Lamine Diack - „WM wird Euphorie entfachen“
Lamine Diack, der Präsident des Weltverbandes IAAF, blickt der Weltmeisterschaft in Berlin, die am Samstag (15. August) beginnt, entgegen. Erfahren Sie mehr im Interview mit dem Sportinformationsdienst (sid), das Christian Klaue führte.
Herr Präsident, am kommenden Samstag beginnt die Leichtathletik-WM in Berlin. Was erwarten Sie vom Weltsportereignis des Jahres 2009?Lamine Diack:
Ich hoffe, dass wir den Beweis erbringen können, dass die Leichtathletik die olympische Kernsportart Nummer eins ist. Wir hatten bei Olympia in Peking schon sehr gute Ergebnisse und ich wünsche mir, dass sich das wiederholt.
Das Olympiastadion ist ein traditionsreicher Ort...
Lamine Diack:
Ganz Berlin ist eine Stadt mit Leichtathletik-Geschichte und Deutschland ein Leichtathletik-begeistertes Land. In Berlin hat Jesse Owens 1936 Leistungen erbracht, für die wir ihn heute noch bewundern. Ich bin als junger Mann auch Weitspringer gewesen (Bestleistung: 7,72; Anm. d. Red.). Jesse Owens war mein Idol. Und dann hat Deutschland natürlich sehr erfolgreiche Weltmeisterschaften 1993 in Stuttgart organisiert, an die wir gern zurückdenken.
Erwarten Sie, dass das Stadion ausverkauft sein wird?
Lamine Diack:
Ich glaube schon, dass es voll wird. Ich kann mir nicht vorstellen, dass am zweiten WM-Tag beim 100-Meter-Finale mit Tyson Gay und Usain Bolt das Stadion halbleer ist. Aber es stimmt, dass der Kartenverkauf noch ein ganz kleines bisschen zu wünschen übrig lässt. Ich denke jedoch, die WM wird schnell eine Euphorie entfachen.
Die WM wird auch für Sie als Weltverband richtungsweisend. Ihre Fernsehverträge unter anderem mit der EBU laufen aus. Sind Sie in Sorge?
Lamine Diack:
Wir haben in der Tat einige Schwierigkeiten, die Verträge mit der EBU auf dem gleichen Niveau zu verlängern. Aber so ganz große Sorgen machen wir uns nicht. Wir werden auf jeden Fall weiter im Fernsehen präsent sein. Und wir hoffen, dass die EBU nach einer erfolgreichen WM in Berlin ihre Position revidiert und sagt: Wir können es uns nicht leisten, die olympische Kernsportart zu verlieren. Die behalten wir besser bei uns im Körbchen.
Die WM fand schon in Nordamerika und Asien statt, hauptsächlich aber in Europa. Wann geht die Leichtathletik in Ihre Heimat, nach Afrika?
Lamine Diack:
Ich kann mir vorstellen, dass das schon in den nächsten zehn Jahren soweit ist. Marokko hat sich ja bereits für 2011 beworben. Aber es ist eine Veranstaltung, die große Investitionen verlangt. Wir sind nicht das IOC und können den WM-OKs Geld in die Tasche stecken.
Das IOC lässt keine Dopingsünder mehr bei den jeweils nächsten Olympischen Spielen starten. Auch Sie haben darüber schon nachgedacht. Wann wird es soweit sein?
Lamine Diack:
Das ist im Moment kein Thema. Wir sind der Verband mit den härtesten Dopingstrafen. Für uns ist eine Strafe unter zwei Jahren eigentlich kein Thema. Schauen Sie sich den Fall der sieben russischen Athletinnen an, für die wir beim CAS jetzt Sperren von zwei Jahren und neun Monaten erwirkt haben.
Was tun Sie gegen Doping?
Lamine Diack:
Wir testen auch zwischen unseren Veranstaltungen, wir haben ein Verbandsschiedsgericht und die maximale Strafe von vier Jahren. 1994 hat uns das IOC sogar aufgefordert, unsere Sanktionen zu mildern, damit es eine Harmonisierung der Strafen gibt. Das hat unser Kongress 1995 abgeschmettert und wir mussten viel Lobbyarbeit betreiben, um 1997 Zustimmung zu erhalten. Wir nehmen pro Jahr rund 3.000 Tests vor. Unsere Anti-Doping-Abteilung begann mit drei Mitarbeitern, inzwischen sind es elf. Wenn man dann sagt, die Leichtathletik nimmt den Anti-Doping-Kampf nicht ernst, finden wir es unsererseits ziemlich lächerlich.
Das Problem scheint aber immer noch groß. Zuletzt sind fünf Jamaikaner und sechs Brasilianer erwischt worden...
Lamine Diack:
Ausmerzen können wir das Problem wahrscheinlich nie. Betrüger gibt es immer. In Jamaika gab es bislang keine Nationale Anti-Doping-Agentur, auch in Brasilien nicht. Jetzt gibt es welche. Sie sehen also, dass unser Netz immer dichter wird. Auch die Russen nehmen den Anti-Doping-Kampf jetzt ernst. Denken Sie daran: Wir hatten auch mit den Amerikanern in den 1990er Jahren Probleme, die jetzt behoben sind. Aber natürlich interessieren sich die Leute für die zwei oder drei Prozent positiven Kontrollen.
Quelle: Sport-Informations-Dienst
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