Jennifer Suhr in neuen Sphären
Yelena Isinbayeva (Russland) gehören die Weltrekorde im Stabhochsprung. Dieser Satz stand bis vor einer Woche wie in Stein gemeißelt. US-Olympiasiegerin Jennifer Suhr hat dem ein Ende gemacht, in dem sie am Samstag bei den US-Hallenmeisterschaften in Albuquerque (USA) über 5,02 Meter flog, den Hallen-Weltrekord an sich riss und als zweite Frau in der Geschichte fünf Meter schaffte.

Dass sie das Zeug für solche Höhen mitbringt, hatte die Olympiasiegerin schon mehrfach angedeutet, vor ihrem Fünf-Meter-Satz war sie in ihrer Karriere schon bei insgesamt 15 Wettkämpfen 4,80 Meter oder höher gesprungen. Mit ihrer Freiluft-Bestleistung von 4,92 Metern aus dem Jahr 2008 liegt die ehemalige Basketballerin auch draußen schon auf Rang zwei der ewigen Bestenliste.
Trainer und Ehemann Rick Suhr hatte die neue Hallenweltrekordlerin zum Stabhochsprung geholt. Gemeinsam lebt das Paar für den Sport, Jennifer Suhr schätzt es, dass sie mit ihrem Mann auch ihre sportlichen Erfolge hautnah teilen kann. "Du hast jemanden, mit dem du dich freuen und weinen kannst."
Duell mit Yelena Isinbayeva
Dass der Rekordsprung ausgerechnet in Albuquerque gelang, ist kein Zufall. Die Anlage liegt in 1.500 Metern Höhe und ist für ihre schnelle Anlaufbahn bekannt. Die Wintervorbereitung war auf diesen Wettkampf abgestimmt. Dennoch war nicht alles perfekt: "Ich habe das Video von meinem Sprung gesehen und dachte: Es gibt so viel zu verbessern." Der Rekordhunger ist also noch lange nicht gestillt. Auch im Sommer soll die Latte bei fünf Metern oder mehr liegen bleiben. Härtere Stäbe sollen dafür ein Schlüssel zum Erfolg sein.
Der Höhenflug der US-Amerikanerin kratzt weiter am Lack von Stabhochsprung-Königin Yelena Isinbayeva, die ihre Unantastbarkeit in den letzten Jahren ohnehin schon verloren hatte. Mit Ausnahme der letzten Hallensaison, in der sie mit 5,01 Metern einen Hallen-Weltrekord aufstellte und Hallen-Weltmeisterin wurde, konnte die Russin seit 2008 keinen großen Titel mehr gewinnen.
Mit der WM im eigenen Land in Moskau (Russland; 10. bis 18. August) steht in diesem Sommer ein Höhepunkt bevor, bei dem sich Yelena Isinbayeva mit Gold möglicherweise verabschieden möchte. Sergey Bubka (Ukraine) freut sich auf einen Showdown gegen Jennifer Suhr. "Das bringt die Leichtathletik insgesamt nach vorne", erklärte der größte Stabhochspringer aller Zeiten gegenüber der Agentur Reuters. Von Yelena Isinbayeva erwartet er eine sportliche Antwort auf den Verlust ihres Hallen-Weltrekordes. "Sie wird zusätzlich motiviert sein und versuchen, ihren früheren Status zurückzuerobern."
Trauben höher gehängt
Für gestiegene Ansprüche im Frauen-Stabhochsprung steht auch die vom Weltverband hochgesetzte A-Norm für die WM, die bei 4,60 Metern liegt. Diese Höhe haben in den vergangenen Jahren weltweit immer etwa 15 Springerinnen überwunden, mit einer Ausnahme im WM-Jahr 2011, als es 20 waren.
In Deutschland haben in der Geschichte insgesamt schon elf Frauen 4,60 Meter oder mehr überflogen. Sieben von ihnen hoffen auf den Sprung nach Moskau. Silke Spiegelburg (TSV Bayer 04 Leverkusen) kann sogar schon für die WM planen, da sie durch ihren Sieg in der Diamond League im vergangenen Jahr eine Wild Card bekommt, somit stehen dem DLV insgesamt vier Starplätze zur Verfügung.
