Kenenisa Bekele auf den Spuren von Miruts Yifter
Das Double ist sein großes Ziel. Kenenisa Bekele träumt von seiner zweiten Goldmedaille. Den Doppel-Triumph über 5.000 und 10.000 Meter bei Olympischen Spielen hat letztmals einer seiner Landsleute geschafft: Miruts Yifter, einer der erfolgreichsten Läufer Äthiopien. 1980 in Moskau schlug seine Stunde, als er seine Gegnerschaft auf beiden Distanzen mit ständigen Tempowechseln zermürbte.
Gelingt Kenenisa Bekele über 5.000 Meter die WM-Revanche gegen Eliud Kipchoge und Hicham El Guerrouj? (Foto: Hörnemann)
Nach seinem überlegenen Sieg über 25 lange Runden im Olympiastadion von Athen ist Kenensisa Bekele heute Abend der Favorit Numero eins. Wieder muss er sich mit seinen alten Mitstreitern auseinander setzen. Eliud Kipchoge (Kenia) und Hicham El Guerrouj (Marokko), die ihm bei der WM in Paris auf den letzten, den entscheidenden Metern davon gespurtet sind, wollen auch diesmal seinen Plan durchkreuzen."Ich hoffe jetzt auf ein besseres Resultat", sagte der 22-jährige Äthiopier, "ich bin auch ganz zuversichtlich und habe mich mit den Trainern beraten, wie ich die andern am besten schlagen kann."
Wertvolle Tipps
Dr. Woldemeskel Kostre, der alte Fuchs, hat ihm wertvolle Tipps mit den Weg gegeben, damit es ihm besser ergeht als zwölf Monate zuvor im "Stade de France", wo ihm lediglich Bronze geblieben war.
In Paris wollte Kenenisa Bekele noch als Erster beide Langstrecken bei einer WM gewinnen. Das klappte nicht! In der Anfangsphase hatte er über 5.000 Meter den Tempomacher gespielt, so dass ihm zum Schluss der gefürchtete Kick fehlte, um Eliud Kipchoge, den Überraschungssieger aus Kenia, und Hicham El Guerrouj, den viermaligen 1.500-Meter-Weltmeister aus Marokko, in Schach zu halten. "Da musste er Lehrgeld zahlen", erinnerte sich Dr. Woldemeskel Kostre, der Nationaltrainer von Äthiopien, "das wird ihm nicht noch mal passieren."
Schwierige Kombination
Natürlich weiß sein ehrgeiziger Schützling, dass er eine Herkules-Aufgabe stemmen muss. "Ja, es ist ein schwierige Kombination", sagte Kenenisa Bekele bereits einen Tag nach seinem Erfolg über 10.000 Meter, "doch ich kann mich sehr schnell erholen." In der Tat! Doppel-Belastungen steckt er leicht und locker weg, wie seine sechs Einzeltitel bei den letzten drei Cross-Weltmeisterschaften eindrucksvoll belegen.
Welch ungeheure Energien in seinem zarten Körper schlummern, bewies er in diesem Sommer. Innerhalb von acht Tagen löschte er die beiden Weltrekorde von Haile Gebrselassie aus. Erst steigerte "Kenny" Bekele die 5.000-Meter-Bestmarke seines Idols in Hengelo um satte 2,01 Sekunden auf 12:37,35 Minuten, dann kreiselte er in Ostrava über 10.000 Meter so rasant um die Kunststoffbahn, davon die letzten fünfzehn Runden im Alleingang, dass seine Wahnsinnszeit von 26:20,32 Minuten exakt 2,43 Sekunden besser war als die vorherige. Beide Rekorde wurden mit 50.000 Dollar Extraprämie fürstlich honoriert.
Nun möchte er mit Miruts Yifter gleichziehen. "Das Doppel 5.000 und 10.000 Meter hat er geschafft", erzählte Kenenisa Bekele, "wenn mir das auch gelingt, würde ich in seine Fußstapfen treten." 1972, als Lasse Viren, der fliegende Finne, beide Goldmedaillen einsackte, holte Miruts Yifter, der einzige Spitzenläufer, der aus dem Norden Äthiopiens stammt, Bronze über 10.000 Meter.
Auf berühmten Fußspuren
1976 boykottierten 22 afrikanische Nationen die Sommerspiele wegen der Apartheid-Politik in Südafrika, womit Miruts Yifter um seine Chance kam. 1980 in Moskau, im hohen Alter von 42 Jahren, so die offizielle Version der Verbandsoberen, doubelte er über 5.000 Meter und 10.000 Meter. 252 Rennen habe Miruts Yifter in seiner Karriere absolviert, berichtete Detlef Moritz Abebe, ein intimer Kenner der Laufszene Äthiopiens, und 221 davon gewonnen.
Kenenisa Bekele, auch ein "Vielfraß" wie Miruts Yifter, der Medaillen und Meriten sammelte wie andere Leute Briefmarken, wandelt heute Abend auf den Spuren seines berühmten Vorläufers.
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