Jürgen Schult wird Fünfzig
Erst war er trunken vor Freude - wenig später vom Alkohol. "Ich habe mir drei Pullen Sekt geschnappt, und von den folgenden Stunden wusste ich hinterher nichts mehr", schildert Olympiasieger Jürgen Schult den Tag, an dem sein Diskus auf unglaubliche 74,08 Meter segelte. 24 Jahre später sagt der Mann, der am Dienstag 50 wird, ernüchtert: "Für alle Welt war dieser Wurf das Highlight. Aber mir hat dieser Fabel-Weltrekord wenig Glück gebracht."
Die Superweite, mit der Jürgen Schult damals die 71,86 Meter des Russen Yuri Dumtchev löschte und noch heute den ältesten Männer-Weltrekord der Leichtathletik hält, war nicht die reine Freude für ihn: Erst wurde die Leistung als Windweite abgetan, dem großen Wurf folgte Wochen später dann die Pleite. Jürgen Schult wurde nur Siebter bei den Europameisterschaften 1986 in Stuttgart - und bekam Druck."Ich hatte vor dem Weltrekord meine Technik umgestellt, warf dann mit Umspringen. Und es hat an diesem 6. Juni 1986 in Neubrandenburg ja auch bestens geklappt", sagt der heutige Wurf-Teammanager des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV). Doch als es mit der Medaille schiefging, forderte der damalige DDR-Verband über seinen Trainer die Rückkehr zur alten Technik. "Mir blieb nichts anderes übrig - alternativ hätte ich aufhören müssen."
Bö von hinten rechts
Mindestens genau so ärgerlich ist heute noch für Jürgen Schult, dass seine Kritiker die Leistung vor allem auf Doping reduzieren. "Es lag an der Dynamik bei diesem Wurf, an dieser Bö von hinten rechts, die den Diskus mitnahm. Diese Steigerung hatte nichts mit Doping zu tun", sagt der Mecklenburger, der seine zweitbeste Weite zwei Jahre später mit 70,46 Metern beim Berliner ISTAF erzielte.
Viel stolzer ist Jürgen Schult vor allem auf zwei seiner insgesamt neun Medaillen bei Olympia (Gold und Silber), der WM (Gold, Silber, zweimal Bronze) und EM (Gold, Silber, Bronze): "Natürlich war der Sieg 1988 in Seoul das Größte. Aber ganz hoch einzuschätzen ist auch das WM-Silber 1999 in Sevilla. Ich arbeitete damals seit Jahren ohne Trainer und brachte mich nach eigenen Plänen auf dieses Niveau. Ärgerlich nur, dass der Amerikaner Anthony Washington dann im letzten Versuch noch an mir vorbeizog."
Trainerkarriere
Erfolgreich ist Jürgen Schult, der den Geburtstag nur mit ein paar alten Freunden feiert, auch seit 2001 als Disziplintrainer. "2004 wurde ich Teamleiter, dann Teammanager. Ich bin da, wo ich hinwollte", sagt der Mann, der als Athlet alles gewann. Stolz ist er unter anderem darauf: "Als ich aufhörte, hatten wir ein Durchschnittsalter von 30,3 Jahren im A- und B-Kader. Jetzt sind es 22,5. Wir haben in Robert Harting den Weltmeister und etliche hoffnungsvolle Talente."
Quelle: Sport-Informations-Dienst (sid)