Jean Galfione lässt die Halle links liegen
Der einstige Überflieger ist abgetaucht. "In diesem Winter", sagt Jean Galfione, "verzichte ich auf die Hallen-Meetings." In Dortmund fehlte er, obwohl er da noch was gut zu machen gehabt hätte.
Schritt für Schritt will sich Jean Galfione wieder der Weltspitze nähern (Foto: Listl)
Mit einem "Salto Nullo" sorgte Frankreichs erfolgreichster Stabhochspringer vor zwölf Monaten für eine riesige Enttäuschung. In der Helmut-Körnig-Halle war er damals bei 5,20 Meter sang- und klanglos ausgeschieden. "Die Achillessehnen spielten nicht mehr mit", nennt er das Übel, das ihn in der vergangenen, ach so verflixten Saison in seinem Tatendrang immer wieder ausgebremst hat, "doch im Sommer werde ich angreifen." Sein Ziel ist, wie könnte es anders sein, die Weltmeisterschaft in Paris, seiner Geburtsstadt.Nach einer Operation an beiden Achillessehnen steckt er voller Ehrgeiz. Und voller Pläne. "Ich habe im Dezember mit dem Training angefangen", erzählt Jean Galfione, einer von zehn Athleten, die zum elitären Club der Sechs-Meter-Springer zählen, "und es läuft ganz gut." 1999 bei der Hallen-WM im japanischen Maebashi hatte er die 6,00 Meter geschafft und Gold gewonnen. Lang, lang ist's her.
Verletzungen stoppten Erfolgsstory
Es war eines von vielen Highlights in einer Laufbahn, die ihm Erfolge en Masse bescherte. 1996 avancierte Jean Galfione sogar zu einer Art Nationalheros, als er bei den Olympischen Spielen in Atlanta dank der geringeren Anzahl an Fehlversuchen vor dem Russen Igor Tradenkow und dem Deutschen Andrej Tiwontschik triumphierte. Alle drei erzielten 5,92 Meter. 1995 war Galfione WM-Dritter und 1990 schon Junioren-Weltmeister. Eine Karriere wie gemalt! Doch dann stoppten ihn in schöner Regelmäßigkeit fortwährende Verletzungsprobleme. "Das ist bitter, wenn du willst, aber nicht kannst", erinnert er sich höchst ungern an seine Leidenszeit, "da geht dir irgendwann der Spaß verloren." Phasenweise war Galfione mehr in den Arztpraxen als auf dem Sportplatz.
Optimistischer Blick in die Zukunft
Jetzt schaut er wieder optimistisch nach vorn. Und nicht zurück. Was war, interessiert nicht mehr. "Wenn ich schmerzfrei bin und richtig durchtrainieren kann, dann werden auch die entsprechenden Resultate kommen", verkündet der 31-jährige Publikumsliebling, der in der "Grande Nation" von seiner Popularität kaum eingebüßt hat, "ich möchte zeigen, was ich noch drauf habe." Alle, die ihn bereits vorschnell abgeschrieben haben, sollen sich wundern. Im rauen Klima der Bretagne, wo sich Jean Galfione am liebsten aufhält, hat er Kraft getankt für sein Comeback. "Ich werde behutsam vorgehen und die Belastungen langsam steigern", betont er, "unter Druck setzen lasse ich mich dabei nicht."
Wohnortwechsel bringt Vorteile
Mittlerweile ist Galfione, ein Modellathlet von 82 Kilo Gewicht, die sich auf 1,84 Meter Körpergröße verteilen, nach Paris zurück gekehrt. Zwar gefällt ihm das hektische Leben in der Millionen-Metropole nicht allzu sehr, denn er liebt mehr die Natur, wie sie ihm die Bretagne mit seinem wunderschönen Küstenstreifen bietet. "Dafür sind die Trainingsbedingungen in Paris natürlich wesentlich besser", weiß er um die Vorteile, die der Wohnortwechsel mit sich bringt, "und mit Maurice Houvion habe ich einen absoluten Fachmann an meiner Seite."
Erfahrener Coach an seiner Seite
Der erfahrene Coach ist in der Tat mit allen Wassern gewaschen. Früher gehörte er selber zu den besten Stab-Artisten im Land der Trikolore. 1964 streifte er das Nationaltrikot über, startete bei den Olympischen Spielen in Tokio, wo er allerdings ohne gültigen Versuch in der Qualifikation passen musste. Künstlerschicksal! Philippe, sein Filius, war noch viel, viel talentierter als der Herr Papa, denn er sprang 1980 in Paris mit 5,77 Meter Weltrekord.
Maurice Houvion, mit 68 Jahren noch rüstig wie eh und je, wird alles tun, damit sein ehrgeiziger Schützling in bekannter Manier im Konzert der Großen mitspielen kann. Ob es gleich die Hauptrolle sein wird, weiß keiner. Weder Houvion noch Galfione, der erst mal nur ein Ziel vor Augen hat: "Ich möchte bei der WM dabei sein." An einen Platz auf dem Podium denkt er nicht. Noch nicht.