Langsam schneller werden
Laufen will gelernt sein. Schneller laufen erst recht. Wer mit System trainiert, kommt schneller ans Ziel. Die wichtigsten Grundlagen des Ausdauer- und Intervalltrainings...
Selbst wenn Sie keinerlei leistungssportliche Ambitionen hegen, wird eine gewisse Systematik im Training nicht nur Ihre Gesundheit fördern, sondern Ihr Training auch deutlich effektiver machen. Zum besseren Verständnis zunächst ein paar Grundlagen: Vereinfacht kann man sich den Trainingsaufbau im Ausdauersport wie eine Pyramide vorstellen.Trainingsbereiche
Auf der untersten Stufe der Pyramide steht die Grundlagenausdauer (GA1), welche durch ein extensives, also betont lockeres, Ausdauertraining erreicht wird. Sie sollte siebzig bis neunzig Prozent der gesamten Trainingszeit ausmachen. Eine solide Basis im Bereich der Grundlagenausdauer ist eine wesentliche Voraussetzung für eine Leistungsverbesserung und ein Muss für die Verträglichkeit intensiverer Trainingsbelastung. Ein dreimal wöchentliches Ausdauertraining von ungefähr 45 Minuten im extensiven Grundlagenbereich ist besonders geeignet, wenn das Training primär zur Stärkung des Herz-Kreislaufsystems, zur Reduzierung der Blutfettwerte oder zur Aktivierung des Immunsystems dienen soll.
Ideale Ergänzung dazu sind allgemeine Dehn- und Kräftigungsübungen, welchen in Verbindung mit leichtem Ausdauertraining ein besonders hoher gesundheitlicher Nutzen bescheinigt wird. Ein guter Tipp für Einsteiger, um das eigene Tempo richtig einschätzen zu können und die Belastung nicht zu hoch zu wählen: Man sollte sich beim Laufen noch gut unterhalten können. Außerdem sollten die Strecken möglichst flach sein.
Die Ausdauerbereiche
Die nächste Trainingsstufe stellt der intensive Grundlagenbereich dar, auch Grundlagenausdauer zwei (GA2) genannt. Es ist ein Mischtraining, mit dem sich weder Ausdauer noch Schnelligkeit stark verbessern lassen, deshalb ist es für die meisten Läufer nicht sinnvoll, allzu oft in diesem Tempo zu trainieren. Nur Einsteiger, bei denen Stoffwechsel und Muskulatur noch nicht an die Laufbelastung angepasst sind, laufen anfangs gezwungenermaßen im GA2-Bereich.
Es gibt allerdings auch viele Hobbysportler, die sich überschätzen und sich durch ein Training im intensiven Grundlagenbereich um den langfristigen Trainingserfolg bringen. Dem mangelhaft angepassten Organismus fehlt die Fähigkeit, solche intensiven Belastungen optimal zu verarbeiten. So lassen sich zwar kurzfristig oftmals schnelle Leistungsentwicklungen erzielen, auf Dauer wächst jedoch die Gefahr eines Leistungseinbruchs oder gar einer Verletzung oder Krankheit.
Schnelligkeits- und Sprinttraining stellen sowohl das Maximum an Geschwindigkeit als auch an Anstrengung dar. Diese kurzen Programme sind jedoch keineswegs nur für Sprinter geeignet, sondern haben sich auch im Langstreckenlauf als wichtiges Trainingsmittel erwiesen. Meistens wird hier nicht nach Puls gelaufen, sondern ein bestimmter Zeit- oder Streckenabschnitt (z.B. 10 x 200 Meter) schnell zurückgelegt. Einsteiger ins Tempotraining sollten übrigens - so paradox es auch klingen mag - mit diesen kurzen, intensiven Belastungen beginnen (mehr dazu: „Wann Tempotraining Sinn macht“).
Die richtige Abstimmung von Trainingsintensität, -methode und ausreichender Regeneration (Erholung) ist eine hohe Kunst im Sport. Nur wer Trainingsbelastung und Regenerationsphase optimal aufeinander abstimmt, kann auch eine optimale Leistungssteigerung erzielen. Das grundlegende Prinzip eines effektiven Trainings nennt man Superkompensation. Es besagt, dass der Körper nach einer Trainingsbelastung nicht nur die Bereitschaft zur Erbringung des gleichen Leistungsniveaus wiederherstellt, sondern im Verlaufe der Erholung die Leistungsfähigkeit über das ursprüngliche Niveau hinaus steigert und über einen bestimmten Zeitraum auf diesem Niveau hält. Wird dieses höhere Leistungsniveau nun für die neue Trainingseinheit genutzt, zum Beispiel für einen neuen Dauerlauf, kommt es zu einem Zuwachs an Leistungsfähigkeit. Zu schnell aufeinander folgende oder intensive Trainingseinheiten können jedoch auch das genaue Gegenteil bewirken. Es kommt zu einem Übertraining und die Leistung stagniert oder verschlechtert sich sogar.
