Martina Strutz auf dem Weg nach Moskau
Am Dienstag wurde Martina Strutz von ihrem Verein, der SG Dynamo Schwerin, im offenen Cabrio nach Moskau verabschiedet. Selbst Präsident Manfred Radtke ließ es sich nicht nehmen, der Deutschen Hallen-Meisterin persönlich alles Gute für die Hallen-WM zu wünschen. Der Stabhochsprung könnte in Russlands Hauptstadt ohnehin - mal wieder - zu einem der Highlights werden.

Martina Strutz bestach in diesem Winter durch Beständigkeit (Foto: Kiefner)
Überfliegerin Yelena Isinbayeva peilt in ihrer Heimat den 20. Weltrekord ihrer Karriere in der Frauenklasse an. Allerdings könnte ihr eine Dame so langsam ganz schön gefährlich werden: beim Hallen-Europacup am vergangenen Sonntag in Lievin (Frankreich) sprang die Polin Anna Rogowska nicht nur polnischen Rekord (4,80 m), sondern ließ danach "spaßeshalber" auch gleich die neue Weltrekordhöhe von 4,92 Meter auflegen. Mit solchen Höhen befasst sich Martina Strutz, die bei der Veranstaltung in Lievin selbst dabei war und mit 4,40 Meter Dritte wurde, noch nicht.
Doch die 24 Jahre alte Stabhochspringerin ist zuletzt sehr beständig geworden, hat sich bei Höhen um die 4,40 Meter eingependelt und überquerte als einzige DLV-Athletin in diesem Winter die vom Verband geforderte Höhe für die Hallen-WM von 4,50 Meter. "Die Hallensaison lief super, nun wünsche ich mir noch eine Bestleistung in Moskau. Das wäre das I-Tüpfelchen", sagte die blonde Athletin, die mit 1,60 Metern zu den körperlich kleinsten Springerinnen gehört.
Kleinste Stabhochspringerin der Welt
Gelegentlich wird sie sogar als kleinste Stabhochspringerin der Welt betitelt. Dies ist jedoch nicht nachgewiesen. Doch ihre Größe ist Martina Strutz ohnehin ziemlich egal. Für die Schwerinerin ist wichtiger, dass es in den vergangenen Monaten sportlich lief wie am Schnürchen. "Ich glaube, ich bin noch nicht am Ende mit meinen Höhen", versichert die junge Dame, die im Freien im Moment noch eine Bestleistung von 4,42 Metern stehen hat – und das aus dem Jahr 2001.
Nach einer längeren Durststrecke, hervorgerufen durch Verletzungen, knüpft sie nun wieder an alte Zeiten an. Dabei hat die Springerin eigentlich nichts anderes gemacht im Training als die Jahre davor. "Ich habe einfach den Kopf frei für den Sport", erzählt die Stabhochsprung-Spezialistin, die in Karlsruhe zum ersten Mal Deutsche Hallen-Meisterin wurde.
Freiräume
Freiräume, Freundschaften pflegen und gelegentlich ein wenig Zeit zu haben für sich selbst, darauf legt Martina Strutz großen Wert. Dabei gehört sie nicht der Sportfördergruppe an. Das scheint die junge Frau nicht zu stören. Im Gegenteil. "Dadurch habe ich einen geregelten Tagesablauf und kann mich vom Leistungssport etwas ablenken." Martina Strutz arbeitet bei der Bundeswehr in Schwerin in der Presseabteilung und ist ausgebildete Fotografin. Dies scheint ihr gut zu bekommen. Zumal sich ihre Vorgesetzten sehr sportinteressiert zeigen und sie abwechslungsreiche Termine hat.
"Manchmal erkundigt sich schon mal der Ministerpräsident von Mecklenburg-Vorpommern, wie es denn so läuft", erzählt die lebhafte Athletin, die ein Faible hat: sie besitzt fünf Tattoos auf ihrem Körper und schwärmt für Silberschmuck, Ohrringe und Ketten, was nicht zu übersehen ist. Denn an Ohren und Hals trägt sie eine ganze Menge davon. "Wenn ich mehr Zeit hätte, würde ich mir noch mehr Tattoos machen lassen", sagt sie lachend. Doch es gibt Wichtigeres. Beispielsweise ihren Sport.
