Laufen mit Biss
Entzündete Sehnen? Schmerzen im Rücken? Ursache: unbekannt. Nicht selten haben Mediziner keine Erklärungen für Ihre Probleme parat. Vielleicht fragen Sie demnächst mal Ihren Zahnarzt.
Es gibt sie tatsächlich: die Sport-Zahnmedizin. Sie ist jung, dynamisch und erfolgreich. Sport-Zahnmediziner beschäftigen sie mit den Zusammenhängen von sportlicher Leistungsfähigkeit - oder deren Ausbleiben - und Zahngesundheit. Dieser Herausforderung stellt sich in Deutschland zum beispiel die Haranni-Clinic in Herne.Bei sportlichen Großveranstaltungen wie den Olympischen Spielen oder den Fußball-Weltmeisterschaften sind stets Zahnärzte dabei. Das ist auch notwendig, denn: „40 Prozent aller Teilnehmer an einer sportlichen Großveranstaltung benötigen eine zahnärztliche Therapie“, meint Dr. Koch, Leiter der Haranni-Clinic in Herne. „Sie sollten zum Zahnarzt gehen".
Schließlich sind sportliche Höchstleistungen mit Zahnproblemen nur schwer zu erbringen. Auch die Regenerationsfähigkeit des Körpers nach einer Verletzung, zum Beispiel nach einem Beinbruch, kann verringert sein, wenn gleichzeitig eine Zahnerkrankung vorliegt. Das liegt daran, dass sich das Abwehrsystem dann um zwei Baustellen gleichzeitig kümmern muss.
Fernwirkung auf den Bewegungsapparat
Zwölf Millionen Deutsche haben eine Fehlstellung des Unterkiefers zum Oberkiefer. Kiefergelenkprobleme haben aber eine Fernwirkung auf den Bewegungsapparat, die das beste Lauftechniktraining wirkungslos werden lassen kann. Ein falscher Zusammenbiss der oberen und unteren Zähne kann nämlich nicht nur zu Kiefergelenkknacken, Zähneknirschen, Kopfschmerzen, Nackenverspannungen und Ohrgeräuschen (Tinnitus) führen. Sondern auch reflektorisch zu einem Beckenschiefstand. Und ein Beckenschiefstand wiederum bringt die Knie-, Hüft- und Fußgelenke in eine selbstzerstörerische Position. Auch die Wirbelsäule verkrümmt sich als Folge des Beckenschiefstandes. Rückenschmerzen und Bandscheibenprobleme treten auf.
Leistungsabbau trotz ausgefeilter Trainingspläne, muskuläre Beschwerden, schnelle Erschöpfbarkeit, Kopfschmerzen, Allergien und Konzentrationsstörungen können ihre Ursache in einer Unverträglichkeitsreaktion des Körpers auf Dentalmaterialien finden. Ob Amalgam, Gold, Platin oder Kunststoff: Immer gelangen Spuren dieser Substanzen in den Stoffwechsel.
Chronische Erkrankungen durch Zahnprobleme
Auch unterschiedliche Metalllegierungen im Mund beeinträchtigen möglicherweise die sportliche Leistung: Es findet dann ein verstärkter Elektrolytfluss zwischen den Legierungen statt. Man spricht vom „Batterieeffekt.“ Wurzelbehandelte (tote) Zähne, tiefe Karies und Störfelder im Zahn- und Kieferbereich können ebenfalls für Rheuma, Immunschwäche und andere chronische Erkrankungen verantwortlich sein.
Wer läuft, bringt Herz und Kreislauf in Schwung. Aber nur mit gesundem Zahnfleisch: Die Folgen einer unbehandelten Paradontitis sind Abbau des Kieferknochens, Lockerung der Zähne und Zahnverlust. Die bakterielle Infektion bleibt jedoch nicht auf das Zahnfleisch beschränkt. Durch den Blutkreislauf können die Keime auch an andere Stellen des Körpers gelangen, hier Entzündungen auslösen und Allgemeinerkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall und Diabetes begünstigen.
Das Anliegen der Sport-Zahnmedizin sind die Verbesserung und der Schutz der Gesundheit, der Erhalt der Leistungsfähigkeit und die Anleitung von Sportlern zur Selbsthilfe. Die Mediziner kümmern sich um das Erstellen von Hilfsmitteln für die Mundhöhle, wie zum Beispiel von Aufbissschienen, sowie notfalls um die Korrektur zahnärztlicher Leistungsergebnisse.
Regelmäßiger Besuch beim Zahnarzt ist Pflicht
Der ganzheitliche Ansatz der Sport-Zahnmedizin bedingt auch eine Zusammenarbeit mit Orthopäden, Physiotherapeuten und Trainern. Und wer sich als Läufer schon einmal bei einem Sturz beim Laufen den Zahn ausgeschlagen hat, der wird sie zu schätzen wissen: Die Mundschutzschienen, die man während der Sportausübung tragen kann.
Wer regelmäßig läuft, sollte es nicht soweit kommen lassen, dass die Zähne ihm den Spaß am Sport verderben. Dazu gehören regelmäßige Zahnarztbesuche. Die Zähne sollten mindestens zweimal, besser noch dreimal am Tag gründlich geputzt werden. Zusätzlich empfiehlt sich die Verwendung von Interdentalbürsten und Zahnseide.
Unterwegs kann man zur Zahnreinigung auch mal ein Zahnpflegekaugummi oder -bonbon nehmen. Zähneknirschen und Kiefergelenkproblemen kann man mit dem regelmäßigen Training der Kau- und der mimischen Muskulatur zu begegnen versuchen.
Vollwertige Ernährung für gute Zähne
Auch eine ausgewogene und vollwertige Ernährung trägt zur Zahngesundheit bei. Modernste Diagnostik, sanfte Zahnbehandlung, Austestung der Verträglichkeit von Zahnmaterialien und Patientenaufklärung sind heute keine Utopie mehr. Informationsmaterial und Expertenrat in Bezug auf die Zähne gibt es in Hülle und Fülle.
Bei chronischen Problemen sollte man sich in Ruhe informieren. Wunderheilungen kann man mit der Sport-Zahnmedizin nicht erreichen. Dazu ist der Körper des Menschen zu kompliziert. Jedoch eröffnet die ganzheitliche Sichtweise der Sport-Zahnmedizin Läufern mit chronischen gesundheitlichen Beschwerden eine Perspektive auf Besserung.