Kenianische Leichtathletik kommt nicht zur Ruhe
Der "East African Standard" kennt keine Gnade mehr. Die Zeitung titelte in dieser Woche: "Die kenianische Leichtathletik ist das Opfer ihrer reichen und selbstsüchtigen Stars." Nach der neuerlichen Pleite bei der Cross-WM ist alles unter Beschuss, was sich bewegt oder vielmehr läuft.
Eliud Kipchoge ist einer der wenigen verbliebenen Titelträger in Kenia (Foto: Hörnemann)
Ex-Stars schimpfen auf die Funktionäre, Trainer auf die Athleten, die Funktionäre auf vieles, die Medien auf alles. Es brennt lichterloh, vor und hinter den Kulissen, doch der Feuerwehrmann ist noch nicht in Sicht.Der Verband ist jedenfalls zum Handeln gezwungen worden. Deshalb kehrt man jetzt auch wieder zum Auswahlsystem mit einer "Wild Card" zurück. Bei den Olympia-Trials am 25. und 26. Juni können sich in Kasarani die beiden Erstplatzieren – und nicht mehr die ersten Drei - für Athen qualifizieren, wenn sie die geforderte Norm anbieten.
Der dritte Startplatz wird dann vom Verband vergeben. Damit will man verhindern, was im letzten Jahr passierte. Der 800-Meter-Weltjahresbeste Wilfred Bungei musste bei der WM in Paris aus der Ferne zusehen, weil er kurzfristig krank wurde und an den Ausscheidungen nicht teilnehmen konnte. Zu den Titelkämpfen wäre er längst wieder fit gewesen, doch der Zug war abgefahren.
Abfall bereits seit 1999?
Zur Erinnerung: Kenia holte im letzten Sommer nur vier Medaillen, eine Katastrophe für die ambitionierte Läufernation, die nach Ansicht des "East African Standard" bereits seit 1999 immer mehr abfällt. Das Fiasko bei der Cross-WM in Brüssel war nun vor drei Wochen aufgrund der Überlegenheit der Äthiopier ein weiterer Nackenschlag, der saß.
Dass die kenianische Leichtathletik jetzt in den Wochen danach weiterhin nicht zur Ruhe gekommen ist, beweist auch, dass sich Kip Keino, Vorsitzender des Nationalen Olympischen Komitees, wieder einmal zu Wort meldete. Er monierte: "Wenn man mich fragt, wurden die Marathonläufer viel zu früh nominiert." Denn diese stehen schon seit ein paar Wochen fest, obwohl die großen Frühjahrsläufe in Boston und London nach gar nicht gelaufen sind. Ein Indiz für eine gewisse Hilflosigkeit?