Julia Sutschet - Ohne Spaß läuft nichts
Sie ist jung, schnell und eine der großen deutschen Sprinthoffnungen für die Zukunft. Julia Sutschet überraschte im letzten Jahr mit der Qualifikation zur U18-Weltmeisterschaft in Marrakesch (Marokko), wo sie als im Zwischenlauf über 100 Meter mit 11,65 Sekunden und im Halbfinale über 200 Meter mit 24,11 Sekunden glänzte.

Im letzten Jahr schaffte es Julia Sutschet zur U18-WM nach Marrakesch (Foto: Möldner)
In diesem Jahr will sie ihre Können bestätigen und das am besten bei der U20-Weltmeisterschaft in Peking (China).Langweilig wird es im Leben der Julia Sutschet so schnell nicht. Schule, Arbeit, Fahrschule, ihre Kindertrainingsgruppe und ihr eigenes Training wollen unter einen Hut gebracht werden. Alles kein Problem, denn "ich habe Spaß dabei", erzählt die 17-Jährige, die nebenbei auch noch Saxophon im Chor in Hönnigen spielt.
"Die Musik ist mein Ausgleich zum Sport", berichtet die Sprinterin der LG Kreis Ahrweiler. Bis zum letzten Jahr war es zudem ihr Pflegepferd, doch dieses musste sie aufgrund von Zeitmangel aufgeben. "Das ist mir schon extrem schwer gefallen", sagt Julia Sutschet und outet sich als Tierfan. "Ich bin mit Tieren großgeworden", gibt sie einen kleinen Einblick in ihre Kindheit. Aber sie weiß auch, dass Leistungssport nicht viel Zeit für andere Dinge lässt. "Ich musste abwägen, was mir wichtiger ist", schildert sie ihren inneren Zwiespalt. Doch es war schnell klar, dass sie auf die Leichtathletik nicht verzichten wollte.
Allein unter Männern
"Leichtathletik hat mir schon immer Spaß gemacht", sagt sie. Dabei wurde sie erst vor vier Jahren von ihrem damaligen Sportlehrer und heutigen Trainer Stephan König entdeckt. "Ich war einfach die Schnellste in der Schule", erinnert sich Julia Sutschet. Die Frage, in welcher Disziplin sie sich spezialisieren sollte, stellte sich folglich nicht. Dennoch, auf eine vielseitige Grundausbildung wird in ihrer Trainingsgruppe Wert gelegt, ist ihr Trainer doch selbst noch aktiver Mehrkämpfer.
Drei- bis viermal die Woche steht Julia Sutschet momentan auf der Kunststoffbahn, um sie herum eine Trainingsgruppe bestehend aus 30 bis 40 Jahre alten Männern. "Für mich ist die Gruppe perfekt", erzählt sie aus dem Trainingsalltag, denn viele Einheiten könne sie mit ihren Vereinskameraden zusammen machen. Und klar, der Spaß kommt auch nicht zu kurz.
Aufgabenteilung im Hause Sutschet
Spaß ist ohnehin das Kriterium Nummer eins, das sie am Sprinten hält. "Der Erfolg ist ein positiver Nebeneffekt", zeigt sich die aufstrebende Kurzstrecklerin bodenständig und gibt zu bedenken, dass es mit den Erfolgen auch ganz schnell vorbei sein könne.
In ihrer Familie und ihrem Freundeskreis findet sie jedoch eine stimmige Umgebung vor, die weitere Erfolge möglich macht. "Leichtathletik ist eines der großen Themen am Abendbrottisch", verrät die aufgeschlossene 17-Jährige aus Dümpelfeld in der Eifel. "Meine Mutter ist meine Managerin und mein Vater hat auf Wettkämpfen immer gute Tipps parat", stellt Julia die Familienstruktur im Hause Sutschet vor. Und auch ihre 12-jährige Schwester bleibt nicht vom Leichtathletik-Fieber verschont, sie trainiert für den Mehrkampf.
