Kirsten Bolm in Mannheim verabschiedet
Ihr Karriereende gab die Hürdenläuferin Kirsten Bolm verletzungsgeplagt bereits im September bekannt. Am Mittwochabend wurde sie von ihrem langjährigen Verein, der MTG Mannheim, für den Kirsten Bolm seit 2002 startete, offiziell verabschiedet. „Ich hatte eine wunderbare Karriere und eine super tolle Zeit in Mannheim“, blickte sich sichtlich gerührte zurück.
Mit einer persönlichen Bestzeit von 12,59 Sekunden über 100 Meter Hürden wird sie in den Leichtathletik-Geschichtsbüchern Platz finden.1994 konnte Kirsten Bolm, damals 19 Jahre alt, als Junioren-Weltmeisterin erstmals international auf sich aufmerksam machen. Von 1997 bis 2001 weilte sie studienbedingt in den USA und arbeitete neben dem Sport an ihrem Abschluss Bachelor of Science in Psychology an der Brigham Young University. Trotzdem jettete sie in all den Jahren regelmäßig zu den Deutschen Meisterschaften über den großen Teich und holte sich 2000 und 2001 den nationalen Titel.
Nach der Rückkehr aus den USA folgte der Wechsel von ihrem Vater Michael zu DLV-Disziplintrainer Rüdiger Harksen nach Mannheim und die volle Fokussierung auf den Sport. „Ich konnte mir früher als Norddeutsche nie vorstellen in Mannheim zu landen. Aber rückblickend war es die tollste Zeit meines Lebens“, erzählte Kirsten Bolm. Der Erfolg stellte sich allerdings erst langsam ein, was ihrer Verletzungsanfälligkeit geschuldet war. 2002 sicherte sie sich zwar erneut den Titel bei den Deutschen Meisterschaften und errang bei den Hallen-Europameisterschaften Silber, schleppte sich aber mit Schmerzen am Ichiasnerv durch die Saison.
2003 keine Wettkämpfe
In der Saison 2003 konnte die große Blonde verletzungsbedingt keinen einzigen Wettkampf absolvieren. Der Grund war eine Operation an der Achillesferse. „Ein guter Athlet kommt aus einem verletzungsbedingten Tal gestärkt hervor“, merkte Rüdiger Harksen an. Und Kirsten Bolm kam. Und wie. Die drei darauf folgenden Jahre sollten ihre erfolgreichsten werden.
Kirsten Bolm gelang ein Hattrick bei den Deutschen Meisterschaften, was sie zur unangefochtenen Nummer eins der deutschen Hürdenläuferinnen werden ließ. 2004 sprintete sie sich bei ihrer einzigen Olympia-Teilnahme bis ins Halbfinale. Aber auch die Olympiaqualifikation stand lange auf der Kippe – verletzungsbedingt: Kirsten Bolm nutze nach spätem Saisoneinstieg ihre einzige und gleichzeitig letzte Chance zur Normerfüllung.
Glanzjahr mit Medaille und Bestleistung
2005 folgte ein Glanzjahr mit der Bronzemedaille bei den Hallen Europameisterschaften und Platz vier bei der WM in Helsinki. Im gleichen Jahr stellte sie ihre persönliche Bestzeit von 12,59 Sekunden auf. 2006 konnte Kirsten Bolm noch einmal an dieses Leistungsniveau anknüpfen und erlief sich die Silbermedaille bei den Europameisterschaften im schwedischen Göteborg. Ihr größter Erfolg.
Rüdiger Harksen erlebte mit Kirsten Bolm eine Athletin, die enormer Trainingseifer antrieb. „Sie war schlecht gelaunt, wenn eine Trainingseinheit nicht stattfinden konnte“, erinnert sich der mittlerweile im Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) zum Cheftrainer Track aufgestiegene Rüdiger Harksen. Zu Kirsten Bolms größten Stärken zählte er ihre Wettkampfhärte und ihr Stehvermögen auf der zweiten Streckenhälfte. Lediglich bei der Beschleunigungsphase hatte sie leichte Schwächen. „Sie wollte immer schneller laufen. ‚No speedlimit‘ war ihr Motto. Das ist ihr gelungen. Allerdings zu Lasten ihres Körpers“, bemerkte er.
Nur ein Rennen 2007
Kirsten Bolm schien auch 2007 im Alter von 32 Jahren ungebremst die Weltspitze aufmischen zu wollen, immerhin war sie in den beiden Vorjahren neunmal unter 12,75 Sekunden geblieben und jeweils unter den Top-Ten der Welt in den Bestenlisten zu finden. Doch musste sie nach Bronze bei der Hallen-EM ihren Einstieg in die Sommersaison auf Grund gesundheitlicher Probleme mehrfach verschieben, bevor sie dann Mitte Juni beim Golden-League Meeting in Oslo (Norwegen) ihr erstes Rennen absolvierte – und auch ihr letztes. Denn eine Virusinfektion verhinderte eine Qualifikation für die WM in Osaka (Japan).
Gut erholt wollte Kirsten Bolm die Saison 2008 mit dem Höhepunkt Olympia angehen, doch hartnäckige Achillessehnen-Beschwerden verschoben den Saisonauftakt immer wieder und verhinderten schließlich einen Start ganz. Sie zog den Schlussstrich unter ihre Karriere.
Der Disziplin Hürdenlauf viel gegeben
„Kirsten hat der Disziplin Hürdenlauf unheimlich viel gegeben und ist zum Vorbild vieler junger Mädchen geworden“, befindet Rüdiger Harksen. Kirsten Bolm sprintete sich nicht nur auf der Laufbahn in den Fokus der Öffentlichkeit. Auch neben der Bahn war sie auf Grund ihrer klaren Aussagen und konstruktiver Kritik an Missständen ein gern gesehener Gesprächspartner bei überregionalen Medien.
Die nächsten Monate wird die 33-Jährige zunächst ihr Studium an der Psychologischen Fakultät in Heidelberg mit dem Schwerpunkt Arbeits-, Betriebs-, Organisationspsychologie zu Ende bringen. Ein Einstieg als Trainerin in Mannheim hat sie bereits hinter sich. Dort will sie ihre Erfahrungen an den Nachwuchs weitergeben. Und dann hat sie noch ein neues Hobby: „Ich gehe jetzt reiten.“ Den Hindernissen bleibt sie dann doch irgendwie treu…