Jürgen Mallow – "Crosslauf verlangt Qualitäten"
Am Samstag (11. März) werden in Regensburg die Deutschen Cross-Meister ermittelt. Wir haben mit Jürgen Mallow, leitender Bundestrainer im Deutschen Leichtathletik-Verband, zum Thema Cross im Speziellen und der deutschen Laufentwicklung im Allgemeinen ein Gespräch geführt. Lesen Sie hier, was er zu diesen Themen zu sagen hat.

Jürgen Mallow hält viel von Crossläufen (Foto: Gantenberg)
Herr Mallow, wie schätzen Sie die Bedeutung der Deutschen Crosslaufmeisterschaften im Speziellen und die einer Crosssaison im Allgemeinen für die läuferische Leistungsentwicklung ein?Jürgen Mallow:
Crosslauf verlangt viele Qualitäten, die wettkampfstarke Läufer auszeichnen: hohe spezifische Qualitäten wie Ausdauer, Kraftausdauer, Fähigkeit zum Rhythmuswechsel, das heißt abrufbare lauftechnische Varianten verbunden mit Willensstärke. Früher haben auch zahlreiche deutsche Läufer, die international in der Spitze mitliefen, vor allem Langstreckler, Hindernisläufer und Marathonläufer, ihre Leistungsstärke im Gelände bei Wald- und Crossläufen entwickelt. Der Stellenwert der Deutschen Crossmeisterschaft hat in den letzten Jahren leider abgenommen, die Leistungsfähigkeit unserer Läufer leider auch. Wir müssen uns anstrengen, dem Cross wieder zu mehr Ansehen zu verhelfen. Mit Detlef Uhlemann haben wir einen Bundestrainer, der dieses Anliegen engagiert vertritt.
In vielen europäischen Ländern genießt der Crosslauf bei den Medien hohes Ansehen, verbunden mit Direktübertragungen im Fernsehen. Bei uns in Deutschland führt er eher einen Dornröschenschlaf. Sehen Sie Möglichkeiten, den Crosslauf ohne direkten Zeitvergleich mit Rekorden als Kampf Mann/Frau gegen Mann/Frau im teilweise spektakulären Gelände in Deutschland auch medientechnisch besser in den Vordergrund zu bringen?
Jürgen Mallow:
Wir haben keine Cross-Tradition wie England, Belgien, Holland, wir haben kein Cross-Niveau wie Spanien, Italien, Frankreich und wir haben nicht einmal mehr eine starke Medienpräsenz für die Leichtathletik in den Stadien. Der DLV ist aber dabei, verlorenes Terrain zurückzuerobern. Cross ließe sich hervorragend "verkaufen", da aber mehrere Kameras aufgestellt sein müssten, sind den Anstalten die Produktionskosten zu hoch. Überschaubare, attraktive Strecken wie die in Regensburg und Cross-Varianten wie der Speed-Cross können vielleicht auch bei den Medien mehr Interesse auslösen.
Sie galten als Verfechter der Frühjahrs-Cross-DM. Angesichts der in den letzten Jahren sehr langen Winter könnte man doch auch über eine Verschiebung der Cross-DM in Richtung Ende März nachdenken, dem Straßenlauf mit einem großen Block Halbmarathon- und Marathon-DM im September/Oktober Rechnung tragen. Was halten Sie von dieser Idee?
Jürgen Mallow:
Es ist schon lange her, da fanden die "Deutschen Waldlaufmeisterschaften" grundsätzlich erst Ende März oder Anfang April statt - mit großer Akzeptanz bei den Spitzenläufern. Die internationalen Terminvorgaben (Cross-WM, CISM-Cross) und die übergroße Konkurrenz der Straßenläufe haben zu einer Terminsituation im Cross geführt, die bei unseren klimatischen Voraussetzungen sicher oft problematisch ist. Ich fürchte, wir werden keinen "Königsweg" finden.
Würden Sie auch ausgesprochenen Mittelstrecklern empfehlen, sich ins tiefe Geläuf zu wagen, auch wenn die Erfolgsaussichten verständlicherweise gegen die ausdauerstarken Typen eher gering anzusiedeln wären?
Jürgen Mallow:
Aber natürlich. Es geht doch nicht immer nur um den Sieg – hier gilt es, durch gutes Training - und Crosslaufen ist gutes Training – auch auf seiner Spezialstrecke konkurrenzfähiger zu werden.
Sehen Sie für den deutschen Lauf in allernächster Zukunft eine Chance, wieder international anzuschließen und auf welchen Strecken bestehen die besten Möglichkeiten?
Jürgen Mallow:
In Europa wollen wir schon in Göteborg bei der EM in diesem Jahr nachweisen, dass der Lauf im DLV auch zum guten Gesamtergebnis der Nationalmannschaft beitragen kann. Unsere Marathonläuferinnen haben 2002 den Marathon-Europacup und zwei Einzelmedaillen gewonnen, wir sind überzeugt, dass sie auch 2006 wieder stark abschneiden werden. Die EM wird einen erkennbaren Leistungsschub im DLV auf fast allen Strecken zeigen. Es gilt, danach beharrlich weiter zu machen. Dann haben wir eine gute Chance, dass wir uns auch bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking und bei den Weltmeisterschaften 2009 in Berlin über deutsche Läuferinnen und Läufer in Endläufen freuen können.