Lauryn Williams – "Zwei Olympiasiege, das wär's!"
Die 20-jährige Lauryn Williams, mit einer Bestzeit von 10,97 Sekunden aus diesem Jahr über 100 Meter eine (selbsterklärte) Mitfavoritin für die Olympischen Spiele, läuft am Sonntag bei der Team Challenge in München in der schnellen US-Formation über 4x100 Meter gegen die Weltmeisterinnen aus Frankreich und die Vize-Europameisterinnen aus Deutschland. Christian Fuchs hat sich für leichtathletik.de mit dem Jungstar ausführlich über München, ihre beginnende Karriere und ihre Athen-Aussichten unterhalten.
Lauryn Williams flirtet im leichtathletik.de-Talk offen mit einem 100-Meter-Olympiasieg in Athen
leichtathletik.de:Lauryn Williams, Sie starten am Sonntag bei der Team Challenge in München. Was sind Ihre ersten Eindrücke von der bayerischen Landeshauptstadt?
Lauryn Williams:
Wir haben eine tolle Zeit hier. Es ist eine schöne Stadt. Ich bin das erste Mal überhaupt in Deutschland. Die Einkaufsstraße an unserem Hotel ist riesig. Ich habe da schon so richtig zugeschlagen und mir Klamotten besorgt. Deshalb werde ich später, wenn ich wieder packen muss, ein Problem bekommen, weil die Sachen gar nicht mehr alle in meine Taschen passen. Aber es ist richtig nett hier.
leichtathletik.de:
Wie wirkt das Olympiapark-Gelände von den Spielen 1972 auf Sie?
Lauryn Williams:
Wir trainieren auf dem Aufwärmplatz neben dem Olympiastadion. Ich habe gesehen, dass momentan ein kleines Festival für Kinder dort stattfindet. Das ist eine gute Stimmung. Im Olympiastadion selber war ich noch nicht, aber ich konnte schon einen Blick reinwerfen. Es ist beeindruckend, wenn man das zum ersten Mal sieht.
leichtathletik.de:
Was erwarten Sie am Sonntag, wenn 20.000 oder 30.000 Zuschauer im Stadion sind?
Lauryn Williams:
Der große Unterschied zwischen den Wettkämpfen in den USA und in Europa ist, dass hier immer viele Zuschauer kommen. Die Tribünen sind voll, das bringt eine gute Stimmung. Es ist ein tolles Gefühl, wenn man sieht, dass sich die Leute für unseren Sport interessieren und einen unterstützen. Ich glaube, das hilft, um schneller zu laufen. Ich werde am Sonntag in München in der Staffel dabei sein und ich freue mich darauf.
leichtathletik.de:
Sie haben sich neben der Staffel für die bevorstehenden Olympischen Spiele auch über 100 Meter qualifiziert. Was bedeutet Ihnen das?
Lauryn Williams:
Es ist für mich eine Ehre, dass ich so jung schon im Olympiateam starten darf. Ich bin erst 20 und bin in Athen dabei. Ein paar von uns konnten jetzt auch als junge Athleten zeigen, dass sie schnell laufen können. Ich weiß, dass viele Leute auf uns schauen werden, weil wir die Athleten für die Zukunft sind. Das finde ich aber großartig.
leichtathletik.de:
Was haben Sie sich vorgenommen für Athen?
Lauryn Williams:
Ich will Medaillen. Jede Medaille wäre super, aber Gold, das wäre großartig. Mit der Staffel ist das auf alle Fälle drin. Und ich will auch Gold über die 100 Meter. Zwei Olympiasiege, das wär's bei meiner ersten Olympiateilnahme...
leichtathletik.de:
Das ist ein großes Ziel. Welche Gegnerinnen haben Sie über 100 Meter auf der Rechnung?
Lauryn Williams:
Ich glaube, es gibt sechs, sieben Sprinterinnen, die ganz vorne dabei sein können. Es ist diesmal nicht so, dass eine vorne weg läuft und dann kommt der Rest. Diejenige, die an dem Tag am besten drauf ist, wird gewinnen. Ich hoffe, dass ich es bin. Die Vorbereitung ist gut gelaufen. Ich habe verdammt hart dafür trainiert.
leichtathletik.de:
Finden Sie es schade, dass momentan soviel im Zusammenhang mit Marion Jones und Torri Edwards über Doping geschrieben wird und der Sport im Hintergrund steht?
Lauryn Williams:
Ich finde, das ist okay und ich glaube, dass der Fokus wieder auf dem Sport liegen wird, sobald die Olympischen Spiele angefangen haben. Wenn wir schnell laufen und gute Leistungen bringen, werden die Negativ-Schlagzeilen in den Hintergrund rücken. Aber ich zerbreche mir darüber nicht so sehr den Kopf. Ich konzentriere mich auf mich und meinen Wettkampf. Der Rest findet sich schon.
leichtathletik.de:
Haben Sie sich schon Gedanken gemacht, wie es nach Olympia für Sie weitergehen soll?
