| DLV-Laufsymposium 2016

Bestandsaufnahme und neue Impulse für die deutsche Laufszene

Es war der gewünschte Austausch zwischen Laufveranstaltern, dem Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) und Experten der Laufszene. Nach dem ersten Lauf-Symposium des DLV in Siegen zogen der Verband und die Teilnehmer ein positives Fazit. Zwölf Referenten hatten über verschiedene Themen Kurzvorträge gehalten, damit Diskussionen angestoßen und Impulse gegeben.
Michael Wiener / Christian Ermert

Der Deutsche Leichtathletik-Verband hatte eingeladen, und bereits einige Wochen vor dem Start des zweitägigen Symposiums in Siegen war „ausgebucht“ angesagt. Dr. Matthias Reick, DLV-Vizepräsident Allgemeine Leichtathletik, zog ein positives Fazit: „Die Resonanz hat uns begeistert. Sie bestätigt uns, dass es Bedarf für ein solches Zusammentreffen gegeben hat“, erklärte er.

Matthias Reick hob die hohe Qualität der Referenten hervor. „Die anschließenden Diskussionen haben gezeigt, dass wir die Themenauswahl gut getroffen haben.“ Er möchte den Kontakt zu den Laufveranstaltern und Läufern nun intensivieren und die Ergebnisse in seine Verbandsarbeit einfließen lassen. Moderator Prof. Dr. Michael Böhnke, einst DLV-Vizepräsident, bezeichnete das Symposium als „Gipfeltreffen des Laufsports in Deutschland“.

Veranstalter: Impulse für eigene Events

Die Entwicklung des Laufsports, innovative Angebote unter dem Dach des DLV, eine Analyse des Laufmarkts, Versicherungsschutz im Laufsport, Laufveranstaltungen unter dem ökologischen Gesichtspunkt – das waren nur einige Themen. Und sie kamen gut an bei den Teilnehmern.

Philipp Krokowski und Philipp Winter vom Herdecker City-Lauf erhofften sich neue Impulse für ihre Veranstaltung mit einer hohen dreistelligen Teilnehmerzahl. „Die Teilnehmerzahlen stagnieren. Wir wollten uns Eindrücke und Ratschläge holen, wie wir unseren Lauf interessanter gestalten können“, lautete die Zielsetzung der beiden Westfalen. Sie wurden nicht enttäuscht; die eine oder andere Anregung wurde gegeben, um die Laufveranstaltungen in Deutschland attraktiv zu halten.

Teilnehmer-Schwund bei mittelgroßen Läufen

Hinsichtlich der Art und Größe von Veranstaltung befindet sich der Herdecker City-Lauf genau im kritischen Bereich. Denn wie Professor Dr. Roland Döhrn in seiner Analyse des aktuellen Laufmarkts ausführte, sind die ganz großen und ganz kleinen Läufe gegen den insgesamt zu beobachtenden Teilnehmerschwund seit einigen Jahren relativ resistent. Die mittelgroßen Läufe der herkömmlichen Sorte, also der klassische Volkslauf, hat es dagegen schwer.

Döhrn hat in seiner Datenbank rund 500 Laufveranstaltungen in Deutschland erfasst, die er seit 2006 betreibt. Seine Erkenntnisse in den vergangenen Jahren: Die Beteiligung insgesamt steigt nur noch gering, Hindernisläufe wachsen weiter, aber mit einem immer kleiner werdenden Plus; die Teilnehmerzahlen bei Firmenläufen sind in diesem Jahr gesunken nach langer Zeit des Aufschwungs, die Tendenz geht in Richtung kürzerer Distanzen, und das Laufen wird weiblicher.

Im Hinblick auf die Zukunft wies er auf die demografische Entwicklung hin, die auch das Durchschnittsalter bei einem Volkslauf immer weiter steigen lässt. Während die Teilnehmerzahlen insgesamt wohl abnehmen werden, steige die Zahl der Ü60-Athleten in der Ergebnisliste an.

Größere Städte, kürzere Strecken

Dr. Matthias Reick hatte den ersten Vortrag des Symposiums über die Entwicklung des Laufsports im gesellschaftlichen Kontext gehalten. „Die Läufer kommen heute mehr über die Gruppendynamik. Ein Lauf-Event muss ‚in‘ sein. Es entwickeln sich neue Formen, die Zahl der Läufer steigt immer weiter“, führte der Orthopäde aus Bremen aus. Der DLV versuche, diese Events im DLV zu halten oder dorthin zu holen, „auch wenn wir nur auf die Szene reagieren können. In einem Verband mit seinen Gremien geht das nicht anders“.

Die Laufszene habe sich seit den ersten Laufveranstaltungen (1964) und dem ersten Lauf-TREFF (1974) massiv verändert. „Der Wettkampf steht nicht immer im Mittelpunkt. Es gibt Erlebnis- und Firmenläufe. Der Trend geht hin zu größeren Städten und kürzeren Strecken“. Der DLV versuche, Bindeglied zwischen Gesellschaft und Verein zu sein, selbst Veranstaltungen und Laufserien anzubieten und auch bei neuen Formen wie Urban Trail- oder Obstacle-Läufen Regeln und Rahmenbedingungen (z.B. Versicherungsschutz) zu bieten.

Präsentation neuer Event- und Lauf-Formate

Danach wurden die innovativen Angebote unter dem DLV-Dach vorgestellt. Herwig Renkwitz, DLV-Mitglied in den Bundesausschüssen Wettkampforganisation und Laufen, referierte über die Adventure- und Obstacle-Läufe. Mehr als 100.000 Teilnehmer bei 100+ Veranstaltungen liefen in diesem Jahr durch Schlamm und Dreck, ein neues Klientel werde hier für den Laufsport begeistert. Renkwitz nannte als Beispiele Fußball- oder Firmenmannschaften, die Läufe wie den Strongman (erster Adventure-Lauf in Deutschland vor neun Jahren) als Teambuilding-Maßnahmen absolvieren.

