Laufend neue Ideen
Wer läuft, der denkt. Mancher löst Probleme, der andere träumt, andere entwickeln Ideen. Der Kreativität sind beim Laufen keine Grenzen gesetzt. So bringen auch Sie Ihr Gehirn auf Touren.
Unser Gehirn ist der Motor unserer Gedanken. Sein Benzin ist Sauerstoff. Wer sich bewegt, pumpt bis zu 100 Prozent mehr davon ins Gehirn als jemand, der zu Hause am Schreibtisch sitzt und nachdenkt. Zusätzlich schüttet das Gehirn das Hormon ACTH aus. Dieses „Kreativitätshormon“ wirkt wahre Wunder: Es senkt den Blutdruck, entspannt den Körper und weckt den Geist.Um den Gedankenstrom richtig fließen zu lassen, ist es ratsam, nicht zu schnell zu laufen. Ideal ist eine Trainingseinheit mit Sauerstoffüberschuss, also eine Belastung von 70 bis 80 Prozent des Maximalpulses.
Denken beim Laufen
Aber warum ist es überhaupt wichtig, über das Denken beim Laufen nachzudenken? Ein wichtiger Grund ist sicher, dass der Erfolg beim Laufen immer auch eine Kopfsache ist. Wer sich über einen Fehler im Job ärgert oder über den schlecht gelaunten Chef, wer sich über den Streit mit der Partnerin aufregt, dessen Training wird alles andere als optimal verlaufen. Der Puls steigt stärker an als nötig, man verkrampft innerlich, es „läuft“ nicht mehr rund.
Ein weiterer Grund, warum das Laufen uns auf neue, andere Gedanken bringen sollte, ist der Zeitfaktor. Wer viel und regelmäßig trainiert, kann bis zu zwei Jahre seiner Lebenszeit mit Laufen verbringen. Warum diese Zeit also verschwenden, indem wir unserem Ärger freien Lauf lassen? Warum über eigene Fehler nachdenken, die sowieso nicht mehr zu ändern sind?
Laufzeit sinnvoll nutzen
Laufen ist kostbare Lebenszeit, die sinnvoll und effektiv genutzt werden kann. Doch wie geschieht das am besten? Klar ist, wir können nicht einfach einen Schalter im Kopf umlegen, wenn uns etwas sehr stark beschäftigt, zum Beispiel der Ärger im Job. Wenn wir anfangen zu laufen, werden sich die Gedanken möglicherweise immer wieder um diese emotionalen Probleme drehen, von denen sie fast magnetisch angezogen werden. Doch wir können unsere Gedanken lenken, wie wir steuern können, in welche Richtung wir laufen. Allerdings gehören Geduld und Ausdauer dazu, die Grundlagen eines jeden Lauf-Trainings.
Je häufiger wir kreativ und konstruktiv denken, umso erfolgreicher sind wir mit der Zeit damit. Eine mögliche Technik ist dabei die der Visualisierung. Sie knüpft direkt an das an, was wir unter „Tagträumen“ verstehen. Nur, dass die Träume in eine gewisse Richtung gelenkt werden. Wir stellen uns vor, wie wir den bevorstehenden Marathon schaffen, wie wir das Ziel vor Augen sehen, die Arme hochreißen und unter dem Jubel der Zuschauer die Ziellinie überqueren. Oder wir überlegen uns die Strategie und Taktik für den kommenden Wettkampf. Wir können auch darüber nachdenken, wie wir im Beruf eine schwierige Aufgabe meistern. Der Erfolg, das Erreichen des Ziels und der Weg dorthin wird vor dem „geistigen Auge“ vorweg genommen. So wird das Unterbewusstsein „ausgetrickst“, denn es kann nicht zwischen real Erlebtem und intensiv Vorgestelltem unterscheiden. Es fällt uns leichter, das Ziel zu erreichen.
Wenn nichts mehr läuft, dann lauf!
