„Kaiser“ Haile tritt nach Ausnahmekarriere ab
Haile hat fertig. Der große kleine Mann der langen Strecken tritt in Zukunft kürzer. Nach zwei Olympiasiegen und 26 Weltrekorden hat Marathon-Weltrekordler Haile Gebrselassie am Sonntag überraschend seinen Rücktritt erklärt. Eine Knieverletzung stoppte den 37 Jahre alten Äthiopier ausgerechnet bei seiner Premiere beim New York-Marathon (USA). Ein Zeichen für den „Kaiser“. Unter Tränen erklärte Haile Gebrselassie seinen Rücktritt: „Der Tag ist gekommen. Ich höre auf.“
Es ist das Ende einer der größten Karrieren der Leichtathletik. Als der damals 13 Jahre alte Haile Gebrselassie seinen Lehrern einst beim Wettlauf die Hacken zeigte, hatte der 1,64-Meter-Mann seine Berufung gefunden: das Laufen. Wie sein großes Vorbild Miruts Yifter, der 10.000-Meter-Sieger von Moskau 1980, wollte Haile Gebrselassie Weltrekorde und Medaillen sammeln. Er sollte es Miruts Yifter in den nächsten zwei Jahrzehnten nicht nur gleichtun, sondern ihn bei weitem übertreffen.Haile Gebrselassies Geschichte ist eine afrikanische. Als achtes von zehn Kindern lernte er früh zu teilen, entwickelte aber auch den Ehrgeiz, es einmal besser zu haben. Laufen gehörte immer zu seinem Leben, die nächste Schule war 10 Kilometer entfernt in der nächsten Stadt. Morgens hin, nachmittags zurück. Jeden Wochentag, wenn es morgens noch dunkel war nur in der Gruppe. Wegen der Hyänen.
Eigentümlicher Laufstil wird zum Markenzeichen
Aus diesen Tagen stammt auch sein eigentümlicher Laufstil. Mit der linken Hand holt Haile Gebrselassie weit weniger aus als mit der rechten. Früher hielt er mit links seine Schulbücher. Es wurde sein Markenzeichen.
Haile Gebrselassie dominierte die Neunziger Jahre. Vier Weltmeistertitel zwischen 1993 und 1999 über die 10.000 Meter, dazu die Olympiasiege 1996 in Atlanta (USA) und 2000 in Sydney (Australien) über dieselbe Distanz. Er sammelte Weltrekorde wie andere Menschen Briefmarken.
Mit seinem Willen versetzte der so sanft lächelnde Superstar auf der Laufbahn Berge. Sein unwiderstehlicher Antritt auf der letzten Runde eines Langstreckenrennes degradierte die Konkurrenz immer wieder zu Statisten. Wenn Haile Gebrselassie lief, schienen alle anderen zu stehen.
Von der Bahn auf die Straße
Zu Beginn des neuen Jahrtausends endete die Herrschaft des „Kaisers“ auf der Laufbahn. Haile Gebrselassie sattelte um. Auf die Straße. Und wurde mit etwas Anlauf auch dort ein König. Vor allem Berlin war ein gutes Pflaster für den vierfachen Familienvater. 2007 knackte Haile Gebrselassie in der deutschen Hauptstadt zum ersten Mal den Weltrekord über die 42,195 Kilometer. Seine 2:04:26 Stunden unterbot nur ein Mensch auf diesem Planeten: Haile Gebrselassie selbst, ein Jahr später, wieder in Berlin: 2:03:59 Stunden.
Die Jagd nach Medaillen und Rekorden ist nun zu Ende. „Lassen sie mich der Jugend eine Chance geben“, sagte Haile Gebrselassie in New York. Ein großer Schritt für den kleinen Mann, dem Stillstand stets zuwider war.
Quelle: Sport-Informations-Dienst