhin in freundschaftlichem Kontakt ist.
Während bei vielen ihrer Teamkameraden nach erfolgreichen Wettkämpfen bereits früh die Anspannung abfiel, musste sich die 1.500-Meter-Läuferin bis Tag vier der Junioren-WM gedulden, bevor sie selbst in Aktion treten durfte. „Ich war schon vorher jeden Tag im Stadion, und so wurde meine Aufregung langsam weniger. Ich hatte mich ja auch darauf vorbereitet, so spät starten zu müssen, deswegen war es völlig in Ordnung.“ Als Vorlauf-Dritte qualifizierte sie sich in 4:22,40 Minuten direkt für das Finale der besten Zwölf.
Nur nicht Letzte werden
„Nur nicht Letzte werden“ lautete dann das selbst auferlegte Ziel für den Endlauf zwei Tage später. Und dieses schien mit einem Blick auf die Konkurrenz gar nicht so leicht zu realisieren. „Ich habe schon beim Aufwärmen die anderen Läuferinnen gesehen und gedacht ‚Oh nein, die kommen aus Äthiopien und Kenia und haben die Trikots an, die man immer im Fernsehen sieht.’“
Spätestens nach dem Startschuss wurde der Respekt jedoch abgelegt. In einem zu Beginn recht langsamen Rennen, aus dem Stephanie Twell (Großbritannien; 4:15,09 min) als neue Junioren-Weltmeisterin hervor ging, belegte Jana Sussmann in 4:21,82 Minuten Rang sieben – und ließ tatsächlich eine äthiopische und eine kenianische Starterin hinter sich.
„Es war nach dem Anfangstempo erstaunlich, dass noch so eine Zeit dabei rausgesprungen ist. Mit der Platzierung bin ich total zufrieden.“
Sturz im DM-Finale
Weniger zufriedenstellend verlief dagegen ihr Auftritt eine Woche darauf bei den Deutschen Jugend-Meisterschaften in Berlin. Über die 1.500 Meter trat die Finalteilnehmerin der Junioren-WM in der ungewohnten Rolle der Favoritin an, und zunächst sah es so aus, als würde sie dieser Rolle gerecht werden können. Auf der Zielgerade des Rennens kam sie dann aber ins Straucheln und musste drei Läuferinnen an sich vorbeiziehen lassen.
„Warum ich gestürzt bin, weiß ich immer noch nicht genau. So unter Druck zu stehen, war eine schwierige Situation für mich. Aber ich war nicht allzu lange traurig, denn ich habe mich einfach an die tolle Saison erinnert und an die Junioren-WM, und dann ging es mir schnell wieder besser.“
Mit Zwillingsschwester zur Leichtathletik
Dazu beigetragen hat sicher nicht zuletzt auch Zwillingsschwester Kim Elisa, die in Berlin tröstend zur Seite stand. Gemeinsam haben die beiden vor rund acht Jahren mit der Leichtathletik begonnen. In Lassrönne, einem kleinen Elbdorf 30 Kilometer südlich von Hamburg, traten sie nach Abstechern zum Judo, Tischtennis und Kunstturnen dem dortigen Verein bei.
Das Mittelstrecken-Talent der Schwestern wurde schnell erkannt, woraufhin sie nach Winsen/Luhe zur Laufgruppe der LG Nordheide um Gerd Prüsmann wechselten. Bei ihm hatte auch Jala Gangnus (jetzt LG Weserbergland), 2006 Deutsche Meisterin über 200 Meter, mit der Leichtathletik begonnen.
„Früher immer Zweite“
Zunächst tat sich die drei Minuten jüngere Kim Elisa als Schnellere der Beiden hervor. „Ich war immer Zweite. Irgendwann habe ich sie dann endlich geschlagen, und seitdem war ich jedes Mal vorne“, erinnert sich Jana Sussmann lachend. Mittlerweile tritt die jüngere der zweieiigen Zwillingsschwestern nur noch bei regionalen Meisterschaften an und hält ansonsten häufig als Trainingspartnerin für die erfolgreiche Schwester her.
Neid gibt es keinen: „Ganz im Gegenteil, sie freut sich für mich. Sie fährt häufig mit mir auf Wettkämpfe und weiß immer genau, wie es mir vor und nach den Läufen geht.“ Auch die Jüngste im Drei-Mädel-Haus Sussmann, die zwölfjährige Lea, wurde hin und wieder als Laufbegleitung eingespannt, während Kim Elisa im vergangenen Jahr in den USA zur Schule ging.
Medizinstudium oder Leistungssport?
Seit dem Ende der Sommerferien besucht Jana Sussmann die 12. Klasse des Gymnasiums in Winsen/Luhe. Anderthalb Jahre hat sie noch Zeit, bevor sie sich entscheiden muss, welche Berufslaufbahn sie einschlagen will. Spätestens seit ihren Erfolgen im Jahr 2008 muss sich die 17-Jährige, die im Oktober ihren 18. Geburtstag feiern wird, darüber Gedanken machen, welche Rolle der Leistungssport in ihrem Leben spielen soll.
„Im Moment gefällt mir der Biologie-Unterricht sehr gut und ich überlege, Medizin zu studieren. Das wäre allerdings sehr zeitaufwendig. Ich habe mit meinem Trainer abgesprochen, dass ich erstmal das kommende Jahr abwarten werde, und dann sehen wir weiter. Vielleicht ist es auch möglich, ein Studium mit dem Leistungssport zu vereinbaren.“
Wenn es in ihrem zweiten Jahr in der A-Jugend weiter so steil bergauf geht für Jana Sussmann, dann wäre es sicherlich schade, wenn sie es nicht wenigstens versuchen würde.