| IAAF-Affäre

Nach WADA-Bericht: DLV fordert außerordentlichen IAAF-Kongress

Der Leichtathletik-Weltverband stürzt durch einen zweiten Report der unabhängigen WADA-Kommission weiter in die Krise. Hauptverantwortlich für Korruption und Doping-Vertuschung ist demnach der frühere Präsident Lamine Diack.
dpa/mbn/fc

.Der Imageschaden für den Leichtathletik-Weltverband nimmt neue erschreckende Ausmaße an. Die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA hat der IAAF ein komplettes Versagen im Kampf gegen Doping und Korruption vorgeworfen. Hauptverantwortlicher für die „Organisation und Ermöglichung der Verschwörung“ sei der frühere IAAF-Präsident Lamine Diack. <link https: www.wada-ama.org en resources world-anti-doping-program independent-commission-report-2 _blank>Den kompletten Bericht können Sie hier einsehen.

Als Reaktion auf den Bericht forderte DLV-Präsident Dr. Clemens Prokop die zeitnahe Einberufung eines außerordentlichen IAAF-Kongresses. „Die Korruptionsvorwürfe gegen die alte IAAF-Führung wiegen so schwer und haben die Glaubwürdigkeit des Weltverbandes so nachhaltig erschüttert, das ein Zeichen des Aufbruchs von einer Mitgliederversammlung gesetzt werden soll, auf der die Mitglieder ihre Unterstützung für Coes Reformprogramm zum Ausdruck bringen können“, sagte er. Ferner betonte er: "Unabhängig von dem Wunsch nach einem außerordentlichen IAAF-Kongress unterstützt der DLV Sebastian Coe bei der Aufarbeitung des Korruptions-Skandals." IAAF-Präsident Sebastian Coe sagte in einer ersten Reaktion auf die Kongress-Forderung: „Davon hatte ich bislang noch nichts gehört. Aber ich werde mit Clemens Prokop darüber reden.“

WADA: Korruption wurde ermöglicht

Der WADA-Bericht wurde am Donnerstagnachmittag bei einer Pressekonferenz in Unterschleißheim bei München vorgestellt. Anwesend war auch der im August 2015 als Nachfolger von Diack gewählte Sebastian Coe. Der Brite hatte am Donnerstag im amerikanischen TV-Sender CNN erneut beteuert, dass die IAAF nichts vertuscht hätte. Er selbst habe wegen seines Jobs als Organisationschef der London-Spiele nicht alles wissen können, was in der IAAF gelaufen sei.

Die neuen Erkenntnisse hätten den „kompletten Zusammenbruch der Führungsstrukturen und das Fehlen von Verantwortlichkeit innerhalb der IAAF“ ergeben. Es habe einen „gravierenden Mangel“ an politischem Willen gegeben, Russland mit „dem vollen Ausmaß seiner bekannten und befürchteten Dopingaktivitäten zu konfrontieren“. Auch auf Korruption habe die Führung des Weltverbandes „unzulänglich“ reagiert, wird in dem Bericht der WADA-Kommission festgestellt.

Offizielle sollen profitiert haben

Es gebe Gründe zu der Annahme, dass hochrangige IAAF-Offizielle von Entscheidungen profitiert haben, Weltmeisterschaften an bestimmte Städte oder Länder zu vergeben. Die Korruption habe auch Olympische Spiele betroffen: Aus Mitschriften gehe hervor, dass die Türkei die Unterstützung von Lamine Diack im Bewerbungsprozess um die Olympischen Spiele 2020 verloren habe.

Die Türkei sei nicht bereit gewesen, einen entsprechenden Sponsorenbetrag „von 4 bis 5 Millionen Dollar“ für die Diamond League oder die IAAF zu überweisen. Japan habe diese Summe laut Gesprächsprotokoll dann gezahlt - Tokio erhielt den Zuschlag für die Sommerspiele 2020.

Anklage gegen Diack Senior, Interpol sucht Diack Junior

Im Fokus des zweiten Berichts der WADA-Untersuchungskommission steht der frühere IAAF-Präsident Lamine Diack, der über Jahre Korruption und Vetternwirtschaft betrieben haben soll. So habe der Senegalese zusammen mit seinen eigenen Söhnen und engen persönlichen Beratern eine Art Schattenregierung neben den offiziellen IAAF-Strukturen gebildet. Diesem kleinen Kreis war es laut WADA-Report möglich, wahlweise das große Doping-System in Russland zu vertuschen oder sogar einzelne Athleten zu erpressen.

Der frühere Präsident wurde mittlerweile von der französischen Justiz wegen der Vertuschung von Doping-Fällen gegen Bezahlung angeklagt. Damit soll ermöglicht worden sein, dass russische Athleten trotz positiver Doping-Tests bei den Olympischen Spielen 2012 in London und bei den Weltmeisterschaften 2013 in Moskau an den Start gehen konnten. Am Donnerstag wurde zudem bekannt, dass der Diack-Sohn Papa Massata Diack von Interpol mit einem internationalen Haftbefehl gesucht wird. Auch gegen ihn wird in Frankreich ermittelt.

Pound: „Die Probleme sind zu lösen“

Dem Vorwurf, das IAAF-Council hätte die „Vetternwirtschaft“ des Diack-Clans geduldet, widersprach Professor Helmut Digel vehement. Der Wissenschaftler gehörte der „IAAF-Regierung“ bis August 2015 knapp 20 Jahre lang an: „Wer so eine Behauptung in den Raum stellt, muss die auch belegen. Ich für meine Person weise das in aller Entschiedenheit zurück.“

Richard Pound sagte bei der Präsentation der Ergebnisse: „Der Verlust an Reputation ist der Preis, den die IAAF jetzt zu zahlen hat. Die Probleme sind zu lösen, wenn Russland die Sache ernst nimmt und fokussiert anpackt.“ Mit Blick auf die Olympischen Spiele in Rio sah Richard Pound eine „Herausforderung für die IAAF“, aber er meinte zu erwartenden fairen Wettkämpfen auch: „Das ist das, was die Fans erwarten.“ Passend dazu meinte Richard McLaren auch: „Die Zeit für eine Reform ist jetzt!“

Die unabhängige WADA-Kommission mit Richard Pound (Vorsitz), Richard McLaren und dem deutschen Kriminalbeamten Günter Younger hatte bereits am 9. November 2015 schon einen Bericht ihrer Untersuchungen vorgelegt. Darin war nachgewiesen worden, dass es in der russischen Leichtathletik systematisches Doping und Sportbetrug gegeben hat. Die IAAF suspendierte daraufhin Russlands Verband.

mit Material der Deutschen Presse-Agentur (dpa)

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