Lauryn Williams:
Alles, was ich jetzt erreicht habe, ist schon soviel für mich. Ich habe die College-Meisterschaften gewonnen, bin jetzt bei Olympia. Ich hatte das alles nicht erwartet. Wenn ich in Athen zwei Medaillen hole, vielleicht zweimal Gold, dann muss ich natürlich an die nächsten großen Meisterschaften und Titel denken. Und wenn es wirklich damit klappt, vielleicht auch an den Weltrekord.
leichtathletik.de:
Sie sind momentan in Florida zuhause...
Lauryn Williams:
Ja, ich lebe in Miami, komme aber eigentlich aus Rochester in Pennsylvania. Ich verbringe aber auch öfter Mal ein bisschen Zeit in Detroit. Aber trainieren tue ich in Florida. Dort ist es schön warm, perfektes Klima für uns Sprinter. Ich hatte dort eine tolle Zeit an der Schule und der Uni.
leichtathletik.de:
Ihr Name ist in diesem Jahr zum ersten Mal so richtig aufgetaucht, als sie die 100 Meter unter elf Sekunden gelaufen sind. Wie haben Sie die Reaktionen darauf empfunden?
Lauryn Williams:
Ich glaube, einige Leute waren sehr stolz auf mich. Ich war vom meinem Umfeld gut vorbereitet, gut trainiert. Aber da fing es auch schon an, dass ich Druck spürte. Die Journalisten haben zu mir gesagt: Du bist jung, du bist schnell, du kannst auf alle Fälle Bronze holen und es auch schaffen, bei Olympia zu gewinnen. Damit haben sie schon Druck aufgebaut. Ich freue mich, dass ich in Athen dabei bin. Ich will dort erst einmal ins Finale. Mit einer der schnellsten Zeiten in der Welt in diesem Jahr ist dieser Druck natürlich besonders bei den Medien zu greifen.
leichtathletik.de:
Wie sind Sie mit diesem Druck bei den US-Trials umgegangen, als sie dort mit viel erfahreneren Sprinterinnen an der Startlinie standen und es um Ihr Olympiaticket ging?
Lauryn Williams:
Oh, dieser Druck war am Anfang schon ein Problem. Ich war da so richtig nervös, fast schon am Straucheln. Ich habe mich nicht mehr auf mein Rennen konzentriert. Aber ich habe daraus gelernt, dass ich mir wegen den großen Namen keinen Kopf machen sollte. Ich muss mir bewusst machen, dass ich genauso gut bin und ein schnelles Rennen laufen kann.
leichtathletik.de:
Tim Weaver, der Head Manager des US-Team bei der Team Challenge in München, spricht von einer neuen Generation im Sprint. Wie nehmen Sie solche Statements, die ganz besonders Sie betreffen, auf?
Lauryn Williams:
Ich denke nicht darüber nach. Als ich in dieses Trainingcamp gekommen bin, wusste ich, dass junge und ältere Athleten hier sein werden. Wir verbringen viel Zeit miteinander. Wir sind zusammen das Team USA. Die Leute mit mehr Erfahrung können uns helfen. Wenn man mit den Jungen zusammen ist, kommt man sich wie zuhause vor. In einer angenehmen Atmosphäre fällt auch viel Druck von einem ab.
leichtathletik.de:
Sie waren vor zwei Jahren schon Junioren-Weltmeisterin, haben also das Nationaltrikot schon einmal getragen. Aber was macht den Unterschied aus zwischen Kingston und jetzt?
Lauryn Williams:
Du hast einfach Athleten neben dir, die das schon seit zehn Jahren oder noch länger machen. Da kann man lernen, wie man sich verhält, wie man sich vorbereitet, um einfach bereit zu sein. Diese Möglichkeit so dazuzulernen, ist eine schöne Zugabe.
leichtathletik.de:
Letzte Frage zu Ihrer noch jungen Laufbahn. Wie fing es an, wie sind Sie überhaupt zur Leichtathletik gekommen?
Lauryn Williams:
In der High School habe ich Basketball gespielt. Ich war nur auf der Bahn, um dafür in Form zu bleiben. Irgendwann habe ich aber auch Wettkämpfe bestritten und gewonnen. Dadurch bin ich auf den Geschmack gekommen und konnte nicht aufhören damit, immer wieder zu siegen. Dann bin ich an die Universität von Florida gegangen und dort hat alles seinen Lauf genommen. Für Basketball war ich einfach auch nicht groß genug, deshalb hat das auch nicht mehr so richtig geklappt am Ende.
leichtathletik.de:
Vielen Dank für das Gespräch.
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