Kamghe Gaba - „WM-Einzelstart ist das Ziel“
Viertelmeiler Kanghe Gaba startete zuletzt bei den Golden League-Meetings in Zürich (Schweiz; 45,70 sec) und Brüssel (Belgien; 46,67 sec). Anja Herrlitz unterhielt sich mit dem Frankfurter über diese Rennen, die Olympischen Spiele und seine Pläne für das kommende Jahr.
Wie war es, in Brüssel und Zürich zu laufen, mit all den Stars um die Olympiasieger Jeremy Wariner und LaShawn Merritt? Kamghe Gaba:Das ist natürlich immer wieder schön. Wenn ich die Gelegenheit dazu bekomme, sage ich auf keinen Fall 'Nein'. Ich denke, solche Rennen können einen nur nach vorne bringen, die Chance sollte man nutzen. Wenn möglich, sollte man den Leuten natürlich auch was bieten können. In Zürich hat das besser geklappt, weil ich da auch nicht Letzter oder Vorletzter geworden bin, sondern auch von der Platzierung als Fünfter ganz gut aussah. Wie sind Sie mit dem Rennen in Brüssel zufrieden? Kamghe Gaba:
Bei 200 Metern wurde es schon ganz schön schwer. Ich hatte auf der Außenbahn laufend gehofft, dass ich die Konkurrenz erst so spät wie möglich neben mir sehe und dann kamen nicht nur ein, zwei, sondern gleich alle. Hinten raus ging dann irgendwie gar nichts mehr. Ich war den ganzen Tag schon ein bisschen müde, hatte mir aber eingeredet, dass das überhaupt nichts zu sagen hat und dass es trotzdem klappen kann. Aber ich war in Brüssel eine Sekunde langsamer als eine Woche zuvor in Zürich und das sagt wohl einiges aus. In Zürich hat das Rennen sehr viel Spaß gemacht, aber Brüssel war einfach gar kein Vergleich. Jetzt ist langsam wirklich Schluss und ich brauche ein Päuschen. Vor einer Woche in Zürich lief es ja noch sehr gut… Kamghe Gaba:
Da war ich auch noch ganz euphorisch, weil ich bei den Olympischen Spielen in der Staffel mit 44,41 Sekunden fliegend so eine super Zeit gelaufen bin. Ich war mir sicher, dass ich noch eine persönliche Bestzeit (bis jetzt 45,47 sec, Anm. d. Red) erreichen kann, habe aber hinten raus gemerkt, dass doch ein bisschen was gefehlt hat. Dann war ich umso glücklicher, dass ich in Brüssel noch einmal mitlaufen durfte. Ich war da, nur die Form leider nicht.Für Sie lief es bei Olympia in der Staffel sehr gut, für die Staffel als Ganzes aber nicht so. Welches Fazit ziehen Sie von den Olympischen Spielen? Kamghe Gaba:
Die Olympischen Spiele, und auch dort zu laufen, haben mir sehr viel Spaß gemacht. Der Wettkampf war für uns natürlich sehr enttäuschend. Wir sind nicht ins Finale gekommen und sind auch keine überragende Zeit gelaufen. Nach den Zeiten, die wir im Vorfeld angeboten hatten, war einiges mehr zu erwarten, umso schlimmer war, dass wir so weit davon entfernt waren. Haben Sie in der Staffel die möglichen Gründe dafür diskutiert? Kamghe Gaba:
Wir haben natürlich unsere Einzelzeiten bekommen und offen über das Rennen gesprochen. Aber es gab kein Fazit, wonach jemand falsch trainiert hatte. Auch für Sie war der Start in die Saison ja eher etwas holprig. Bei den Deutschen Meisterschaften sind Sie mit 46,26 Sekunden nur Sechster geworden. Ärgert Sie das heute noch?