Aus diesem Grund ist eine ausreichende Regeneration sehr wichtig. Wie schnell man jedoch regeneriert, ist individuell verschieden und hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Deshalb sollten Sie immer genau auf Ihren Körper hören und darauf achten, dass nach einer langen und intensiven Belastung auch eine längere Regenerationsphase folgen muss. Um den Körper nicht auf Dauer zu stark zu belasten, ist es sinnvoll, das Training zu periodisieren, also auf eine Belastungsphase eine Entlastungsphase mit weniger Sport folgen zu lassen.
Außerdem entscheidend für eine schnelle Erholung ist die richtige Ernährung, die besonders kohlenhydrat- und eiweißreich sein sollte. So können die verbrauchten Energiespeicher schnell wieder aufgefüllt werden.
Das wichtigste Training: Die Grundlagenausdauer (GA1)
Eine solide Basis im Bereich der Grundlagenausdauer zählt zu den wichtigsten Voraussetzungen zur Leistungssteigerung. Da intensivere Trainingsbelastungen erst durch die entsprechende Grundlage überhaupt ermöglicht werden, sollte die Grundlagenausdauer mit siebzig bis neunzig Prozent auch den größten Anteil der Gesamttrainingszeit ausmachen. Um für etwas Abwechslung im Trainingsalltag zu sorgen, können Sie neben dem Laufen natürlich hin und wieder auch andere Ausdauersportarten wie Radfahren und Schwimmen mit ins Training einbeziehen.
Besonders für Einsteiger gilt es zu beachten, dass das Grundlagen-Ausdauertraining extensiv, also betont locker, sein sollte. Hier ist kein falscher Ehrgeiz angebracht. Die Strecken sollten möglichst flach sein und man sollte sich während dem Laufen immer noch unterhalten können. Typische GA1-Trainingseinheiten für Einsteiger sind: Gehen, lockeres Traben, Gehen, lockeres Traben und so fort. Das Training wird nicht durch höhere Geschwindigkeit gesteigert, sondern durch Ausbau der Trainingsdauer. Soll das Training primär zu Stärkung des Herz-Kreislaufsystems, zur Reduzierung der Blutfettwerte, zum Stresshormonabbau oder zur Aktivierung des Immunsystems dienen, erreicht man mit einem drei Mal wöchentlichen Ausdauertraining von ungefähr 45 Minuten die gewünschten Effekte. Einen besonders hohen gesundheitlichen Nutzen bringt das Lauftraining, wenn es mit allgemeinen Dehn- und Kräftigungsübungen ergänzt wird.
Weiter fortgeschrittene Läufer laufen 45 bis 90 Minuten in ihrem Grundlagenausdauerbereich oder setzen sich zur Abwechslung zwei bis drei Stunden aufs Rad. Ist ein Marathon anvisiert, sollte pro Woche ein „Long Jog“ von bis zu drei Stunden Dauer (in den Wochen kurz vor dem Marathon) auf dem Programm stehen.
Wichtige Ziele des Grundlagenausdauertrainings
1. Die Verbesserung der aeroben Kapazität – so nennt man die Fähigkeit, bei bestimmten körperlichen Anstrengungen Energie durch die Verbrennung von Fetten und Kohlenhydraten unter Ausnutzung von Sauerstoff zu gewinnen. Es fallen dabei kaum Stoffe wie beispielsweise Milchsäure (Laktat) an, die den Energiestoffwechsel behindernden.
2. Die Ökonomisierung der Lauftechnik
3. Die Muskuläre Anpassung und
4. Die Verbesserung der Herz-/ Kreislaufregulation
Superkompensation
Das Prinzip der Superkompensation haben wir uns aus der Natur abgeschaut, und zwar bei den Raubkatzen. Stellen wir uns einen Gepard vor, der eine anstrengende Beutejagd hinter sich hat, für die er viel Energie aufwenden musste. Nach der Mahlzeit kann man beobachten, dass das Tier für eine lange Zeit in der Sonne oder unter einem Baum döst. Es tankt neue Energie, um bei der nächsten Jagd wieder erfolgreich und im Idealfall noch schneller als beim letzten Mal zu sein.
