| Interview der Woche

Jonas Hanßen: "Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!"

Bei der 21. Mannheimer Junioren-Gala lief Jonas Hanßen (SC Myhl LA) erstmals eine 50er-Zeit über 400 Meter Hürden und stieß damit in neue Dimensionen vor. Mit einer Leistungssteigerung von knapp einer Sekunde auf 50,68 Sekunden, eröffnen sich dem 18-Jährigen neue Möglichkeiten für die U20-Weltmeisterschaften in Eugene (USA; 22. bis 27 Juli). Mit leichtathletik.de sprach er über Rhythmuswechsel, Saisonziele und veränderte Erwartungshaltungen.
Matthias Haller

Jonas Hanßen, 50,68 Sekunden beim letzten Härtetest vor der U20-WM. War diese Leistungsexplosion zu erwarten?

Jonas Hanßen:

Dass die Zeit so stark geworden ist, hat mich letztendlich doch etwas überrascht. Ich habe zum ersten Mal in dieser Saison etwas Neues ausprobiert und bin bis zur siebten Hürde im 14er-Rhythmus gelaufen. Sonst hat das immer nur bis zur fünften Hürde geklappt und ich musste durch den Wechsel auf den 15er-Rhythmus vor der Hürde trippeln. Das hat mich schon ziemlich aufgehalten.

Die Junioren-Gala war auch in diesem Jahr wieder Nominierungswettkampf und hatte damit große Bedeutung. Ist es nicht riskant bei einem so wichtigen Wettkampf eine Veränderung der Renntaktik vorzunehmen?

Jonas Hanßen:

Mit einem Risiko war die Entscheidung natürlich verbunden. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt! Deshalb habe ich mit meinem Trainer dann einfach alles in die Waagschale geworfen. Trotzdem waren wir sehr optimistisch, dass es klappen würde.

Wie kam es zu der Entscheidung, den Rhythmuswechsel vorzunehmen?

Jonas Hanßen:

Meine Laufleistungen im Sprintbereich und auch die Kraftwerte sind besser geworden. Am Donnerstag vor dem Wettkampf habe ich dann zum ersten Mal probiert, den kürzeren Rhythmus zu laufen und im Vergleich zu meiner bisherigen Saisonbestzeit gleich acht Zehntel gut gemacht. So konnte bei 300 Metern in 35,3 Sekunden durchgehen.

Hat auch der nationale Konkurrenzdruck im Kampf um die WM-Tickets eine Rolle dabei gespielt?

Jonas Hanßen:

Um die Konkurrenz habe ich mich nicht wirklich gekümmert. Ich hatte meine Vorgabe, an die ich mich gehalten habe. Klar wusste ich wer läuft, wollte mich aber nicht auf Personen und Zeiten fixieren. Wichtig war, mein Rennen durchziehen zu können und das habe ich dann ja auch geschafft.

Ändert die neue Bestzeit die Zielsetzung für Eugene?

Jonas Hanßen:

Es setzt die Erwartungen natürlich etwas höher. Mit der Steigerung um eine Sekunde ist jetzt natürlich auch einiges mehr drin. Trotzdem werde ich in Eugene einfach sehen müssen, was geht.

Im Idealfall stehen für dich bei der U20-WM drei Rennen in drei Tagen auf dem Programm. Bei nationalen Meisterschaften sind es in der Regel nur zwei Läufe. Wie gehst du mit der Zusatzbelastung um?

Jonas Hanßen:

Ich werde sehen müssen, wofür meine Zeiten und Kräfte reichen. Drei Läufe wären kräftetechnisch zwar der „Worst Case“, ins Finale will ich natürlich trotzdem. Wenn es gut läuft, hoffe ich, meine Zeit nochmal bestätigen zu können. Dann muss ich sehen, was die Konkurrenz macht. Bei den Europameisterschaften [7. Platz, U20-EM Rieti 2013; Anm. d. Red.] hat es fürs Finale gereicht, aber das sind Weltmeisterschaften. Da weht ein anderer Wind.

National hast du im letzten Jahr bereits den dritten Titel geholt. Muss der Anspruch damit nicht höher sein, oder siehst du die U20-WM eher als Zugabe?

Jonas Hanßen:

Eugene hat für mich weiterhin einen Zugabe-Charakter. Natürlich freue ich mich auf die Erfahrungen, die ich dort sammeln werde, aber die Deutschen Meisterschaften lasse ich nicht aus den Augen. Nachdem ich schon drei Titel in der Jugend gewonnen habe, möchte ich in diesem Jahr den vierten hinzufügen. Deshalb liegt der Fokus klar auf der DM, auch wenn die WM ein Riesenerlebnis wird.

Besteht dann nicht die Gefahr, die WM zu locker zu nehmen, weil es für dich dort nichts zu verlieren gibt?

Jonas Hanßen:

Ich denke, dass die Spannung vor dem Wettkampf automatisch kommen wird. Allein schon die Atmosphäre im Stadion wird dafür sorgen. Das war auch in Rieti so. Ich werde die WM definitiv nicht auf die leichte Schulter nehmen.

Bei der Junioren-Gala bist der Konkurrenz vorausgeeilt. In Eugene werden die Gegner noch einmal deutlich stärker sein. Da könnte es gut sein, dass du nicht mehr der Gejagte, sondern plötzlich der Jäger bist. Wie gehst du damit um?

Jonas Hanßen:

Darauf bin ich vorbereitet. Auch wenn es schwierig ist, muss ich darauf achten, die Konkurrenz auszublenden. Mein Trainer predigt mir seit Jahr und Tag, ich soll mein eigenes Rennen laufen, mich nicht an den Gegnern festbeißen, sondern locker mein Ding machen. Das sehe ich genauso. Vielleicht gelingt es mir sogar, mich ein wenig von den Anderen ziehen zu lassen.

Viel Zeit bleibt nicht mehr bis Eugene. Wie sehen die letzten Vorbereitungstage aus?

Jonas Hanßen:

Das Training wird sicherlich noch einmal darauf ausgerichtet werden. Zu hart werde ich aber nicht mehr trainieren. Dann sind noch einige Formalitäten zu klären, so dass die Zeit sicherlich schnell vorbeigeht.

Ist leistungstechnisch dann überhaupt noch etwas rauszuholen?

Jonas Hanßen:

Es wird eher darum gehen, meine Leistung noch einmal zu bestätigen. Eines ist aber auch klar: das Ende der Saison ist die WM nicht. Danach stehen die Deutschen an und das ist für mich der eigentliche Saisonhöhepunkt. Meine Leistungsentwicklung betrachte ich unabhängig davon sowieso eher langfristig.

Zu Abschluss noch ein Ausblick: Mein Traum für Eugene wäre ...

Jonas Hanßen:

... von der starken Konkurrenz zu profitieren und meine Leistung auf internationalem Parkett zu bestätigen.

<link video:10172>Video: Jonas Hanßen wie entfesselt

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