Den Jungs nachgeeifert
Zum Stabhochsprung kam sie eigentlich, weil sie den Jungs in ihrem Verein nacheifern wollte. Denn, dass die etwas konnten, was Martina nicht konnte, wollte die kleine Blonde nicht zulassen. "Ich habe schon als Kind immer gerne das gemacht, was die Jungs gemacht haben." Dass sie früher das einzige Mädchen war, hat sie schon etwas geprägt - und relativ unempfindlich gegen diverse Einflüsse gemacht. Heute trainiert sie mit drei Girls und fünf Jungs bei ihrem Coach Andreas Rändler, der sie behutsam aufgebaut hat und in die deutsche Spitze führte.
Auch wenn die 1,60 Meter große Stabhochspringerin, die 2000 in Chile bei der Junioren-WM den fünften Platz mit nach Hause brachte, immer wieder Rückschläge einstecken musste. Zu groß war ihr Verletzungspech. Seit 2002 ging es nicht mehr richtig nach vorne. Martina Strutz hatte sich das Knie verdreht - und lange konnte keiner sagen, woran sie litt. Erst 2004 fand die Schwerinerin langsam wieder Anschluss - wurde Dritte bei den Deutschen Meisterschaften.
Feste Größe
Im vergangenen Jahr qualifizierte sie sich für die Hallen-EM in Madrid, nun folgt ein Start für die Deutsche Juniorenmeisterin von 2001 in Moskau. Dort wird sie zwar nicht ganz vorne mitspringen, da hätten die Russinnen und Polinnen doch vehement etwas dagegen, doch will Martina Strutz der Saison die Krone aufsetzen.
"Ich gebe mein Bestes", verspricht die Deutsche Hallenmeisterin, die durch ihre gute Form viel Selbstvertrauen getankt hat. Martina Strutz avancierte zur festen Größe im Frauenstabhochsprung und hielt die Fahne hoch in der Disziplin, die nach langem Aufwärtstrend nun schon eine Zeitlang ein wenig stagniert.
Dabei ist es nicht nur der Erfolg, der die junge Frau an ihren Wettbewerb fesselt. "Ich liebe das Fliegen. Das macht irre Spaß", sagt die 24-Jährige. Und noch was: Stabhochsprung ist irgendwie etwas Besonderes für die blonde Athletin. Es gehört eine Menge mehr dazu als abspringen und landen.
Vielseitigkeit
"Es ist die Vielseitigkeit, die man haben muss, damit man im Stabhochsprung mithalten kann", erklärt Martina Strutz. Das sportliche Talent liegt offensichtlich in der Familie. Ihr Vater spielte Handball, sie selbst liebt neben der Leichtathletik auch Basketball. Doch als Stabhochspringerin wurde sie durch einen Jedermann-Zehnkampf entdeckt, den sie vor rund zehn Jahren "einfach zum Spaß mal mitmachte".
Schon da fiel das kleine, quirlige und temperamentvolle Persönchen durch ihr Bewegungstalent auf. Dass sie besonders beim Stabhochsprung eine gute Figur machte, kam nicht von ungefähr: sie war früher Turnerin. Doch die neue Disziplin war einfach spannender für die junge Athletin, die sich der Herausforderung stellte und bald erste Erfolge feierte.
Inzwischen weiß Martina Strutz genau, was sie will, und handelt danach. Und wenn es nach ihr ginge, käme sie zumindest mit einer neuen Bestleistung nach Hause. Dann wird die Delegation, die sie jetzt in Schwerin nach Moskau verabschiedet hat, Anfang nächster Woche auch ganz stolz wieder empfangen. Und auch dem Ministerpräsidenten ihrer Heimat wird sie mal wieder einiges zu erzählen haben.