Jennifer Oeser - Schweizer Fanherz erobert
"Oh mamma! Unglaublich! Es ist so wunderbar! Jennifer Oeser ist ein Engel…" Mit diesen Worten begann eine Nachricht von Peter aus Lugano, die bei der verdutzten leichtathletik.de-Redaktion in der Nacht zum Mittwoch gegen 0:30 Uhr ankam. Ein Verehrer in der Schweiz, normalerweise kommt so etwas im Leben der Leverkusenerin nicht vor. Da staunte sie selbst etwas.
Jennifer Oeser hat einen Verehrer in Lugano (Foto: Kiefner)
Doch was war an den beiden Siebenkampf-Tagen bei der EM in Göteborg (Schweden) für die frühere U23-Europameisterin schon normal? Mit 6.376 Punkten wurde Jennifer Oeser Vierte, verbesserte ihre Bestleistung um 125 Punkte und sagte danach: "Ich nehme gerne diese Holzmedaille und bin super zufrieden damit. Es war ein super Wettkampf, zwei tolle Tage."Die Aufregung, die sich bei ihr vor ihrer Abreise nach Schweden noch zuhause einstellte, hatte sie in Leverkusen zurückgelassen. Im Ullevi-Stadion gelang es ihr in einem Wettkampf mit Schwedens Superstar Carolina Klüft, die besondere Atmosphäre in sich aufzusaugen und in eigene Euphorie und Energie positiv umzusetzen. "Als ich hier im Stadion war, habe ich mich total auf den Wettkampf gefreut."
Wenn es läuft, dann läuft es…
Zusätzlich hat auch die gute Stimmung in der deutschen Mannschaft, die durch den EM-Titel des Kugelstoßers Ralf Bartels noch zusätzlich angeheizt wurde, ihren Beitrag geleistet. Bei der Siegerehrung des Neubrandenburgers, während der Jennifer Oeser selbst mit dem Speerwurf beschäftigt war, hätte sie "am liebsten selbst ein paar Tränen vergossen."
"Wenn es einmal läuft bei den Deutschen, dann läuft es auch durch", sagte die 22-Jährige nach dem Sieg von 10.000-Meter-Läufer Jan Fitschen (TV Wattenscheid 01), den sie in der Mixed Zone während des Gesprächs mit den Journalisten am Fernseher miterlebte, überzeugt.
Dabei war sie selbst noch ganz aufgedreht nach einem grandiosen Wettkampf. Gelöst plauderte sie aus dem Nähkästchen, wohin ihr Stofftier, das "Schwein von Rhein", und ihre Glücksbonbons, die sie immer vor dem Wettkampf lutscht und von denen sie sich die letzten für Göteborg aufgehoben hat, gleichermaßen gehören.
Mitmischen bei den Großen
Die Glücksbringer haben ihr nun mitten in die Weltspitze verholfen und das bei ihrem ersten großen internationalen Einsatz. Ein ungewohntes Gefühl: "Nach dem Speerwurf habe ich einen ganz schönen Schreck bekommen", erzählte sie, "die Großen haben mich aber jetzt wahrgenommen. Ich bin jung und hoffe, dass ich die nächsten Jahre weiter da vorne mitmischen kann. Vielleicht reicht es irgendwann zu einer Medaille."
Dabei hatte es im letzten Jahr noch gar nicht danach ausgesehen. Rücken- und Sitzbeinprobleme, eine nicht untypische Mehrkampf-Blessur, plagten Jennifer Oeser. Durch fleißiges und geduldiges Rehatraining bekam sie diese Beschwerden in den Griff. Positive Auswirkungen hatte auch der Wechsel in die Leverkusener Trainingsgruppe von Karl-Heinz Düe, wo sie seit diesem Jahr durch das Teamerlebnis neue Inspiration erfährt.
Gnade für die Haare
Dass der Spaß da nicht zu kurz kommt, zeigt auch eine Wette zwischen ihr und dem Trainer vor der EM. Bei einer Platzierung unter den ersten Acht sollte dessen Schnauzer ab, bei einem Rang unter den ersten Sechs sogar die Haare. "Doch das werde ich ihm wohl nicht antun", ließ Jennifer Oeser durchblicken, dass sie bereit ist, Gnade walten zu lassen und sich mit dem Bart zufrieden zu geben.
Für jede Menge Laune ist in den nächsten Tagen allemal gesorgt. Und das passt zum Motto, denn in Göteborg ist nun für Jennifer Oeser erst einmal Genießen angesagt. Das würde auch gerne Peter aus Lugano, der meint: "Wer mit Jennifer das Leben verteilen' kann, wird der frohste Mann der Welt!"