Karoline Köhler - „Springende Sprinterin“
Die Wattenscheiderin Karoline Köhler gehört zu den „Allroundtalenten“ in der deutschen Leichtathletik. International hat sie im Nachwuchsbereich Medaillen im Dreisprung und mit der Sprintstaffel gewonnen. Im März näherte sich die 25-Jährige mit 6,50 Metern bis auf zwölf Zentimeter der WM-B-Norm im Weitsprung. leichtathletik.de sprach mit der in den USA lebenden Studentin über den Wechsel zwischen den Disziplinen und ihre Ziele für das WM-Jahr.
Karoline Köhler, mit 6,50 Metern sind Sie sehr früh in der Saison im Weitsprung schon sehr weit gesprungen. Haben Sie damit gerechnet, schon im April eine Bestleistung aufstellen zu können?Karoline Köhler:
Eigentlich nicht, denn dies war erst mein zweiter Weitsprung-Wettkampf innerhalb eines Jahres (seit April 2008). Nachdem ich bei meinem einzigen Hallen-Weitsprung immerhin schon auf 6,37 Meter geflogen war, habe ich schon gehofft, dies in der laufenden Saison zu toppen! Ich hätte aber nicht gedacht, dass es beim ersten Versuch schon klappt, vor allem weil die äußeren Bedingungen nicht optimal waren.
Als Dreispringerin waren Sie Vierte bei der U18-WM, mit der 4x100-Meter-Staffel Zweite bei der U23-EM, jetzt das gute Weitsprung-Ergebnis – als was sehen Sie sich? Als Sprinterin, Weit- oder Dreispringerin?
Karoline Köhler:
(lacht) Das ist immer eine schwierige Frage, aber mein Herz führt mich immer zurück auf die Laufbahn und nicht an die Grube. Demnach sehe ich mich selbst wohl als springende Sprinterin.
Wieso liegen Ihnen die 100 Meter so am Herzen?
Karoline Köhler:
Das ist die einzige Disziplin, in der ich mir auch Zahlen (Zeiten) als Ziele setze. Mein Dad hat immer gesagt: das ist die Königsdisziplin. Seitdem habe ich das im Ohr. Trotzdem denke ich auch, dass mir der Weitsprung die besten Möglichkeiten gibt, Sprint und Sprung zu verbinden.
Im vergangenen Jahr haben Sie bei den Deutschen Meisterschaften auf den Dreisprung verzichtet, um sich über die Sprints für die Staffel zu qualifizieren, wurden dann aber nicht nominiert. Wie enttäuscht waren Sie, die Olympischen Spiele verpasst zu haben?
Karoline Köhler:
Ehrlich gesagt... sehr. Selbst während und direkt nach der Meisterschaft hatte ich auf gute Chancen gehofft. Allerdings konnte ich mir selbst nichts vorwerfen. Ich habe die richtige Entscheidung getroffen und auf den Dreisprung verzichtet. Auch meine Leistungen waren akzeptabel. Vielleicht hat nur ein bisschen Glück gefehlt.
Um für die Staffel nominiert zu werden, muss man an Staffel-Maßnahmen des DLV teilnehmen, um vor allem die Staffelübergaben zu trainieren. Sie wohnen aber in den USA. Haben Sie schon einmal überlegt, für bestimmte Maßnahmen nach Deutschland zu reisen?
Karoline Köhler:
Natürlich habe ich mal darüber nachgedacht, aber das Problem dabei ist, dass ich von Anfang Februar bis Mitte Juni fast jedes Wochenende Wettkämpfe habe und das mit der Uni auch kompliziert würde. Ich kann keine lange Auszeit nehmen und ein kurzer Trip würde sich nicht lohnen.
Seit wann leben Sie in den USA? Und wie kam es dazu?
Karoline Köhler:
Ich bin hier seit Januar 2007. Es waren viele Faktoren die dazu geführt haben, aber hauptsächlich brauchte ich eine Veränderung.
Wo genau und was studieren Sie?
Karoline Köhler:
Ich studiere in San Diego International Economics mit Psychologie im Nebenfach.
Wie lange haben Sie noch vor, in den USA zu bleiben?
Karoline Köhler:
Ich will 2010 auf jeden Fall meinen Abschluss machen. Was danach passiert, steht in den Sternen.
Welche Ziele haben Sie sich für 2009 gesetzt?
