Die leichtathletik.de-Analyse - Sprint Frauen
Der Leichtathletik-Sommer 2005 ist Geschichte. Die deutsche Szene war in den letzten Monaten nach dem Tief bei den Olympischen Spielen in Athen wieder von einem Aufwind ergriffen. leichtathletik.de nimmt die einzelnen DLV-Disziplinbereiche unter die Lupe, macht eine Momentaufnahme, bilanziert das Jahr 2005, blickt auf 2006 voraus und stellt die neuen Hoffnungsträger vor.

Birgit Rockmeier war die schnellste deutsche Sprinterin (Foto: Kiefner)
So stehen die DLV-Asse international:Die deutschen Sprintfrauen haben den Anschluss an die Weltspitze verloren. "Es gelang uns nicht, den Standard des Olympiajahres 2004 anzuheben, wo sowohl im Kurzsprint als auch in der 4 x 100 Meter-Staffel keine deutsche Sprinterin im Finale war", erklärt DLV-Sprinttrainer Thomas Kremer. "Dabei hatten wir in der Hallensaison 2005 mit dem sechsten Rang von Marion Wagner (USC Mainz) in Madrid und einer starken Birgit Rockmeier (LG Olympia Dortmund) über 200 Meter, die dann allerdings auf die Hallen-EM verzichtete, einen annehmbaren Auftakt."
Zwar ließ der zweite Platz durch die Staffel mit Katja Wakan (Hallesche LAF), Esther Möller (LAZ Troisdorf/Siegburg), Birgit Rockmeier und Verena Sailer (LAC Quelle Fürth/München/Würzburg) beim Europacup in Florenz in 43,58 Sekunden noch Hoffnung auf eine schnelle Staffel in Helsinki, auch wenn da schon Marion Wagner, Sina Schielke (LG Olympia Dortmund), Gabi Rockmeier (LG Olympia Dortmund) und Nadine Hentschke (MTG Mannheim) fehlten. Doch die Verletzungsmisere riss nicht ab. Esther Möller erlitt beim Einlaufen in Wattenscheid einen Achillessehnenriss, Birgit Rockmeier in Leverkusen kurz vor der WM eine Oberschenkelverletzung. "So mussten wir leider auf einen Staffelstart verzichten", erklärt Thomas Kremer.
Nicht überraschend unter diesen Umständen, dass man auf den Einzelstrecken 100 und 200 Meter die deutschen Frauen vergebens im internationalen Vorderfeld sucht. Birgit Rockmeier als 33. über 200 Meter in der IAAF-Weltrangliste, mehr ist unter den ersten 50 Athletinnen dort nicht zu entdecken. In der europäischen Bestenliste rangiert sie auf Rang 16, Katja Wakan auf 28 über 100 Meter. Über die doppelte Distanz belegt Birgit Rockmeier Platz 21.
Die Bilanz 2005:
Charakteristisch für die Lage im Frauensprint ist, dass Birgit Rockmeier (LG Olympia Dortmund) sowohl die 100 als auch die 200 Meter klar dominierte, die deutsche Jahresbestenliste mit 11,33 bzw. 23,03 Sekunden anführt und bei den deutschen Meisterschaften in Wattenscheid beide Titel einheimste. "Diese Deutsche Meisterschaft brachte durchaus nochmals die Hoffnung auf eine erfolgreiche WM", blickt Thomas Kremer zurück. "Katja Wakan und Sandra Möller (USC Mainz) liefen über 100 Meter persönliche Bestzeiten, Verena Sailer (LAZ Quelle Fürth/München/Würzburg) hatte im Vorfeld stabile Form gezeigt. Der Ausfall der routiniertesten Athletin Birgit Rockmeier war dann aber nicht mehr zu verkraften."
Denjenigen, die gesund durch die Saison gekommen sind, ist kein Vorwurf zu machen. Die allerdings, die vielleicht noch schneller hätten laufen können, waren verletzt. Marion Wagner mit einem Bandscheibenvorfall, Sina Schielke mit einer langwierigen Plantarsehnenentzündung, Gabi Rockmeier (LG Olympia Dortmund) mit einer Achillessehnenoperation und Nadine Hentschke mit einer Knieoperation, das war zuviel für den deutschen Frauensprint. Und es bleibt nachzufragen, warum sich die Verletzungen häuften, zumal das auch in den letzten Jahren ähnlich war. Vielleicht muss man bei anfälligen oder wettkampfälteren Athletinnen häufiger im Training den intensiven Bereich mit extensiven Phasen entlasten, d.h. die Intensitäten etwas zurücknehmen.
Die Chancen 2006:
Für die neue Saison regiert bei den Kurzsprinterinnen das Prinzip Hoffnung. DLV-Trainer Thomas Kremer setzt darauf, dass sich "die Läuferinnen, die sich in diesem Jahr entwickelt haben, wie Katja Wakan, Jala Gangnus und Verena Sailer weiterentwickeln werden." Darüber hinaus ist wahrscheinlich, dass sich andere Leistungsträger von ihren Verletzungen gesund zurückmelden. Der Ist-Zustand besagt, dass Birgit Rockmeier und ihre Schwester Gabi Rockmeier, die bereits wieder trainiert, weiter zur Verfügung stehen. "Birgit war in diesem Jahr mit Bestzeit über 100 Meter und sehr guten Staffelrennen präsent, für ihre Schwester wird es etwas schwieriger, auf altem Leistungsniveau zurückzukommen", so Thomas Kremer. Marion Wagner ist wieder gesund und seit vier Wochen im Training. Sina Schielke hat ihren Problemfuß zur Zeit in Gips und hofft durch Ruhigstellung der Plantarsehne auf eine komplette Ausheilung.
"Für die 4 x 100 Meter-Staffel peile ich einen Platz zwischen drei und fünf in Göteborg an, trotz der schnellen Staffeln von Weißrussland, Frankreich und Russland", gibt Thomas Kremer die Zielstellung vor. "Doch die Staffel geht über Einzelleistungen. Und da haben viele unsere Athletinnen, Gesundheit vorausgesetzt, eine Finalchance auch auf den Einzelstrecken."
Das sind die Hoffnungsträger:
Die schon erwähnten Verena Sailer und Jala Gangnus (LG Nordheide) haben den Anschluss über 100 und 200 Meter geschafft. Verena Sailer holte sich bei der U23-EM in Erfurt über 100 Meter Bronze, und mit der 4 x 100 Meter-Staffel in der Besetzung Karoline Köhler (Team Erfurt), Verena Sailer, Johanna Kedzierski und Anne Möllinger (beide MTG Mannheim) Silber.
Die erst 18-jährige Jala Gangnus gewann in Kaunas (Litauen) über 200 Meter Silber und in Wattenscheid recht überraschend den Vizemeistertitel über die gleiche Strecke. Sie war die positivste Überraschung des Jahres, sowohl über 100 als auch besonders über 200 Meter. "Das war eine deutliche Weiterentwicklung einer Athletin, die uns auch für die Zukunft hoffen lässt", lobte DLV-Trainer Thomas Kremer und fügte hinzu: "Wenn man jedes Jahr einen Hoffnungsträger hat, wie letztes Jahr Verena Sailer und dieses Jahr Jala Gangnus, die sich dann auch weiterentwickeln, ist es mir um eine längerfristige Weiterentwicklung der Staffeln nicht bange."
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