Karsten Kobs reiht sich wieder in Weltspitze ein
Lange, ja, man ist fast geneigt zu sagen, schon zu lange, jagte der beste deutsche Hammerwerfer, Karsten Kobs, in diesem eigentlich noch jungen WM-Sommer der Norm für Paris hinterher. Im neunten größeren Wettkampf des Jahres klappte es endlich für den Leverkusener. Beim Europacup in Florenz konnte er am vergangenen Wochenende so richtig was für das eigene Ego tun.
Florenz erlebte einen strahlenden Karsten Kobs (Foto: Chai)
Seine Jubelschreie waren wohl am Samstagnachmittag weit über das Rund des neuen Stadions "Luigi Ridolfi" hinaus zu hören. 79,22 – 80,63 – 80,42 – 79,82, so lauteten die erfreulichen Koordinaten seiner Meter-Serie. Jeder dieser vier Würfe hätte gereicht, um den Vergleich mit seinen sieben Konkurrenten aus den insgesamt stärksten europäischen Leichtathletik-Nationen für sich zu entscheiden. "Beim Einwerfen hatte ich plötzlich wieder das Gefühl", machte es Klick, "da habe ich gemerkt, ich muss etwas daraus machen. Jetzt ist die WM-Norm endlich weg, die mir schon seit März im Kopf rumspukte."Damit ist der Ex-Weltmeister wieder im Geschäft und hat sich auf internationalem Terrain etwas neuen Respekt verschafft. Auf Platz fünf liegt er in der Weltjahresbestenliste, die man zu diesem frühen Zeitpunkt natürlich noch nicht überbewerten sollte. Doch für Karsten Kobs war es ein wichtiger Wettkampf, nachher hatte er viel zu sagen und zu erzählen, was bei in den letzten Jahren hin und wieder nicht so war. Beim Sparkassen DLV-Meeting in Dortmund gab er kürzlich gar sein Flash-Interview schriftlich zu Protokoll. "Ich war nicht da", stand da auf dem Block.
Mehr richtig als falsch
Doch jetzt ist er wieder da. "Wenn es leicht aussieht, macht man mehr richtig als falsch", berichtete er in Italien den Neugierigen, "bei jeder Drehung hat diesmal nur ein einziger Millimeter gefehlt, dann wäre ich wieder bei meiner Bestleistung angelangt." Diese liegt bei 82,78 Metern und stammt aus dem Jahr 1999. Jenem Jahr, in dem er in Sevilla auch Weltmeister wurde. Sevilla und Florenz, das waren auch die zwei internationalen Ereignisse, bei denen der 31-jährige in den letzten Jahren als Sieger den Ring verließ.
Das wiedergewonnene Gefühl des Erfolges weckte auf Florenzer Boden rasch neue Energien in ihm. Aber auch Raum für Aberglauben eröffnete sich: "Erstmals habe ich nur im Trikot geworfen, vielleicht sollte ich das beibehalten." Karsten Kobs gehört schon zu jenen Athleten, die mal Kleinigkeiten ändern, wenn es nicht so läuft oder etwas beibehalten, wenn es gut klappt. Aus diesem Grund verweigerte er vor der EM in München auch Presseinterviews und las keine Horoskope mehr, weil er dachte, das hätte ihm im Jahr zuvor bei der WM in Edmonton Pech eingebracht und er es als schlechtes Omen nahm.
Lockerheit das Erfolgsrezept
Doch jetzt ist manches anders, die Enttäuschung bei der Europameisterschaft im eigenen Land ist abgehakt, Karsten Kobs spricht wieder und er weiß, was er Ende August bei der WM in Paris anders machen möchte: "Die Konsequenz bei der WM in Paris muss ein, eine gute Quali zu machen und diese zu überstehen", stellt er heraus, "die Lockerheit könnte ein Erfolgsrezept sein. Dann läuft es auf einmal."
Freunde hatten ihm jüngst ein Motto mit in den Ring gegeben, das er beherzigte. Und er versäumte es nicht, sich dafür nach seinem Coup in Florenz bei den sich bietenden Gelegenheiten öffentlich zu bedanken: "Diejenigen, die gemeint sind, wissen es schon. Ich sag nur: rein und drauf!" Beim Europacup hat es geklappt, bei den Deutschen Meisterschaften in Ulm, auf die er sich für das nächste Wochenende nicht mehr besonders vorbereiten will, hat er gleich die nächste Gelegenheit diese neue Parole zu üben. Denn er sagt selbst: "Was anderes gibt es nicht."
Karsten Kobs ist wieder da in der Hammerwurf-Welt. Das ist nicht nur dem DLV-Vize-Präsidenten Rüdiger Nickel aufgefallen. Er sagt: "Karsten Kobs hat endlich wieder den Anschluss und Rhythmus und Gefühl für das Werfen gefunden." Na also, willkommen zurück!