Schwäche: Nervosität
Ihr Vater ist es auch, der ihre sportlichen Schwächen am besten kennt. "Ich bin ganz extrem nervös", gibt sie offen und ehrlich zu. "Mein Vater braucht mir bloß in die Augen zu schauen und sieht es in mir brodeln", beschreibt sie anschaulich, wie es kurz vor dem Start tief in ihr aussieht.
Gehemmt hat sie diese Nervosität jedoch noch nicht merklich, betrachtet man ihre Bestzeiten aus dem vergangenen Jahr. 11,65 Sekunden über 100 Meter und 24,08 Sekunden über die halbe Stadionrunde können sich sehen lassen. Das weiß auch Julia Sutschet, die zurzeit eine Ausbildung zur Verwaltungsfachangestellten absolviert.
"Ich sehe mich selber in Deutschland vorne mit dabei und hoffe, dass es so bleibt", blickt sie ihrer Rolle im Generationenwechsel des deutschen Sprinterinnen-Lager gelassen entgegen.
Vehement gegen Doping
Ihr sportliches Vorbild kommt selber aus den Riegen der abgedankten Sprint-Stars. "Grit Breuer find' ich toll. Sie hat immer all' ihre Ziele erreicht", sagt sie und Bewunderung schwingt in ihrer Stimme mit. Jedoch fügt sie schnell hinzu, dass sie die Verbindungen zur Doping-Szene, die ihrem Trainer und Lebensgefährten Thomas Springstein zur Last gelegt werden, keineswegs positiv bewertet.
"Ich bin strikt gegen Doping", sagt Julia Sutschet mit fester Stimme und erzählt, dass auch sie schon, aufgrund ihrer kräftigen Figur, des Dopings bezichtigt wurde. "Ich bin einfach von Natur aus ein Energiebündel. Das habe ich von meinem Vater geerbt", stellt sie fest und unterstreicht, dass sie auch keineswegs großartig Gewichte im Kraftraum stemmen würde.
Erinnerungen an Marokko
Das letzte Jahr war wohl das bislang spannendste ihrer noch jungen Laufbahn, qualifizierte sie sich doch überraschend für die U18-Weltmeisterschaft im marokkanischen Marrakesch. "Damit hatte ich selber nicht gerechnet", erinnert sich Julia Sutschet und erzählt von den Rheinlandpfalz-Meisterschaften, wo sie erstmalig unter 12 Sekunden über 100 Meter blieb und daraufhin bei der Bauhaus DLV-Junioren-Gala in Mannheim starten durfte. "Ich war so glücklich, als ich dort beste Deutsche über 100 und 200 Meter wurde und mich für die U20-WM qualifizieren konnte."
Die Erinnerungen an die Wettkämpfe unter der Sonne Marokkos sprudeln nur so aus der fröhlichen Athletin heraus. "Es war eine unglaubliche Atmosphäre im Stadion", schwärmt sie und fügt im Hinblick auf das Team-Gefühl unter der deutschen Athleten hinzu: "Es war wunderschön, da jeder jeden angefeuert hat".
Das Ziel vor Augen
Dennoch gibt sie zu, dass sie zu ihren Kontrahentinnen auf der Bahn eher eine distanzierte Beziehung aufbaut. "Wir sind zwar ein Team und das genieße ich auch. Aber trotzdem tut mir das gewisse Maß an Abstand gut", erzählt Julia Sutschet und es ist klar, dass Spaß zwar dabei sein muss, jedoch eine gewisse Portion Ernsthaftigkeit und Konzentration auf die eigenen Leistungen eine wichtige Rolle spielt. Kein Wunder, denn Julia Sutschet hat noch viel vor.
In diesem Jahr möchte sie dort weitermachen, wo sie im letzten Sommer aufgehört hat. Neben der wichtigsten Prämisse gesund zu bleiben, steht natürlich die Qualifikation für die U20-Weltmeisterschaft in Peking auf Platz eins ihrer Wunschliste für den kommenden Sommer. 11,80 Sekunden sind über 100 Meter gefragt, bei 23,90 Sekunden liegt die Norm über 200 Meter. Da heißt es Gas geben. "Und das habe ich vor", betont Julia Sutschet, wobei der Spaß jedoch nicht zu kurz kommen darf.
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