Fünf Meter für DLV-Athletinnen nicht unmöglich
Um die verbleibenden Plätze werden sich neben den beiden weiteren Olympia-Teilnehmerinnen Martina Strutz (SC Neubrandenburg) und Lisa Ryzih (ABC Ludwigshafen) sowie der Deutschen Hallenmeisterin Kristina Gadschiew (LAZ Zweibrücken) drei Athletinnen streiten, die an frühere starke Leistungen anknüpfen wollen: Carolin Hingst (USC Mainz), Julia Hütter (LG Eintracht Frankfurt) und nach einer Babypause Anna Battke (USC Mainz).
Die "jungen Wilden" um die Achte der Hallen-EM, Katharina Bauer (USC Mainz), werden es also mit starker Konkurrenz zu tun haben, die aber auch Ansporn dafür sein könnte, sich in Richtung WM-Norm zu steigern.
Bei dem geballten nationalen Potential hält Bundestrainer Andrei Tivontchik auch einen deutschen Angriff auf die fünf Meter mittelfristig für möglich. „Silke Spiegelburg muss dafür noch besonders an der Griffhöhe arbeiten.“ Auch einer gesunden Martina Strutz traut er neue Höhenflüge zu. „Bei ihrem Sprung über 4,80 Meter bei der WM 2011 war ihr Körperschwerpunkt etwa bei 4,90 Metern.“
Entwicklung des Hallen-Weltrekords im Stabochsprung:
5,02 m* - Jennifer Suhr (USA) 02.03.2013 Albuquerque (USA) 5,01 m - Yelena Isinbayeva (RUS) 23.02.2012 Stockholm (Schweden) 5,00 m - Yelena Isinbayeva (RUS) 15.02.2009 Donetsk (Ukraine) 4,95 m - Yelena Isinbayeva (RUS) 16.02.2008 Donetsk (Ukraine) 4,93 m - Yelena Isinbayeva (RUS) 10.02.2007 Donetsk (Ukraine) 4,91 m - Yelena Isinbayeva (RUS) 12.02.2006 Donetsk (Ukarine) 4,90 m - Yelena Isinbayeva (RUS) 18.02.2005 Madrid (Spanien) 4,86 m - Yelena Isinbayeva (RUS) 06.03.2004 Budapest (Ungarn) 4,85 m - Svetlana Feofanova (RUS) 22.02.2004 Peania (Griechenland) 4,83 m - Yelena Isinbayeva (RUS) 15.02.2004 Donetsk (Ukraine) 4,80 m - Svetlana Feofanova (RUS) 16.03.2003 Birmingham (Großbritannien) 4,78 m - Stacy Dragila (USA) 02.03.2003 Boston (USA) 4,77 m - Svetlana Feofanova (RUS) 21.02.2003 Birmingham (Großbritannien) 4,76 m - Svetlana Feofanova (RUS) 02.02.2003 Glasgow (Großbritannien) 4,75 m - Svetlana Feofanova (RUS) 03.03.2002 Wien (Österreich) 4,74 m - Svetlana Feofanova (RUS) 10.02.2002 Gent (Belgien) 4,72 m - Svetlana Feofanova (RUS) 06.02.2002 Stockholm (Schweden) 4,71 m - Svetlana Feofanova (RUS) 03.02.2002 Stuttgart 4,70 m - Stacy Dragila (USA) 17.02.2001 Pacatello (USA) 4,65 m - Stacy Dragila (USA) 09.02.2001 Pacatello (USA) 4,63 m - Stacy Dragila (USA) 02.02.2001 New York (USA) 4,62 m - Stacy Dragila (USA) 03.03.2000 Atlanta (USA) 4,61 m - Stacy Dragila (USA) 19.02.2000 Pacatello (USA) 4,56 m - Nicole Humbert 25.02. 1999 Stockholm (Schweden) 4,55 m - Emma George (AUS) 26.03. 1998 Adelaide (Australien) 4,48 m - Daniela Bártová (CZE) 08.03.1998 Sindelfingen
* Rekord noch nicht offiziell anerkannt