Jugend-WM - Talenteschau und Sprungbrett
Mehr als 1.200 Athleten aus 152 Nationen haben in den vergangenen Tagen bei der U18-Weltmeisterschaft in Ostrava ihre Visitenkarten abgegeben. Für viele der Talente ist die Jugend-WM das Sprungbrett auf die internationale Bühne. Namen wie William Wynne, Wayne Davis, beides Hürden-Asse aus den USA, und Tatyana Kalmykova, die bildhübsche russische Geherin, haben sich im Osten der Tschechischen Republik bereits besonders hervorgetan.
Wayne Davis will nun auch den Weltrekord bei den Großen (Foto: Möldner)
Daran, dass man von ihm noch viel hören soll, lässt Hürdensprinter Wayne Davis keinen Zweifel. Zwar überzeugt er noch mehr mit schnellen Beinen als mit Kraft in seiner Stimme, trotzdem meinte er durchaus selbstbewusst: "Ich will, dass man sich an mich erinnert und später bei den Männern den Weltrekord brechen."Auf ihre Einzigartigkeit setzt auch Tatyana Kalmykova, die wie die beiden US-Athleten in Ostrava eine Jugend-Weltbestleistung erreichte. "Ich will keine zweite Irina Stankina, sondern die erste Tatyana Kalmykova sein", sagte sie in Anspielung an ihre bekannte Geherkollegin, die wie sie aus Saransk stammt.
Nur wenige werden zu Superstars
Die U18-WM bringt zwar die ersten Erfolge, aber aus den Athleten, die sich dort in Szene setzen, macht sie noch keinen Star der Zukunft. Einen Freifahrtschein zum Olympiasieg bekommt man dort nicht ausgestellt.
Nur wenige kommen auch wirklich ganz oben an. Von den Siegern der Premiere 1999 in Bydgoszcz (Polen) zählen heute nur Saif Saeed Shaheen (3.000 m Hindernis; Katar), Ladji Docouré (110 m Hürden, Frankreich), Veronica Campbell (200 m; Jamaika), Jana Rawlinson (400 m Hürden, Australien) und vor allem Yelena Isinbayeva (Stabhochsprung; Russland) zu den Ausnahmekönnern und absolut herausragenden Akteuren der internationalen Szene.
Niemand von Bydgoszcz nach Osaka
Schlägt man im deutschen Lager über acht Jahre die Brücke von Bydgoszcz zur Erwachsenen-WM in diesem Jahr in Osaka, dann ist unter den sechs Medaillengewinnern von damals kein einziger potenzieller Japan-Fahrer.
Vielleicht auch deshalb betont Bundestrainer Uwe Mäde die derzeitige Strategie im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV), die jungen Athleten über die U18-Weltmeisterschaft behutsam an höhere Aufgaben heranführen zu wollen: "Das ist der Einstieg in die internationale Szene. Das Fernziel sind aber die Großereignisse bei Männern und Frauen."
Erfahrungen gesammelt
Die Möglichkeit, in Ostrava vor allem Erfahrungen sammeln zu können, nahm die deutsche Mannschaft in der vergangenen Woche dankbar an. Die frischgebackene Vize-Weltmeisterin im Siebenkampf, Carolin Schäfer (TV Friedrichstein), reiste aus der Tschechischen Republik mit der Erkenntnis, "selbstbewusst sein und sich durchsetzen zu können", ab. Die Mainzer Stabhochspringerin Katharina Bauer sagte: "Bei den nächsten internationalen Wettkämpfen wissen wir jetzt, wie es abläuft." Sarah Cornelsen, Hindernisläuferin vom TuS Metzingen, war hingerissen von den Eindrücken: "So eine WM ist so ziemlich das Größte, was man sich erträumen kann."
Ein gutes Beispiel dafür, wie man von Aufgabe zu Aufgabe wächst, ist die Holtländer Hammerwerferin Mareike Nannen. Über das Fair-Play-Camp, einen Länderkampf im letzten Jahr und nun die U18-WM durchlief sie eine klassische Nachwuchskarriere im DLV. "Ich habe jetzt schon einiges kennen gelernt. Mit dieser Erfahrung kann man mit vielem besser umgehen."
Auf eine solche Entwicklung hofft jetzt auch der Potsdamer Diskusriese Gordon Wolf, der in Ostrava als Vierter Lehrgeld bezahlte: "Ich habe gemerkt, dass eine WM etwas ganz was anderes ist als eine Deutsche Meisterschaft. Das war hart. Ich hoffe, diese große Nervosität tritt bei mir irgendwann nicht mehr auf und manches geht dann leichter."
Anschluss finden
Dass sie den Weg nach oben kontinuierlich weitergehen wollen, daran lassen die jungen DLV-Trümpfe keinen Zweifel. Hoffnung, dass sie den Anschluss herstellen können, geben Beispiele wie der Erfurter Sprinter Julian Reus und der Leverkusener Mittelstreckler Robin Schembera. Beide haben es zwei Jahre nach ihrem Start bei der U18-WM in Marrakesch (Marokko) schon in das deutsche Europacup-Team geschafft. Oder auch die Neubrandenburger Mehrkämpferin Julia Mächtig hat sich von Platz acht vor vier Jahren in Sherbrooke (Kanada) nun bereits zur Medaillengewinnerin bei der U23-EM in Debrecen (Ungarn) hochgearbeitet.
Eine vordere Platzierung bei der U18-WM ist jedoch alles andere als eine Garantie für einen steilen Aufstieg, das zeigt ein Blick in die Statistiken mehr als nachhaltig. Die acht deutschen Ostrava-Medaillengewinner um die Berliner Diskuswerferin Julia Fischer, den Chemnitzer Kugelstoßer David Storl und den Metzinger Stabhochspringer Nico Weiler bringen aber gute Voraussetzungen mit, um einen Weg auf den Spuren der großen deutschen Namen in ihren Disziplinen zu finden. Unterstützen will sie dabei auch Uwe Mäde: "Es ist unser Ziel, diese Athleten in die Richtung zu einer erfolgreichen Karriere zu bringen."