Obwohl der Mensch diesen natürlichen Rhythmus von extremer Be- und Entlastung verloren hat, verhält es sich bei ihm ganz ähnlich. Unmittelbar nach einer Trainingseinheit, beispielsweise nach einem Dauerlauf, ist unser Körper weniger leistungsfähig als zuvor. Die Muskulatur, Sehnen, Bänder und Gelenke und nicht zuletzt der Kopf wurden bei der Belastung beansprucht, dem Organismus wurde Energie entzogen. Der Körper ist jedoch bestrebt, das Ausgangsniveau schnellstmöglich wieder zu erreichen, die Belastung also zu kompensieren. Hierzu werden verschiedene Mechanismen in Gang gesetzt, vom Auffüllen der Energiespeicher über Reparaturvorgänge am Bewegungsapparat bis hin zum Aufbau neuer Leistungsbereitschaft im Kopf. Der Körper unternimmt alles, um das nächste Mal einer ähnlichen Belastung besser gerecht werden zu können. Das nennt man Superkompensation. Erst in diesem Zustand kann wieder effektiv ein neuer Reiz gesetzt werden, in unserem Beispiel der nächste Dauerlauf. So kommt es schließlich zu einem messbaren Zuwachs an Leistungsfähigkeit. Zu schnell aufeinander folgende oder intensive Trainingseinheiten bewirken jedoch das Gegenteil: Die Leistung stagniert oder wird sogar schlechter.
Periodisierung
Die geplante Abfolge von Be- und Entlastungszyklen nennt man Periodisierung. Die Umsetzung dieses auf den ersten Blick simplen Prinzips erfordert eine ständige kritische Analyse des eigenen Befindens. Fühle ich mich wirklich wieder leistungsfähig oder wäre ich nur gerne wieder einsatzbereit? Fühle ich mich tatsächlich noch müde vom letzten Dauerlauf, oder suche ich in Wahrheit nur eine Ausrede, um das anstehende Training gegen eine Tasse Kaffee bei der Freundin oder einen gemütlichen Fußballabend vor dem Fernseher einzutauschen? Periodisierung macht für alle Sinn, egal ob Einsteiger oder Wettkampfsportler. Eine auf einen Monat bezogene Periodisierung könnte zum Beispiel so aussehen: Steigern Sie über drei Wochen Ihr Trainingspensum oder die Intensität, danach schieben Sie eine Woche mit deutlich weniger Sport ein.
Regeneration
Regeneration (=Erholung) ist genauso wichtig wie das Training selbst. Wann Sie regeneriert sind, sich also wieder eine neue Belastung zumuten können, hängt von der vorangegangen Belastung, aber auch von genetischen und äußeren Faktoren ab. Je länger und intensiver die Belastung war, umso länger dauert auch die anschließende Regenerationsphase.
In der Regenerationsphase müssen Sie aber keineswegs nur auf der faulen Haut liegen, die Erholung kann durch eine sinnvolle Abfolge von be- und entlastenden Trainingstagen und Wochen und durch die aktive Erholung unterstützt werden. Entspannen Sie Körper und Seele bei einem Bade- oder „Wellnessabend“, einem Spaziergang am Abend oder gönnen Sie sich einen Saunabesuch.
Lernen und probieren Sie Entspannungstechniken, wie Autogenes Training, Yoga, Progressive Muskelentspannung oder Atemtechniken. Nicht jeder Mensch kommt mit jeder Methode gleich gut zurecht, deshalb kostet es etwas Zeit und Mühe, herauszufinden, wie Sie sich optimal entspannen können. Haben Sie Ihre Technik jedoch gefunden und perfektioniert, wird sie Ihnen nicht nur bei der sportlichen Regeneration helfen, sondern auch bewirken, dass Sie so manches Alltagsproblem entspannter sehen.
Die intensivste Form der Regeneration für den gesamten Organismus ist der Schlaf. Achten Sie deshalb unbedingt darauf, dass Sie Ihre individuelle Menge an Schlaf bekommen. Individuell deshalb, weil nicht alle Menschen gleich viel Schlaf benötigen. Bei Versuchen konnte gezeigt werden, dass Frauen durchschnittlich mehr Schlaf benötigen als Männer und dass bei zunehmender Trainingsdauer und -intensität der Schlafbedarf ebenfalls steigt.
