Keine TV-Übertragung von der WM?
Ein deutscher Sieg bei der Leichtathletik-WM 2011 in Südkorea - und zu Hause sieht es keiner. Den deutschen Sportfans droht nach aktuellem Stand der Dinge bei der WM ein schwarzer Bildschirm. Nur noch ein paar Wochen, dann könnte die Schreckensvision unabwendbar sein: Deutschlands Sportfans droht während der Leichtathletik-WM 2011 im südkoreanischen Daegu (27. August bis 4. September) ein schwarzer Bildschirm.
„Bis Ende des Jahres muss zwischen unserem Partner IEC und einem deutschen TV-Sender ein Vertrag geschlossen werden, sonst wird niemand im Lande die Erfolge unserer Athleten in Südkorea am Bildschirm miterleben. Die Gefahr ist ganz klar da, aber wir wollen sie abwenden“, sagt Prof. Dr. Helmut Digel, als Council-Mitglied des derzeit in Monte Carlo tagenden Leichtathletik-Weltverbandes IAAF zuständig für Marketing und Fernsehen.Konkret: Entweder bringt die im IAAF-Auftrag für den europäischen TV-Markt zuständige Agentur IEC vor Jahresende noch einen Kontrakt mit den Öffentlich-Rechtlichen ARD/ZDF oder dem privaten Sender Sport1 zustande - oder die WM wird in Deutschland, dem laut Prof. Dr. Helmut Digel weltweit wichtigsten nationalen TV-Markt in der Leichtathletik, unsichtbar bleiben. So war es bereits im März bei der weit weniger hochkarätigen Hallen-WM in Doha (Katar).
IAAF lehnte EBU-Angebot als inakzeptabel ab
Ausgangspunkt des Problems: Erstmals seit 1990 kam zwischen der IAAF und der European Broadcasting Union (EBU) kein Vier-Jahres-Vertrag zustande, weil die EBU laut Prof. Dr. Helmut Digel „nur einen Bruchteil dessen zahlen wollte, was ihr die Rechte in der Vergangenheit wert waren. Unser Präsident Lamine Diack hat das EBU-Angebot damals als völlig inakzeptabel bewertet.“
Dabei habe die IAAF, so Helmut Digel, ihr Produkt, vor allem die Präsentation von WM und Hallen-WM, nach den Wünschen der EBU über Jahre optimiert. „Und es gab auch keinen Preisverfall, der ein solch niedriges Angebot gerechtfertigt hätte. Im Gegenteil: Es gab ausgezeichnete Einschaltquoten bis hin zur WM 2009 in Berlin. Die Leichtathletik ist bei Olympia weiter Nummer eins, und Sprinter Usain Bolt gilt als DER Weltstar.“
Rechte können nicht verschenkt werden
Statt eines für sie inakzeptablen EBU-Vertrages strebte die IAAF dann Kontrakte mit den einzelnen nationalen Partnern in Europa an. Prof. Dr. Helmut Digel: „Doch ARD und ZDF wollten ähnlich hohe Abstriche machen wie zuvor die EBU. Dabei waren wir ihnen angesichts ihres Zieles der Kostensenkung schon um 20 Prozent entgegengekommen. Diese beiden Anstalten müssen sich mal fragen, welchen Auftrag und welche Informationspflicht sie eigentlich haben.“
Möglich, dass die Dinge sich so entwickeln wie in Großbritannien, wo der private Sender Channel4 zur Überraschung des bisherigen Partners BBC den Zuschlag erhielt. Prof. Dr. Helmut Digel: „Channel4 hat ähnliche Marktanteile wie die BBC und überträgt die WM täglich ein bis zwei Stunden live sowie abends eine Stunde in der Primetime.“
Ähnlich wie ARD/ZDF muss sich auch die IAAF die Frage gefallen lassen, welche Verpflichtung sie gegenüber ihren Sportfans hat, wenn sie am Ende den schwarzen Bildschirm riskiert. Prof. Dr. Helmut Digel: „Die IAAF kann auch mit Blick auf ihre anderen TV-Partner ihre Rechte auf dem deutschen Markt nicht verschenken. Wenn wir uns auf ein solches Niveau begeben, stürzt das ganze Konzept der IAAF ein. Darum wäre eine WM ohne Fernsehbilder in Deutschland eher akzeptabel.“
Quelle: Sport-Informations-Dienst (sid)