Carina Clößner von der Deutschen Leichtathletik Marketing DLM hatte die Urban Trails im Blick. Das Motto hier: Spaß an der Bewegung und, Sport mit Unterhaltungswert in großen Städten. Jörg Stutzke, Präsident der Deutschen Ultralauf-Vereinigung, freute sich über die Entwicklung im Bereich von Strecken oberhalb des Marathons. In den vergangenen zehn Jahren habe sich die Teilnehmerzahl auf knapp 10.000 Athleten verdoppelt, die Zahl der Veranstaltungen mehr als verdreifacht (von 56 auf 185 pro Jahr). Schlüssel zum Erfolg seien Strecken durch die Natur über Stock und Stein mit vielen Höhenmetern. Trails und Sechs-Stunden-Läufe verzeichneten die stärksten Wachstumsraten.

Anregungen quasi von höchster Stelle gab Jürgen Lock, der Geschäftsführer der SCC Events GmbH. Diese veranstaltet unter anderem den größten deutschen Marathon in Berlin. Seine wichtigsten Erkenntnisse für alle Laufveranstaltungen: Die Vorgaben der Behörden für Laufevents werden in Zeiten von Terror weiter steigen, für die Veranstalter verbunden mit einer Kostenexplosion. Große Veranstaltungen müssen nationale Spitzenathleten fördern. Die Laufwelt muss dem heutigen Multisportler etwas bieten („der reine Läufer wird seltener“). Der technische Anspruch wird immer höher (zum Beispiel Livetracking). Eine immer größere Rolle spielt das Strecken-Entertainment.

„Der Mensch ist zum Laufen gemacht“ 

Den zweiten Symposiums-Tag eröffnete am Sonntag Dr. Kristin Behrens mit dem Schwerpunkt Gesundheitssport. Der Mensch sei zum Laufen gemacht, kommentierte die Leiterin der DLV-Fachkommission Prävention & Gesundheit. Und genau das müsse den Menschen bewusst gemacht werden, die inaktiv oder Bewegungsmuffel sind. Die anerkannten DLV-Kurskonzepte „Ausdauer auf Dauer“ und „Laufend unterwegs“ greifen dieses Gesundheitspotenzial auf. Habe man die Menschen für den Kurs bei einem engagierten Übungsleiter gewonnen, dann sei der Weg zum regelmäßigen Sporttreiben im Verein geebnet.

Die passenden, zeitgemäßen Strukturen zum organisierten Laufen, Walken und Nordic Walken in Form der „NRW LaufAkademie“ stellten Hans-Joachim Scheer, Geschäftsführer des Leichtathletik-Verbandes Nordrhein und Michael Blomeier, Leiter der Akademie  und Vizepräsident des Fußball- und Leichtathletik-Verbandes Westfalen, anschaulich vor. Ziel der LaufAkademie ist es, mit einer Stimme in Nordrhein-Westfalen zu sprechen. Die LaufAkademie versteht sich als Dienstleister für die Basis in den Bereichen Qualifizierung, Information und Beratung, Event und Veranstaltung, Qualitätsstandards und Entwicklung.

DLV.net als neuer Veranstalter-Service

Dass ein Marathon auch einen positiven Beitrag zum Klimaschutz leisten kann, verdeutlichte der ehemalige Bundestrainer Marathon und Laufveranstalter Winfried Aufenanger am Beispiel des Kassel-Marathons. Sein Vortrag zu ökologischen Gesichtspunkten von Lauf-Events zeigte diverse Teilbereiche einer Veranstaltung auf, die umweltschonender umgesetzt werden können. Ob die Nutzung von Elektroautos, das Familienticket im öffentlichen Nahverkehr oder die Pastaparty mit Nudeln vom regionalen ansässigen Hersteller – es gebe diverse Möglichkeiten, eine Veranstaltung ökologischer und damit CO2-ärmer zu organisieren.

Achim Bersch, Geschäftsführer des Landesverbandes Rheinland, veranschaulichte, wie das mit dem neuen Portal DLV.net eine bundesweit einheitliche Daten-Plattform einen großen Beitrag dazu leisten kann, die Organisation aller nationalen Läufe zu vereinfachen und zu modernisieren. Veranstalter, Vereine, Verbände und Läufer profitieren erheblich von der neuen Datenbank. Daran anknüpfend präsentierte Christian Ermert, geschäftsführender Chefredakteur laufen.de, wie Laufevents soziale Medien besser und effektiver nutzen können, um bei den Läufern noch mehr Aufmerksamkeit zu erzielen.

Abendprogramm: Läufergala in Krombach

Abschließend verdeutlichte Norbert Brenner, stellvertretender Generaldirektor des DLV, in seinem Vortrag „Rundum sicher – Versicherungsschutz im Laufsport“, welche Versicherungsleistungen den angemeldeten, genehmigten Laufveranstaltungen (und somit auch den Läufern) von Seiten des DLV und seinen Landesverbänden bereit gehalten werden. So wird mittlerweile sogar ein Versicherungsschutz für teilnehmende Nichtmitglieder geboten.

Ein besonderes Highlight stand über die Symposiums-Inhalte hinaus am Samstagabend auf der Tagesordnung: Alle Teilnehmer konnten bei der Ehrung der „Läufer des Jahres“ in der Krombacher Brauerei dabei sein. Vorher gab’s optional ein kleines Läufchen in der herrlichen Natur oder eine Brauereibesichtigung.

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