Jürgen Mallow - „Punktgenau in Form“
Es herrscht Aufbruchstimmung im japanischen Vorbereitungscamp der deutschen Leichtathletik-Nationalmannschaft. Für die erste Gruppe geht es von Shibetsu und Ashibetsu nach Peking (China) zu den Olympischen Spielen. Vor der Abreise hat Peter Schmitt für leichtathletik.de mit Jürgen Mallow, dem Cheftrainer des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), eine Bilanz des Trainingslagers gezogen.
Jürgen Mallow, für die ersten Athleten gehen die Tage in Shibetsu und Ashibetsu zu Ende. Die Olympischen Spiele rufen. Wie fällt Ihr Fazit des Vorbereitungs-Trainingslagers aus?Jürgen Mallow:
Ich bin mit dem Aufenthalt sehr zufrieden. Die Erwartungen, die wir an dieses Trainingslager zur Anpassung gestellt hatten, waren hoch. Es knüpfte an das an, was wir im vergangenen Jahr schon erlebt haben. Ich kann feststellen, dass die Anpassung eher noch besser gelungen ist als im vergangenen Jahr vor der WM in Osaka, auch weil wir alle Erfahrungen aus 2007 übernehmen konnten. Die Trainer und Athleten haben sich außerdem ganz hervorragend verhalten. Besser hätte es nicht laufen können.
In Peking warten noch heißere Temperaturen, eine wesentlich höhere Luftfeuchtigkeit als in Japan. Warum sehen Sie trotzdem in dem Trainingslager in Shibetsu und Ashibetsu die beste Voraussetzung dafür?
Jürgen Mallow:
Ich bin überzeugt, dass das der richtige Weg ist. An die Hitze kann man sich anpassen. Ich denke, dass bei Schatten-Temperaturen um die 25 Grad und im Stadion gefühlten Temperaturen deutlich über 30 Grad eine gute Adaption möglich war und ist. Einem schwülen Wetter kann man sich nicht so richtig anpassen. Dem sollte man eher ausweichen. Wir erreichen in der ersten unserer Zwei-Phasen-Vorbereitung, dass wir mit einem belastenden Stress und der Zeitumstellung gut umgehen. Die Athleten, die den vierten, fünften oder sechsten Tag in Japan sind, fühlen sich schon sehr wohl und erreichen schon eine gute Leistungsfähigkeit, während die Athleten, die erst den zweiten oder dritten Tag hier sind, durchaus noch mit der Umstellung zu kämpfen haben. Wenn zeitgleich die Zeitumstellung und die extrem hohe Klimaumstellung, die uns in Peking erwartet, zu bewältigen wären, dann würde das den Körper deutlich stärker belasten. Die Anpassung würde viel länger dauern. In der Zeit könnte nicht so gut trainiert werden.
Was hat Sie, wenn Sie die Woche von Shibetsu und Ashibetsu Revue passieren lassen, am meisten beeindruckt?
Jürgen Mallow:
Es ist beindruckend, wenn man sieht, wie sich etwas, das man als Idee entwickelt hat, umsetzt. Es war spannend zu sehen, wie die Athleten hier ankamen. Einige waren im vergangenen Jahr schon hier und hatten eher ein Gefühl, als ob sie nach Hause kommen. Manche haben es wörtlich so gesagt. Wie wir hier sehr konzentriert, mit viel Lockerheit, Entspannung und Spaß die Woche gestaltet haben, war schon eindrucksvoll. Es war gut zu sehen, wie sich die Leistungsfähigkeit herausbildet. Eine ganze Reihe von Athleten haben bereits ihr Abschlusstraining mit höheren Belastungen gemacht. Sie sind gut drauf.
Was macht Sie insgesamt so optimistisch, dass das deutsche Team auch in Peking eine gute Leistung zeigen wird?
Jürgen Mallow:
All diejenigen, die die Leichtathletik an früheren Erfolgen messen und an zweistellige Medaillenzahlen glauben, denken ohnehin unrealistisch. Ich glaube, das wir mit dem Team, das jetzt angereist ist, leider geschwächt durch die ein oder andere Absage, eine gute Mannschaft haben, in der trotzdem noch eine ganze Reihe von Medaillenkandidaten sind. Ich bin optimistisch gestimmt, weil meiner Einschätzung nach die Athleten punktgenau in Form sind und sich mit viel Selbstbewusstsein ihrer Konkurrenz stellen können. Man merkt, dass dieses Selbstvertrauen von Tag zu Tag wächst. Die Athleten wissen, sie haben gut trainiert. Sie werden ihr Bestes geben. Das macht auch mich selbstbewusst, dass die deutsche Leichtathletik in Peking gut abschneiden wird.
1972 waren Sie im Organisationskomitee der Olympischen Spiele in München, 1988 waren Sie in Seoul (Südkorea) als Trainer dabei, jetzt sind Sie der Cheftrainer der Leichtathleten. Was ist für Sie persönlich die Faszination von Olympischen Spielen?
Jürgen Mallow:
Das Faszinierende von Olympia ist sicher das Miteinander sehr vieler Sportler aus ganz unterschiedlichen Sportarten und aus einer Unzahl von Nationen, mehr als die UNO Mitglieder hat. Dieses farbenfrohe Miteinander zeigt sich an zwei Stellen deutlich, im sportlichen Wettkampf und im Olympischen Dorf. Das ist etwas, das kann man nur bei Olympia erleben. Die Konzentration des Cheftrainers Leichtathletik ist aber natürlich auf die Leichtathletik gerichtet und damit ist es für mich wie eine Weltmeisterschaft, nur in einem anderen, noch größeren Rahmen.
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