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Johannes Bichler – Vollzeitjob und Hoffnung auf internationalen Anschluss

Viele junge, neue Gesichter haben bei den Deutschen Meisterschaften in Nürnberg ihren ersten nationalen Titel bei den Erwachsenen geholt. Aber auch schon bekanntere Namen werden in der Serie auf leichtathletik.de diesmal vorgestellt, sogar ein Diamond League-Sieger. Heute: Hammerwerfer Johannes Bichler (LG Stadtwerke München).
Jan-Henner Reitze

Johannes Bichler
LG Stadtwerke München

*3. Juli 1990
Größe: 1,88 m
Gewicht: 102 Kilo

Hammerwurf

Bestleistung: 71,70 m (2017)

Erfolge:

Deutscher Meister 2018

In der Heimat von Johannes Bichler ist das Hammerwerfen wesentlich populärer als anderswo. „Bei uns hat praktisch jeder schon einmal Hammer geworfen, auch meine Freunde aus der Jugendzeit. Ein paar sind hängen geblieben“, erinnert er sich an seine Anfänge beim SV Achenmühle, südlich von München nicht weit entfernt vom Chiemsee. Für die große Popularität war ein Mann verantwortlich: Der 2014 verstorbene Alois Hefter engagierte sich über Jahrzehnte in der Nachwuchsarbeit, das jährliche Dreikönigswerfen in Achenmühle wird seit seinem Tod in Gedenken an den „Mister Hammerwurf“ der Region durchgeführt, der heute bestimmt sehr stolz auf die Erfolge seines ehemaligen Nachbarjungen wäre.

„Alois Hefter hat nebenan gewohnt und mich angesprochen, ob ich es nicht einmal mit dem Hammerwurf versuchen möchte. Da war ich 14 Jahre alt“, erzählt Johannes Bichler, der sich zu einem erfolgreichen Nachwuchsathleten entwickelte. In der Jugend sammelte er bei Deutschen U18- und U20-Meisterschaften vor allem Silbermedaillen. In der U23 gelang 2011 der nationale Titel. In den Jahren 2009 und 2011 trug der heute 28-Jährige jeweils das Nationaltrikot bei U20- und U23-Europameisterschaften, scheiterte aber jeweils in der Qualifikation. „Leider war die Nervosität zu groß, so dass ich beide Wettkämpfe versemmelt habe.“

Einmal München und zurück

Im Herbst 2010 zog Johannes Bichler nach München, um dort Ingenieurswesen zu studieren. Er wechselte auch zur LG Stadtwerke München, für die der Hammerwerfer bis heute startet. 2012 flog das 7,26-Kilo-Gerät erstmals über die 70-Meter-Marke. Der große Durchbruch gelang aber noch nicht, auch weil immer wieder kleine Verletzungen ein kontinuierliches Training durchkreuzten. „Ich hatte zum Beispiel immer wieder Probleme mit dem Rücken“, erzählt der Bayer, der 2015 sein Studium erfolgreich beendete und seitdem einen Vollzeitjob im Ingenieur-Büro seines Vaters „Bichler & Klingenmeier“ in Bernau am Chiemsee hat.

„Seitdem kann ich nur noch abends und am Wochenende trainieren. Zu Studienzeiten waren es zehn Einheiten in der Woche, jetzt sind es eher sechs“, erzählt der 28-Jährige, der zurück in seine Heimat gezogen ist und ohne Trainer wieder in Achenmühle trainiert. „Das funktioniert gut, meine Technik ist mittlerweile stabil. Ich arbeite vor allem an den Kraftwerten.“ Ganz Autodidakt ist er aber nicht. „Ich tausche mich mit dem Bundestrainer aus.“ Die beiden telefonieren hin und wieder oder tauschen Emails aus.

Erster deutscher Meistertitel  

Trotz Vollzeitjob flog der Hammer in den vergangenen drei Jahren jeweils über 71 Meter. In diesem Sommer klappte es dann auch endlich bei den nationalen Titelkämpfen bei den Aktiven. „Sonst hatte ich bei den Deutschen oft Pech, bin Zweiter, Dritter, Vierter geworden oder hatte einen schlechten Wettkampf“, erzählt Johannes Bichler. Auch in diesem Sommer in Nürnberg lief es für den als Favoriten angereisten Athleten zuerst holprig. Nach Platz vier im Vorkampf wurde er dann aber doch noch seiner Rolle gerecht und holte mit 71,67 Metern seinen ersten nationalen Titel. „Über den ich mich sehr gefreut habe.“ Zur Bestleistung fehlten nur drei Zentimeter.

Auftrieb gegeben hat ihm auch sein Start bei der Premiere des „Athletics World Cup“ in London (Großbritannien), bei dem mit 69,82 Metern Platz fünf herauskam. „Dieses Erlebnis motiviert mich, noch ein paar Prozent mehr zu geben, damit es vielleicht doch noch einmal mit der Qualifikation für eine große internationale Meisterschaft klappt.“

Bestärkt hat diese Hoffnung auch, dass die Norm für die Heim-EM in Berlin bei 75,50 Meter lag. „Das ist eine realistische Norm, die ich auch erreichen kann. Vorher lag sie oft bei 77,50 Metern. Eine Weite mit der man bei Europameisterschaften im Medaillenbereich liegt“, so der Deutsche Meister. „Ich hoffe, dass die Norm bleibt.“

Kraftwerte steigern und verletzungsfrei bleiben

Um Weiten in Richtung internationaler Spitze zu ermöglichen, möchte Johannes Bichler sein Training kontinuierlich fortsetzen und möglichst verletzungsfrei bleiben. Mit einem Innenbandriss kam auch in der Vorbereitung auf den Sommer 2018 etwas dazwischen. „Im Winter habe ich immer gute Kraftwerte, die möchte ich durchbringen. Dann geht es Richtung 73 Meter und ich kann auf einen lucky Punch Richtung 75 Meter hoffen.“

Mit seinen 28 Jahren sieht er in der anspruchsvollen Disziplin immer noch Potential. „Ich merke es im Krafttraining, in dem ich mich immer noch weiterentwickele. Im Wurf kann man auf alle Fälle bis Mitte 30 mitmischen“, sagt er. Und auch national sieht er Konkurrenz, die ihn auf dem Weg zum internationalen Anschluss begleiten und anstacheln kann. Als erstes nennt der Münchener den Dritten der U23-EM Alexej Mikhailov (Hannover 96), hat aber weitere Athleten auf der Rechnung.   

Video: <link video:18706>Bayerischer Doppelsieg im Hammerwurf der Männer

Das sagt Bundestrainer Helge Zöllkau:

Der deutsche Meistertitel war ein sehr schöner Erfolg für Johannes. Ich habe mich mit ihm darüber gefreut. Neben dem Hammerwurf beschäftigt sich Johannes mit einer Reihe anderer Dinge, zum Beispiel Job und Hausbau. Vor diesem Hintergrund ist seine Leistung sehr positiv zu bewerten. Technisch hat Johannes im Eingang noch Potential. Beim Anschwingen kann er die Drehachse besser treffen, um in der dritten und vierten Drehung dann voll arbeiten und den Hammer optimal beschleunigen zu können. Im Training klappt das schon manchmal. Wir hatten zum Beispiel vor dem Athletics World Cup in London zusammen gute Einheiten. Im Wettkampf hat er das noch nicht umsetzen können. Er ist talentiert. Mit einem größeren Trainingsumfang sind auch noch Steigerungen in der Maximalkraft möglich. Dann hat er die Chance 73 bis 75 Meter zu werfen.

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