Kamghe Gaba:
Ja, schon. Mein Trainer und ich haben auf jeden Fall einen Fehler begangen, indem wir das Jahr falsch angegangen sind. Meine Form war von Anfang an ziemlich gut. Ich hatte mir vorgenommen, die Olympia-Norm vor den Deutschen Meisterschaften zu laufen und deswegen haben wir versucht, in jedes gute Rennen reinzukommen. Dadurch ist leider das Training etwas zu kurz gekommen und die Form total abgesackt. Das Trainingslager in Kienbaum nach den Deutschen Meisterschaften war dann genau richtig, das hat noch einmal alles aufgefrischt. Bei der DAK Leichtathletik-Gala in Wattenscheid hatte man dann ja schon gesehen, dass es bergauf ging. Letzte Woche ist Carl Kaufmann gestorben. Einige Leute fragen sich natürlich, wieso er vor fast 50 Jahren auf Asche mit 44,9 Sekunden schneller laufen konnte als die meisten deutschen 400-Meter-Läufer heute. Was antworten Sie auf solche Fragen? Kamghe Gaba:
Ich denke, die Fragen kommen meistens von Personen, die so etwas beobachten, aber meistens wahrscheinlich selbst nicht 400 Meter gelaufen sind. Wenn man das selbst macht und weiß, was für ein Aufwand dahinter steckt, dann stellt man sich diese Fragen natürlich auch manchmal. Aber ich weiß keine Antwort. Ich kann nur für mich sagen, dass ich versuche, alles zu optimieren und das Beste herauszuholen. Wenn ich es mal schaffe, mich auf solche Zeiten zu verbessern, dann kann ich auch sagen, wie man es macht.Was für ein Fazit ziehen Sie aus dieser Saison insgesamt? Kamghe Gaba:
Ich werde auf jeden Fall in Zukunft die Wettkämpfe vom Kopf her lockerer angehen. Dieses Jahr habe ich mir selbst auch zu viel Druck gemacht. Auch privat lief alles nicht immer zur vollsten Zufriedenheit. Das war zum ersten Mal so und hat sich auch in das Training eingeschlichen. Aber seit ein paar Wochen ist alles geklärt und es ging wieder aufwärts. Man wird ja immer älter, macht sich seine Gedanken und gewinnt an Lebensweisheit. Ich werde einiges anders angehen, aber weiterhin mit meinem Trainier Daniel Limburger zu 100 Prozent daran arbeiten, dass ich noch schneller werde. Kann man eine Heim-WM im kommenden Jahr denn viel lockerer angehen als Olympia? Kamghe Gaba: Ich denke, vor allem für uns Deutsche ist eine Heim-WM sicherlich ähnlich zu sehen wie Olympische Spiele. Vor heimischem Publikum will man sich natürlich besonders gut präsentieren. Wollen Sie das nur in der Staffel? Kamghe Gaba:
Ein Einzelstart ist ja seit einigen Jahren schon mein Wunsch. 2006 bei der EM in Göteborg hatte ich es dann zum ersten Mal geschafft. Damals dachte ich eigentlich, es würde jetzt ständig bergauf gehen. Aber in einem bestimmten Leistungsbereich sind Steigerungen dann natürlich nicht mehr so möglich wie in der Jugend. Mein Ziel ist es auf jeden Fall, neben der Staffel auch im Einzelrennen zu starten. Und ich hoffe, dass ich die Dinge, die ich dieses Jahr noch gelernt habe, auch umsetzen kann. Wie geht es für Sie jetzt weiter? Kamghe Gaba: Ich hatte eigentlich die ganze Zeit auf eine Wildcard für das Weltfinale gehofft. Aber ich muss jetzt erst einmal mit meinem Trainer und meiner Managerin reden, ob es noch Sinn macht. Die Woche zwischen Zürich und Brüssel hat nicht für die Regeneration gereicht, und ob es dann bis Stuttgart klappt, weiß ich nicht. An manchen Tagen fühle ich mich, als könnte ich ganze Wälder ausreißen, und an anderen bin ich nach dieser Saison schon ziemlich erschöpft. Ich würde nach wie vor gerne laufen, das aber mit einer guten Form.