Karriereende wegen fehlender Perspektiven
In vielen Sportarten müssen Athleten keine Rekorde und Titel sammeln oder permanent im Rampenlicht stehen, um finanziell abgesichert zu sein. Oftmals reicht es gerade in Mannschaftssportarten, die zugewiesene Rolle auszufüllen. Leichtathleten als Einzelkämpfern ergeht es da anders.
Julia Wiechmann hat ihre Karriere beendet (Foto: Chai)
Sie müssen sich ihre Reputation fast ausschließlich über eigene Leistungen, die in der Öffentlichkeit wahrgenommenen werden, verdienen. Zumindest dann, wenn sie von ihrem Sport mit Hilfe der Sportförderung oder von Sponsoren leben wollen. Die 22 Jahre alte Kugelstoßerin Julia Wiechmann vom OSC Berlin hat den Glauben, diesen Status noch erreichen zu können, aufgegeben und ihre Karriere beendet. Die B-Kader-Athletin und mehrmalige deutsche Meisterin im Juniorinnen-Bereich konzentriert sich nun voll auf ihre berufliche Zukunft. Bisher hatte die gelernte Kauffrau 20 Stunden in der Woche in Teilzeit bei einer Berliner Brillen-Firma gearbeitet und 20 Stunden trainiert. "Damit war ich am Limit", sagt sie.
Zu starke Konkurrenz
Während ihrer Ausbildung ließen sich Leistungssport und Arbeit noch gut miteinander verbinden. Die Berlinerin absolvierte mit Hilfe des dortigen Olympiastützpunktes eine speziell auf Leistungssportler zugeschnittene, auf vier Jahre ausgedehnte, schulische Ausbildung mit mehreren Praktika. Doch im regulären Arbeitsleben war eine Vollzeitbeschäftigung bei gleichzeitiger Ausübung ihres Sports Utopie.
Zudem haben die junge und aufstrebende Konkurrenz im deutschen Frauen-Kugelstoßen in Julia Wiechmann die Überzeugung reifen lassen, dass ein Vordringen an die nationale Spitze nicht mehr möglich sein wird. Dies wäre aber nötig gewesen, um eine höhere Förderung zu erreichen, die ihr als Leistungssportlerin die nötige finanzielle Sicherheit verschafft hätte.
Schlussstrich nach Junioren-DM
"Wenn ich sehe, wer dieses Jahr bei den Deutschen Meisterschaften alles gefehlt hat, und dass ich beim nächsten Mal vielleicht Zwölfte werden würde, dann macht es keinen Sinn mehr", sagt sie. Die DM-Vierte (16,46 Meter) von Ulm und ehemals Vierte der U20-Europameisterschaften hatte überdies das ganze Jahr gesundheitliche Probleme, so dass Ende August nach den Deutschen Juniorenmeisterschaften in Bautzen der Zeitpunkt gekommen war, einen Schlussstrich zu ziehen und die Karriere zu beenden.
Ohne die Einschränkungen durch die hohe Trainingsintensität konnte sie dann auch das Angebot einer Vollzeitstelle bei ihrem Arbeitgeber annehmen. Für Julia Wiechmann ein persönlicher Erfolg, ganz ohne Titel und Rekorde.