Karoline Köhler:
Im Moment arbeite ich an meiner letzten College-Saison, die ich so erfolgreich wie möglich gestalten möchte. Bis Juni wird darauf mein Hauptaugenmerk liegen. Natürlich haben die Deutschen Meisterschaften und auch die WM einen Platz in meinem Kalender, allerdings habe ich meine Ziele dafür noch nicht genau definiert. Es wird von meinem Saisonverlauf, aber auch von Nominierungskriterien abhängen.
In welcher Disziplin peilen Sie eine Qualifikation für die WM in Berlin an? Im Weitsprung fehlen jetzt ja nur noch zwölf Zentimeter zur B-Norm...
Karoline Köhler:
Ich habe meine größten Chancen immer in der Staffel gesehen. Aber mal schauen, ob vielleicht auch im Weitsprung noch etwas passiert. Ein bisschen Zeit habe ich ja noch.
Haben Sie im Sommer auch Wettkämpfe in Deutschland eingeplant?
Karoline Köhler:
Ab Mitte Juni kann ich für Deutschland planen. Welche Wettkämpfe das dann genau sein werden, weiß ich noch nicht.
Wie sieht generell die Saisonplanung aus?
Karoline Köhler:
Im Moment konzentriere ich mich auf meine College-Saison, wo ich mich am Ende auch in der nationalen „Weltelite“ der USA beweisen möchte.
Die meisten deutschen Athleten sind gerade im Trainingslager. Haben Sie sich auch abseits von San Diego auf die Saison vorbereitet?
Karoline Köhler:
Die Semester lassen keine Trainingslager zu. Ich sehe es immer so als ob ich von September bis Januar im Trainingslager bin, da dort alle Grundlagen gelegt werden. Denn zur jetzigen Zeit treibe ich mich schon auf Wettkämpfen herum.
Die USA sind dafür bekannt, dass man sehr viele Wettkämpfe bestreitet. Ist das bei Ihnen auch so?
Karoline Köhler:
Ja, definitiv! So ziemlich jedes Wochenende bin ich auf einem Wettkampf.
Liegt Ihnen das und sind Sie gleich von Anfang an damit zurechtgekommen?
Karoline Köhler:
Nein, nicht gleich von Beginn an. Es zehrt ganz schön an den Kräften, aber ich habe mich jetzt daran gewöhnt. Allerdings versuche ich, ab und zu mal eine Pause zu bekommen.
Gibt es ein „typische deutsches“ und „typisch amerikanisches“ Training?
Karoline Köhler:
Der größte Unterschied für mich ist ein mehr allgemein athletisches Krafttraining, was viele Deutsche überhaupt nicht denken. Ich habe hier bis jetzt noch keine Erfahrungen mit extremem Krafttraining gemacht. Mein Krafttraining ist „leichter“ geworden. Im Allgemeinen bin ich aber auch belastbarer geworden.
Gibt es etwas, das Sie in den USA gelernt und von dem Sie profitiert haben, was Sie in Deutschland im Training wohl nicht erlebt hätten?
Karoline Köhler:
Teamgeist! Hier ist selbst Leichtathletik ein Teamsport, bei dem man auch mal mehr Disziplinen bestreitet als einem lieb ist. Das hat mein Bild über meinen Sport und den Glauben an mich selbst geändert.
Glauben Sie, Ihre sportliche Entwicklung wäre in Deutschland anders verlaufen?
Karoline Köhler:
Das ist gut möglich, ich wäre auf jeden Fall nicht mehr gesprungen! 2004 hatte ich mit dem Springen schon aufgehört. Ich hatte mich nicht mehr wirklich weiterentwickelt und habe auch ständig mit chronischen Schienbeinproblemen gekämpft. Deswegen hatte ich mich zu diesem Schlussstrich entschieden. Ich bin komplett zum Sprint gewechselt und wäre wahrscheinlich auch dabei geblieben, wenn ich in Deutschland geblieben wäre. Kein Weg hätte für mich zurück zur Grube geführt.
Im Winter haben Sie Ihre deutsche Jugend-Hallen-Bestleistung im Dreisprung an Kristin Gierisch verloren. Hat Sie das geärgert?
Karoline Köhler:
Natürlich habe ich gehofft, er würde länger halten. Aber das ist das Schöne: Rekorde sind da, um gebrochen zu werden. Das sollte jedermanns Ziel sein. Außerdem zeigt es, dass es uns nicht an Nachwuchs fehlt... und das ist ein schöner Trost.