Kenias Läufer weiter in großer Sorge
Die politische Sorge um Kenia wächst weiter. Trotz der Annäherung von Regierung und Opposition gab es auch jetzt wieder neue Unruhen mit fast 50 Toten seit Freitag. Unmittelbar betroffen von den nach wie vor vorherrschenden Gewalttätigkeiten sind weiterhin auch die Läufer. In den letzten Tagen häuften sich neue Hiobsbotschaften aus der Leichtathletik-Szene.

„Alle schauen jetzt mit Sorgen nach Kenia, aber es muss etwas passieren, damit die Verbitterung verschwindet und alles wieder seinen normalen Gang gehen kann“, stellt Richard Kiplagat fest. Er hofft wie John Litei, dass die Politiker zusammenfinden, um an einem Strang zu ziehen: „Sie müssen auch an die Zukunft und die junge Generation denken.“
Er bangt um sein Land, auch als Laufnation. „Normalerweise ist Kenia eine hervorragende Gegend. Für Händler, für Touristen und natürlich für uns Läufer zum Trainieren. Aber im Moment sind die Voraussetzungen für uns Sportler nicht gegeben. Wir haben alle Angst vor dem Training. Durch die Unruhen ist nicht nur der Olympia-Teilnehmer Lucas Sang ums Leben gekommen, sondern auch mehrere jüngere Läufer sind Opfer geworden.“ Richard Kiplagat erzählt davon, dass viele Häuser zerstört werden und selbst auf Kinder keine Rücksicht mehr genommen wird.
Zusammentreffen mit Demonstranten und Kämpfern
Es ist zu vernehmen, dass viele Athleten nur noch nachts zum Laufen aufbrechen. John Litei unterstreicht: „Im Moment können wir nicht vernünftig trainieren. Manchmal bleiben wir in unseren Häusern. Wenn wir trainieren gehen, kann es vorkommen, dass uns Demonstranten oder Kämpfer auffordern mitzumachen. Es ist sehr schwierig, die Karriere als Läufer überhaupt fortzusetzen. Das ist gerade vor Olympia ein großes Problem für uns. Ich hoffe, Gott wird uns helfen.“
Er ist erst in dieser Woche in Europa eingetroffen und schließt nicht aus, in den nächsten Wochen hier zu bleiben, um sich auf die Olympiasaison vorzubereiten. Es sei aber nicht einfach, schließlich weiß er seine Familie zuhause in Kenia, seiner Heimat aus ganzem Herzen.
Privatinitiative für Emmanuel Kibet
Die Hoffnung auf eine baldige Wende gibt John Litei aber nicht auf und er will mit seinen Laufkollegen auch Signale setzen, so weit es ihm möglich ist. „Vielleicht können wir als Sportler unseren Anteil beitragen, wenn wir an großen Wettkämpfen teilnehmen und unser Land repräsentieren.“ Manche wie die frühere Marathon-Weltrekordhalterin Tegla Loroupe gehen einen anderen, offensiven Weg. Sie verschob ihre Reise nach Europa, um in der Heimat zu vermitteln.
Für andere ist an eine Ausreise im Moment gar nicht zu denken. Der ebenfalls in Eldoret beheimatete Langstreckler Emmanuel Kibet berichtete der deutschen Fotografin und Senioren-Leichtathletin Gisela Maubach zuletzt per E-Mail, dass er mit dem wenigen Geld, das ihm zur Verfügung steht, Bedürftigen zu helfen versucht. Die Dürenerin arbeitet nun daran, als private Spendenintiative etwas Mittel zusammen zu bekommen, um auf diesem Weg ihrerseits einen Beitrag zur Linderung der Not leisten zu können.
Medaillen können helfen
Nicht weniger große Sorgen um seine eigentliche Heimat macht sich der jetzt für die USA startende Doppel-Weltmeister Bernard Lagat. „Ich höre natürlich die Nachrichten. Die Lage ändert sich tagtäglich. Es ist sehr traurig. Ich denke die ganze Zeit daran.“
Er glaubt aber, dass sich vor allem die Läufer aus Kenia nicht aufhalten lassen werden. „Ich weiß, dass sie alles tun, was ihnen möglich ist. Wenn sie es zu Olympia schaffen, dann geben sie alles, und die Medaillen, die sie dann holen, werden ihr Land wieder heilen.“
"Brennpunkt Kenia" - Auch im leichtathletik.de-Podcast