Ein Sirtaki bringt Roman Sebrle nicht aus der Ruhe
Roman Sebrle konzentriert sich, seine Augen starren auf den Speer, den er in der linken Hand hält. Die Zuschauer toben, brüllen und kreischen, denn gleichzeitig versucht sich der Grieche Periklis Iakovakis über 400 Meter Hürden fürs Finale zu qualifizieren. Und weil es noch nicht laut genug ist im Stadion, erklingt aus dem Lautsprecher wieder der obligatorische, traditionelle Sirtaki.
Weder Sirtaki noch Gegner hielten Roman Sebrle vom ersten Olympiajubel ab (Foto: Chai)
Doch ein Roman Sebrle lässt sich nicht aus der Ruhe bringen - trotz des unbeschreiblichen Lärms. Mit unbeweglichem Gesicht und unglaublicher Willenskraft läuft er an und knallt das 800 Gramm schwere Gerät auf 70,52 Meter. Damit setzte der tschechische Weltrekordler ein Ausrufezeichen in Richtung Konkurrenz. Und die Gegner wussten: Der Olympiasieg würde dem Tschechen nun kaum mehr zu nehmen sein, denn wer nach der neunten Disziplin führt und die 1.500 Meter nicht gerade mit Klebstoff an den Füßen läuft, lässt sich die Butter nicht mehr vom Brot nehmen, schon gar nicht, wenn man Roman Sebrle heißt und genau weiß, wie man seine Gegner im Griff hat.
Dimitri Karpow weiter am Ende schwach
Da war auch der von manchen Medien schon voreilig als Olympiasieger gefeierte Dimitri Karpow hilflos. Er kratzte am Thron, aber letztendlich ließ das König Roman nicht auf sich sitzen. Bis zum Speerwerfen hatte der hochgewachsene Kasache geführt, doch dann kam der erwartete "low cost" für den Bronzemedaillengewinner von Paris 2003. Für den 23-Jährigen sind die letzten drei Events die Schlüsseldisziplinen, in denen er an Boden verliert. Im Stabhochsprung (4,60 Meter), Speer (55,54 m) und über 1500 Meter beißt sich Dimitri Karpow noch die Zähne aus an dem Tschechen.
"Ich habe nach dem ersten Tag gut geschlafen", sagte der 29-jährige Familienvater eines Söhnchens. Denn es ist schon Tradition für ihn: am zweiten Tag zieht er spätestens nach dem Speerwerfen an seinen Kontrahenten vorbei.
Vom anderen Stern
Für Frank Busemann, den Olympiazweiten von Atlanta ist der Tscheche "von einem anderen Stern". Der Weltrekordhalter setzte sich auch in Athen mit neuem olympischen Rekord von 8893 Punkten durch und feierte seinen ersten Olympiasieg, nachdem er vor vier Jahren seiner Ansicht nach um Gold in Sydney betrogen wurde. Der Titelverteidiger Erki Nool, der diesmal Achter wurde mit 8235 Punkten und keine Rolle spielte, bekam damals einen Versuch im Diskuswerfen "geschenkt", was ihn zum Olympiasieger machte.
Doch diesmal sorgte Roman Sebrle für klare Verhältnisse. Je mehr Disziplinen er in diesen beiden Tagen abhaken konnte, desto mehr Konkurrenten blieben für den Weltrekordhalter aus Prag auf der Strecke. Sein größter Gegenspieler, Weltmeister Tom Pappas aus den USA, musste beim Stabhochsprung aufgeben. Schon im ersten Versuch merkte der Mann aus Tennessee, dass er wohl die letzten drei Disziplinen von der Tribüne aus ansehen würde. "Ich habe mir eine Fußverletzung zugezogen und spürte schon Schmerzen nach dem Diskuswerfen. Ich habe alles versucht, aber es hatte keinen Sinn. Ich hatte große Erwartungen an diesen Wettkampf hier, aber mein Fuß ist mir wichtiger", sagte der Weltmeister von 2003.
Kein DLV-Zehnkämpfer unter den ersten Zehn
Die deutschen Zehnkämpfer spielten keine Rolle im Kampf um die Medaillen. Der beste - Florian Schönbeck aus Regensburg - wurde mit 8.077 Punkten Zwölfter und schaffte für sich eine Jahresbestleistung. Stefan Drews folgte auf Rang 19 mit 7.926 Punkten. "Unser Ziel war einen Mann unter die ersten Zehn zu bringen, das haben wir leider nicht geschafft", bedauerte Bundestrainer Claus Marek.
Für den Regensburger Florian Schönbeck, den "Oldie" im deutschen Team, ging schon mit der Olympiateilnahme in Athen ein Traum in Erfüllung. Pech hatte der ehemalige Junioren-Weltmeister Dennis Leyckes aus Uerdingen/Dormagen. Der 22-jährige Schützling von Torsten Voss zog sich einen Bänderriss zu und trat zu den 400 Metern am ersten Tag schon nicht mehr an. Die Olympischen Spiele in Athen haben endgültig bewiesen: ein deutscher Zehnkämpfer von internationalem Format wird im Moment weiterhin gesucht, auch wenn Florian Schönbeck und Stefan Drews ihr Bestes gegeben haben. Da hilft auch kein Sirtaki.
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