Die richtige Ernährung
In den ersten zehn Stunden nach einer Trainingseinheit werden im Organismus die verbrauchten Substanzen ersetzt. Kohlenhydratspeicher werden gefüllt, verschiedene Enzyme und Proteine neu hergestellt. In dieser Phase ist vor allem eine kohlenhydrat- und eiweißreiche Ernährung wichtig. Stellen Sie für eine optimale Verwertung der angebotenen Kohlenhydrate unbedingt ausreichend Wasser und Kalium zur Verfügung. Die Kohlenhydratspeicher sind nach zwei bis drei Tagen wieder komplett gefüllt. Die komplette Regeneration der eiweißhaltigen Strukturen kann bis zu zwei Wochen dauern. Hierzu gehören nicht nur die Eiweiße in den körpereigenen Kraftwerken, den Mitochondrien, sondern auch alle Strukturen des Bewegungsapparates – Sehnen, Bänder und Gelenke. Eine zu frühzeitige Belastung dieser Strukturen im noch nicht wieder komplett regenerierten Zustand kann zu Verletzungen führen.
Wann Tempotraining Sinn macht
Laufen Sie problemlos 45 bis 60 Minuten und fühlen sich beim lockeren Lauf unterfordert? Sie merken, dass ihre Leistung stagniert? Dann sind Sie bereit für die ersten Tempoläufe.
Ziel des Tempotrainings ist es, die Muskeln daran zu gewöhnen, dass sie künftig schnell laufen sollen. Sportwissenschaftliche Studien haben ergeben, dass sich mit kurzen Sprint-Belastungen die beste Anpassung an hohe Geschwindigkeiten erzielen lässt. Zudem machen kurze, schnelle Läufe richtig Spaß. Sie werden schnell merken, dass Ihnen danach die lockeren Dauerläufe viel leichter fallen.
Ein Sprint-Programm kann wie folgt aussehen: Sie laufen sich zirka 20 Minuten im lockeren Dauerlauftempo warm, dann sprinten Sie 20 Sekunden – wobei Sie versuchen, erst auf den letzten Sekunden Ihr Maximaltempo zu erreichen. Nach diesen schnellen 20 Sekunden traben Sie 40 Sekunden sehr locker weiter. Zur vollen Minute starten Sie mit dem nächsten Sprint. Sie beginnen mit etwa sechs Wiederholungen und bauen die Zahl der Sprints mit der Zeit auf etwa zwölf Wiederholungen aus. Abschließend laufen Sie sich noch 20 Minuten sehr locker aus. Vergessen Sie nicht, Ihre Oberschenkelvorderseite und Waden zu dehnen.
Wenn Sie ihr Programm auf einer Bahn absolvieren wollen, laufen Sie auf der 400 Meter langen Stadionrunde jeweils die Geraden und traben die Kurven. Für Fortgeschrittene: Sie können die Sprints auch auf dem Stadionrasen diagonal absolvieren. Hier sprinten Sie jeweils von einer Ecke des Fußballfeldes diagonal in die andere Ecke und traben entlang der kürzeren Toraus-Linie. Bei diesem Programm ist die gesprintete Strecke deutlich länger, als die Trabpausen-Strecke.
Um fünf oder zehn Kilometer schnell zu laufen, reicht es aber nicht, sprinten zu können. Und auch einen Marathon lässt sich mit dieser Form des Sprinttrainings kaum überstehen. Deshalb sind für die Vorbereitung einer 10-Kilometer-Strecke Intervall-Läufe, wie beispielweise 3 x 200 Meter, besser geeignet, um die nötige Tempohärte zu bekommen und möglichst lange schnell laufen zu können.
Crescendoläufe
Besonders effektiv für die Marathonvorbereitung ist der so genannte Crescendolauf. Dabei wird nach einem 20-minütigen Warmlaufen die Intensität in den folgenden 20 Minuten bis in den intensiven Dauerlaufbereich erhöht und schließlich für weitere 20 Minuten bis zur aerob/ anaeroben Schwelle gesteigert. Danach sollte man wieder 20 Minuten locker auslaufen. Einen sehr guten Halbmarathon kann man sowohl aus dem Marathon-, als auch aus dem 10-Kilometer-Training heraus laufen.