Ebenso kann das Laufen auch als Kreativitätstechnik zum Lösen von Problemen nützlich sein. „Wenn nichts mehr läuft, dann lauf!“, heißt ein durchaus sinnvoller Ratschlag. Ich erhebe mich vom Schreibtisch, wenn ich mich an einem Problem festgebissen habe, und beginne zu laufen. Das ändert meine Perspektive zur Aufgabenstellung und bringt mich erstmal auf andere Gedanken. Denn oftmals brauchen Probleme einfach nur eins: Zeit, um sie zu lösen. Bewegung kann kreative Impulse auslösen, weil während des Laufens eben das „Kreativitätshormon“ ausgeschüttet wird.
Eine ganz wichtige Rolle spielt das Laufen vor allem beim Verarbeiten und Speichern von Informationen. Lernen braucht Bewegung. Das Auf- und Abgehen beim Einprägen neuer Vokabeln oder der Lerneffekt beim bloßen Mitschreiben eines Vortrages machen deutlich, das die Beteiligung motorischer Zentren im Gehirn eine wesentliche Rolle beim Lernprozess spielen. Wer sich vor einem Lauf den neuen Lernstoff kurz durchliest, beschäftigt sich im Training damit. Das Gehirn wird gedanklich auf das neue Thema vorbereitet, dadurch fällt später das eigentliche Lernen leichter.
Gehirn warmlaufen lassen
Dabei ist es gar nicht schlimm, wenn die Gedanken ab und zu abschweifen. Das Gehirn muss sich auch erst warmlaufen, dann wird sich unsere Aufmerksamkeit automatisch wieder dem Thema oder Problem zuwenden, mit dem wir uns beschäftigen wollen.
Allerdings soll hier dem Eindruck widersprochen werden, Laufen sei immer nur Gedankenarbeit. Es kann sehr nützlich sein, die kreativen Potenziale der Schaltzentrale „Gehirn“ während des Laufens für sich arbeiten zu lassen. Genauso effektiv und sinnvoll ist es aber auch, den Lauf zur geistigen Erholung zu nutzen. Doch was tun, wenn sich die emotional belastenden Probleme immer wieder in den Vordergrund drängen?
Ablenkungsmanöver
Dann müssen die Gedanken in eine andere Richtung gelenkt werden. Helfen kann die Erinnerung an schöne, positive Erlebnisse, aber auch das bewusste Wahrnehmen der Umgebung, der Natur um uns herum. Jedes „Ablenkungsmanöver“ ist willkommen: Ähnlich wie bei vielen Entspannungstechniken, kann die Aufmerksamkeit auf den eigenen Körper, zum Beispiel auf den Atem, gelenkt werden. Oder man beobachtet seinen Schrittrhythmus während des Trainings. Um den Sorgen des Alltags für eine gewisse Zeit „davon zu laufen“ - wenn auch nur gedanklich - sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt.
Die Gedanken sind frei - das gilt vor allem und besonders beim Laufen. Doch damit die Schaltzentrale Gehirn sich nicht laufend mit unseren Sorgen beschäftigt, ist es wichtig, dass wir unseren Gedankenstrom nicht einfach nur laufen lassen. Denn klar ist: Laufen ist kostbare Lebenszeit und kann effektiv eingesetzt werden, als Problemlösungsstrategie, als Kreativitätstechnik, zur Steigerung des Lernerfolgs oder eben einfach „nur“ zur Erholung.
„Kreativhormon“ ACTH, auch Corticotropin genannt, ist ein Peptidhormon. Es besteht aus einer bestimmten Anzahl von Eiweißkörpern (Aminosäuren) und wird in der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) gebildet. Die Hauptwirkungen von ACTH sind die Regulation des Wasser- und Elektrolytstoffwechsels und verschiedene Stoffwechselleistungen. Buchtipp Heggie, Jack: Besser Laufen. Das 30-Tage-Programm. 5. Auflage, rororo Verlag, Hamburg, 2000, ISBN 3 499 18664 0 |