Kenianischer Triumph beim Coesfelder City-Lauf
James Kiplagat Kosgei reckte im Ziel kurz die Faust in die Höhe und ließ sich feiern von den stauenden Zuschauern, die auf dem Marktplatz Spalier standen. Sein wahnwitzig anmutendes Solo beim 12. Coesfelder City-Lauf über 10.000 Meter beendete er in 30:22 Minuten. "Ich kann noch schneller", sagte der 26-jährige Kenianer und lachte, "meine Bestzeit liegt bei 28:33." Sein ansteckendes Lächeln, werbewirksam vermarktet, würde jedem Zahnpasta-Fabrikanten gefallen.

James Kiplagat Kosgei nimmt den Vorjahressieger Manuel Meyer ins Visier (Foto: Hörnemann)
Wenn James Kiplagat Kosgei lächelt, und nach seinem Triumph lächelte er fast nur, entblößt er zwei Reihen schneeweißer Zähne. Er hatte sich durchgebissen, hatte seinen beiden Wegbegleitern, Samuel Isaak (LAZ Rhede) und Vorjahressieger Manuel Meyer (TV Wattenscheid 01), die ihm bloß auf der ersten von vier Runden mit Müh' und Not folgen konnten, den Nerv gezogen durch sein scharfes Tempo.Der Streckenrekord (29:42 min) von Lokalmatador Mark Ostendarp, 1997 in Athen WM-Neunter über 3000 Meter Hindernis, blieb dennoch bestehen. Doch dieses Versäumnis durfte man dem dunkelhäutigen Naturburschen nicht anlasten. Denn er hatte alles gegeben und war bis ins Ziel mit vollem Anschlag gelaufen. "Unterwegs", klagte James Kiplagat Kosgei hinterher, "musste ich viele Teilnehmer überrunden." Im Slalomstil wedelte er durch die Riesenmenge und verfehlte daher den Uralt-Rekord, den Mark Ostendarp anno 2000 aufgestellt hatte, um exakt 40 Sekunden.
Anreise per Zug
James Kiplagat Kosgei, der Hauptdarsteller von 1.102 Teilnehmern, die im Zielkanal erfasst wurden, war extra aus der Eifel angereist, wo Paul Boltersdorf, sein Manager, ein Basislager für die Kenianer aufgeschlagen hat. "Per Zug sind wir gekommen", wie er erzählte, "nach der Siegerehrung geht's gleich wieder zurück." Grace Wantiru Kimani, seine Landsfrau, hatte ihn nach Coesfeld begleitet. Auch sie war nicht zu schlagen. Mit 37:00 Minuten musste sie sich allerdings mächtig sputen, weil die Lanstroperin Claudia Heldt, Zweite in 37:08 Minuten, ihr bis zum Schluss dicht auf den Fersen blieb.
In Nairobi ist James Kiplagat Kosgei beheimatet. Er ist eines von unzähligen Lauf-Talenten, die in seiner Heimat wie Pilze aus dem Boden sprießen. Kipchoge Keino, der erste Olympiasieger von Kenia, Moses Kiptanui und Daniel Komen, beide einst Weltmeister und Weltrekordler, und Yobes Ondieki, der erste Mensch, der über 10.000 Meter die 27-Minuten-Schallmauer durchbrochen hat, sind seine großen Vorbilder. Natürlich träumt er davon, so zu werden wie sie. So flott und so erfolgreich. Weltrekorde aufstellen, die Welt erobern, Ehre einlegen für sein Land: für Kenia.
Erfolgreiche Eltern
Das Talent ist ihm auch in die Wiege gelegt worden. Sein Vater heißt Kipsubai Koskei, der 1988 bei der Cross-Weltmeisterschaft im neuseeländischen Auckland Gold mit der Mannschaft und Silber im Einzel erobert hat, bis er 1999 mit gerade mal 50 Jahren an Malaria verstorben ist. Und seine Mutter ist Mary Chemweno, die 1980 als erste Afrikanerin die 800 Meter unter zwei Minuten gelaufen ist.
So gut wie seine Eltern wird James Kiplagat Kosgei nie werden. In Coesfeld bewegte er sich gleichwohl auf der Überholspur und steckte sich zur Belohnung das dickste Preisgeld in die Tasche: 150 Euro. Da strahlte der Sonnyboy mit der tief stehenden Sonne um die Wette. Denn das ist sehr viel Geld in diesem kargen ostafrikanischen Staat, in dem 27 Millionen Menschen bei einer Arbeitslosenquote von über 60 Prozent ein trauriges Dasein fristen.
Am Donnerstag, berichtete James Kiplagat Kosgei dann in aufgeräumter Stimmung, wird er von Düsseldorf den Flieger nehmen. Auf nach Nairobi! Catherine, seine Ehefrau, die daheim auf ihre gemeinsame Farm aufgepasst hat, wird ihren Göttergatten mit ihren beiden Kindern, Söhnchen Kibet und Töchterchen Kimutai, gebührend in Empfang nehmen.
Ergebnisse
12. Coesfelder City-Lauf, 10 km (15.10.2005)
Männer
1. James Kiplagat Kosgei (KEN) 30:22 min
2. Samuel Isaak (LAZ Rhede) 31:03 min
3. Manuel Meyer (TV Wattenscheid 01) 31:30 min
Frauen
1. Grace Wantiru Kimani (KEN) 37:00 min
2. Claudia Heldt (B.V. Teutonia Lanstrop) 37:08 min
3. Ilona Pfeiffer (LT Dissen) 38:34 min