Lasse Viren - Der fliegende Finne wird Sechzig
Was er vollbrachte, schafften selbst die Lauf-Ikonen Paavo Nurmi und Emil Zatopek nicht: Als einziger Läufer der Welt gewann der „fliegende Finne“ Lasse Viren bei Olympia zweimal in Folge Gold über 5.000 und 10.000 Meter.

Es entspricht dem Naturell des schweigsamen Finnen, dass er den 60. Geburtstag nicht mit einer rauschenden Party begeht. „Ich feiere mit meiner Frau und guten Freunden“, sagt Lasse Viren, der von 1999 bis 2007 für die konservative Nationale Sammlungspartei in Finnlands Parlament saß und jetzt noch kommunalpolitisch in seinem 2.000 Seelen zählenden südfinnischen Heimatstädtchen Myrskylä tätig ist.
Kleine Spedition
Der Ex-Polizist und ehemalige Angestellte einer großen finnischen Bank (1979-92) betreibt heute eine kleine Spedition, oft mit Unterstützung des jüngsten seiner drei Söhne (22/28/32 Jahre). Matti ist der einzige, der sportlich gesehen halbwegs in die Fußstapfen des Vaters trat.
Der war bei seinem ersten Olympiasieg nur ein Jahr älter als Mittelstreckler Matti Viren heute. Mit seiner Bestzeit von 3:47,17 Minuten (Meile 4:09,91) gehört Viren junior zu den Besten im Lande, aber international hat er noch nichts zu bestellen.
Das war damals bei Vater Lasse ganz anders, er stieg wie ein Komet am Langstreckenhimmel empor. Ein Jahr vor dem Doppelsieg von München hatte er bei den Europameisterschaften im heimischen Helsinki als Siebter über 5.000 Meter noch keine große Rolle gespielt. Doch dann trumpfte er sensationell auf und riss Wochen später in Helsinki auch den 5.000-Meter-Weltrekord an sich (13:16,3 min).
EM-Bronze 1974
Außerhalb Olympias gewann er nur eine Medaille: EM-Bronze 1974 in Rom (Italien). In Montreal (Kanada) wollte Lasse Viren das Kunststück fertigbringen, zusätzlich auch noch den Marathon zu gewinnen, doch als Fünfter in 2:13:11 Stunden schlug dies fehl.
Vier Jahre später nahm er in Moskau (damalige UdSSR) erneut Anlauf. Über 10.000 Meter wurde er Fünfter, und als Waldemar Cierpinski aus Halle über die 42,195 Kilometer sein zweites Gold in Serie für die DDR gewann, endete die Karriere von Lasse Viren mit dem Ausstieg.
Ruhe der Natur
„Heute laufe ich gar nicht mehr“, sagt der Finne, aber spricht nicht weiter über die gesundheitlichen Gründe, die zu diesem Schritt führten. „Dafür rennt meine Frau fast täglich zehn Kilometer“, erzählt Lasse Viren, der zur Zeit seiner Siege oft argwöhnisch betrachtet wurde. Zu schnell war er an die Spitze gekommen, dann verschwunden und spektakulär mit weiteren Olympiasiegen wieder aufgetaucht.
Zu Blutdoping-Vorwürfen nahm er jedoch nie wirklich Stellung. Viren erklärte seine Erfolge mit dem Training im Wald: „Die Ruhe der Natur ist ein Faktor, der zur Stärkung der mentalen Kraft beiträgt. Wenn du im Wald läufst, musst du ständig das Tempo und den Laufrhythmus ändern, um zum Beispiel Wurzeln auszuweichen. Das verlangt eine ständige Wachsamkeit, wie im Wettkampf.“
Quelle: Sport-Informations-Dienst