Jennifer Oeser - „Alles hat ein gutes Ende“
Jennifer Oeser stieg bei der WM in Berlin am Wochenende als Zweite mit 6.493 Punkten endgültig zu einer Siebenkämpferin der Weltspitze auf. Die Leverkusenerin umschiffte dabei mehrere Klippen, wie vor allem den Sturz auf den abschließenden 800 Metern. Auch mehr dazu erfahren Sie im Interview mit der frischgebackenen Silber-Medaillengewinnerin.
Jennifer Oeser, Glückwunsch zum Vize-Weltmeistertitel. Was geht Ihnen im Moment, so kurz nach diesem Erfolg, durch den Kopf?Jennifer Oeser
(lacht) Ich kann es noch nicht wirklich glauben, dass ich gerade Vize-Weltmeisterin geworden bin. Eine Medaille im eigenen Land ist überhaupt der Wahnsinn und dann auch noch Silber, das ist unglaublich. Ich glaube, das realisiere ich erst in den nächsten Tagen.
Wann war Ihnen denn so richtig klar, dass es zu Silber reichen könnte?
Jennifer Oeser:
Vor dem Achthunderter habe ich schon gesagt, mich kann nur noch ein Sturz aufhalten. Schwups, dann lag ich schon da. Das ging so schnell. Ich habe mich kurz abgerollt, bin dann einfach wieder aufgestanden und weitergelaufen. Das Publikum hat mich über die letzte Runde getragen. Das war der absolute Wahnsinn, einfach fantastisch.
Worauf hatten Sie sich denn vor dem Startschuss zu den 800 Metern konzentriert?
Jennifer Oeser
Ich war in der glücklichen Lage, schon auf einem Medaillenrang zu sein. Den Platz wollte ich mir nicht mehr nehmen lassen. Ich wusste, dass ich die Ukrainerinnen hinter mir lassen muss, um sicher eine Medaille zu machen. Auf die Polin waren zwei, drei Sekunden gutzumachen. An der Startlinie wollte ich einfach nur laufen und es hinter mich bringen. Ich hatte ein gutes Gefühl und wollte mir diese Medaille auf keinen Fall mehr nehmen lassen.
Was ging in Ihnen vor, als Sie hingefallen waren?
Jennifer Oeser
Mich hatte der Sturz noch mehr motiviert. Ich hatte das Raunen im Publikum gehört und gedacht: Ne, das war’s jetzt nicht, das kannst Du Dir nicht mehr nehmen lassen. Ich bin ganz schnell wieder aufgestanden und habe gesehen, die anderen waren nicht so weit weggekommen. Ich bin hinterher und immer näher ran, näher ran, näher ran. Ich wusste, dass ich das schaffe. Es waren nur noch 400 Meter zu einem unheimlich großen Traum. Das konnte ich mir nicht mehr nehmen lassen.
Es lief trotz allem an den zwei Tagen nicht immer rund. Hatten Sie das Gefühl, dass es einfach so sein soll und dass das trotzdem Ihr Wettkampf ist?
Jennifer Oeser
Ich hatte nach dem Hürdenlaufen, wo die fünfte Hürde im Weg stand, schon gedacht, dass es vielleicht einfach so sein sollte. Wer weiß, ob ich danach 1,83 Meter hoch gesprungen wäre, wenn ich gleich mit einer Bestzeit angefangen hätte. Oder im Kugelstoßen eine Bestleistung gestoßen hätte, weil ich soviel Wut im Bauch hatte. Den Sturz bei den 800 Metern hätte ich mir aber wirklich sparen können. Es passiert und es ist gut ausgegangen. Vielleicht sollte es einfach so sein. Mein Schwein ist noch rechtzeitig zum Kugelstoßen gekommen. Alles hatte ein gutes Ende.
Welche Bedeutung hatte das Speerwurf-Ergebnis?
Jennifer Oeser
Bei meinem Ratingen-Sieg in diesem Jahr war der Speerwurf nicht so erfolgreich. Ich hatte schon öfters Siebenkämpfe, wo ich es mit dem Speer vermasselt habe. Das wollte ich jetzt hier nicht schon wieder. Ich hatte mich draußen und im Stadion gut eingeworfen. Trotzdem war der erste Versuch gleich ungültig. In dem Moment ging die Pumpe schon ein bisschen. Aber ich wusste, dass ich über 45 Meter werfen kann. Zum Glück habe ich das dann im zweiten Versuch geschafft.
Vor Berlin hatten Sie die EM 2006 in Göteborg (Schweden) als ihren schönsten Wettkampf bezeichnet…
Jennifer Oeser
Ich glaube, wenn diese Frage den meisten Athleten jetzt noch einmal gestellt wird, dann kommt auf jeden Fall die WM in Berlin. Bei mir ist das definitiv so. Das war der absolute Wahnsinn. Es hat soviel Spaß gebracht. Ich fand es total schön. Ich wusste, dass ich das Publikum hinter mir habe.
Wenn Sie jetzt aber ihre Entwicklung zwischen Göteborg und Berlin betrachten, wie würden Sie diese auf den Punkt bringen?
Jennifer Oeser
Steil bergauf. Ich habe mich stetig verbessert. Im letzten Jahr war es nicht ganz so erfreulich. Dieses Jahr hebt es mit einer Silbermedaille im eigenen Land wieder auf.
Gibt es noch Pläne für diese Saison?
Jennifer Oeser
Im Vorfeld hatte ich überlegt, noch in Talence zu starten. Aber ich gehe davon aus, dass meine Saison jetzt beendet ist.
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