Kampf dem Doping - Sport am Scheideweg
Doping und der Kampf gegen den Einsatz von unerlaubten Mitteln und Methoden beschäftigt seit den jüngsten Geständnissen im Radsport auch noch mehr die deutsche Leichtathletik-Szene. Bei der Frage, wie das Dopingproblem nun angegangen und gelöst werden kann, wird schnell deutlich, dass die Umsetzung gemachter Vorschläge nicht einfach ist.
Prof. Dr. Eike Emrich schlägt eine übergreifende Rahmenordnung vor (Foto: Kiefner)
Das weiß auch Prof. Dr. Eike Emrich, der Vize-Präsident Leistungssport im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV). "Sport besteht aus Wettbewerb und Moral", erklärte er in dieser Woche bei einem Hintergrundgespräch in Frankfurt und bezog vehement Position für einen klaren Einsatz im Anti-Doping-Kampf: "Der Sport steht am Scheideweg."DLV-Generalsekretär Frank Hensel unterstrich: "Wir sind der Verband, der seit 1993 am offensivsten den Anti-Doping-Kampf angeht. Der Verband verfällt nicht in Aktionismus, aber wir haben unsere Schularbeiten gemacht." Er wies darauf hin, dass der DLV alle Dopingverfahren öffentlich und offen angegangen ist. "Wir haben mit Abstand die meisten Trainingskontrollen."
Geringe Empörung bei Dopingvergehen
Doch die moralische Empörung in der Öffentlichkeit, beim Bekanntwerden von gedopten Sportlern, hält sich arg in Grenzen, wie auch die Reaktion auf die Erkenntnisse im Radsport der vergangenen Wochen zeigte: "Die Norm 'Du sollt nicht dopen' ist so weit reduziert, dass eine Verletzung keine Empörung auslöst", bedauerte Prof. Dr. Eike Emrich.
Doch Athleten, die bereit sind zu dopen, denen bei dem Weg an die Spitze jedes (Doping-)Mittel recht ist, werden sich durch moralische Grundideen, von Aussagen wie "Doping verletzt den heiligen Kern des Sport" oder dass "Talent, Gnade Gottes und Fleiß" den Unterschied ausmachen sollten, nicht aufhalten lassen.
Übergreifender Rahmen
Und so plädiert Prof. Dr. Eike Emrich für eine übergreifende Rahmenordnung, die einen scharfen Wettbewerb durchaus ermöglicht, aber einen klaren Rahmen vorgibt. Die Idee: Jedes Land bestimmt Kontrolleure, die außerhalb ihres Heimatlandes tätig sind. Die Proben sollten anschließend in einem dritten Land ausgewertet werden.
Der Vize-Präsident plädiert dafür, die kontrollierten Substanzen zu reduzieren und eine klare Trennlinie zwischen Drogen- und Dopingproblematik zu ziehen. Die Proben sollten zehn Jahre lang mit den neuesten wissenschaftlichen Methoden überprüft werden: "Sonst verlieren wir den Glauben an die Echtheit der Ergebnisse im Wettbewerb", sagte Prof. Dr. Eike Emrich.
Die Maschen enger ziehen
Auch der DLV-Cheftrainer Jürgen Mallow erteilte dopingwilligen Athleten eine klare Absage: "Der Kampf gegen Doping ist ein Kampf, der sich lohnt. Er ist nicht vergeblich. Es werden sicherlich welche durch die Maschen gehen. Aber wir müssen das Netz engmaschiger und intelligenter machen. Ob die deutsche Leichtathletik dopingfrei ist? "Ich schließe keine positiven Dopingkontrollen aus", sagte der Generalsekretär Frank Hensel.
Der Vize-Präsident Prof. Dr. Eike Emrich warnte davor, die Athleten nur eindimensional zu betrachten. Stattdessen warb er dafür, den Athleten eine vernünftige Berufsperspektive zu bieten, damit wirtschaftliche Gründe als Grund für Dopingvergehen ausgeschlossen werden können: "Wir haben die Verpflichtung, nicht nur den Sport zu betrachten. Sonst fokussieren wir uns auf eine Dimension des Lebens. Das wird sich in der langen Sicht negativ auswirken."
Bohren dicker Bretter
Prof. Dr. Eike Emrich verschwieg nicht, dass er international mit seinen Vorschlägen zur übergreifenden Rahmenordnung bisher noch nicht auf Gegenliebe gestoßen ist. Und so bleibt der Kampf gegen Doping weiterhin schwer. Das Bohren dicker Bretter muss fortgesetzt werden, aber immer mit dem Gedanken im Hinterkopf: Mit moralischen Wertvorstellungen wird man dopingwilligen Athleten niemals beikommen können.
Der Strafmaßnahmenkatalog muss so schwerwiegend sein, dass er Athleten in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht, dass der Kosten-Nutzen-Vergleich den Gedanken an Doping ausschließt. Nur dann macht es Sinn, über Rahmenordnungen, Koordinierung der Kontrollen und die Menge der kontrollierten Substanzen zu diskutieren. Moralische Appelle helfen dort sicherlich nicht weiter.