| Traditionsrennen

Lawrence Cherono gewinnt Boston-Marathon nach Sprint-Finish

Der Kenianer Lawrence Cherono und die Äthiopierin Worknesh Degefa sind die diesjährigen Sieger des traditionsreichen Boston-Marathon. Ohne Chancen waren die beiden Titelverteidiger.
Jörg Wenig

Lawrence Cherono und Worknesh Degefa sind die Sieger des 123. Boston-Marathons. Der Kenianer zog erst auf den letzten Metern im Schlussspurt noch an Lelisa Desisa vorbei und triumphierte in 2:07:57 Stunden mit zwei Sekunden Vorsprung vor dem Äthiopier. Dritter wurde Kenneth Kipkemoi (Kenia) mit 2:08:06.

Ganz anders verlief bei anfangs regnerischen und teilweise windigen Bedingungen, die sich später aber besserten, das Rennen der Frauen: Hier setzte sich Worknesh Degefa bereits nach gut sechs Kilometern von ihren Konkurrentinnen ab und rannte im Alleingang bis ins Ziel. Die Äthiopierin siegte mit 2:23:31 Stunden vor der Kenianerin Edna Kiplagat (2:24:13 h) und Jordan Hasay (USA), die 2:25:20 Stunden lief. Beide Sieger verdienten sich in Boston eine Prämie von jeweils 150.000 Dollar.

Die Titelverteidiger hatten dieses Mal im Rennen um den Sieg keine Chance. Während der Japaner Yuki Kawauchi, der 2018 bei eiskaltem Dauerregen sensationell triumphiert hatte, auf Rang 17 nach 2:15:29 Stunden ins Ziel lief, belegte Desiree Linden (USA) Platz fünf in 2:27:00 Stunden. Rund 30.000 Läufer hatten für den Boston-Marathon, der zur World Marathon Majors-Serie zählt, gemeldet. Die Finisher-Zahl bewegt sich im Bereich von 26.500 Athleten.

Männer-Feld belauerte sich lange

In der ersten Hälfte passierte an der Spitze des Männerrennens nicht viel - außer, dass der Vorjahressieger relativ deutlich zurückfiel: Yuki Kawauchi war schon bald nach der 10-Kilometer-Marke nicht mehr vorne dabei und hatte dann am 15-Kilometer-Punkt bereits einen Rückstand von 30 Sekunden zur großen Spitzengruppe. Es war somit frühzeitig klar, dass es in Boston keine erfolgreiche Titelverteidigung geben würde. Nach einer Halbmarathon-Zwischenzeit von 64:28 Minuten lagen dann nach 25 Kilometer (1:16:24 h) noch 15 Läufer in der Spitzengruppe. Erst danach fielen nach und nach Athleten zurück.

Es war von Anfang an klar, dass es an diesem Tag nicht darum ging, den hochkarätigen Streckenrekord von Geoffrey Mutai (Kenia) anzugreifen, der 2011 famose 2:03:02 Stunden gelaufen war. Dafür waren auch die Wetterbedingungen nicht geeignet. Bei einem der prestigeträchtigsten Straßenrennen der Welt geht es in erster Linie um den Sieg. Bei Kilometer 35 waren immer noch acht Läufer in der ersten Gruppe.

Doch in der Folge halbierte sich diese Führungsgruppe schnell. Nachdem dann mit Geoffrey Kirui (Kenia) der Boston-Sieger des Jahres 2017 zurückgefallen war, kämpften noch drei Athleten um den Sieg: Lelisa Desisa (Äthiopien), der das Rennen bereits 2013 und 2015 gewonnen hatte, sowie die beiden Kenianer Kenneth Kipkemoi, der im vergangenen Jahr beim Rotterdam-Marathon triumphiert hatte, und Lawrence Cherono, der mit seiner Amsterdam-Siegzeit aus 2018 (2:04:06 h) der schnellste Läufer auf der Startliste war.

Einer der knappsten Zieleinläufe

Rund einen Kilometer vor dem Ziel zog Desisa, der im vergangenen Jahr den New York-Marathon gewonnen hatte, das Tempo an und hatte bereits ein paar  Meter Vorsprung. Während Kipkemboi geschlagen war, kam aber Cherono wieder heran. Beide lieferten sich auf der Zielgeraden einen erbitterten Kampf, wobei Desisa fast schon wie der Sieger aussah. Doch auf den letzten Metern konnte Cherono noch einmal beschleunigen und zog vorbei.

Es war einer der knappsten Zieleinläufe in der Geschichte des Boston-Marahtons. Das engste Finish in der 123-jährigen Historie des Rennens hatte es im Jahr 2000 gegeben: Damals siegte der Kenianer Elijah Lagat in 2:09:47 Stunden zeitgleich vor dem Äthiopier Gezahegne Abera. Einmal trennte den Sieger und den Zweitplatzierten eine Sekunde: 1988 gewann Ibrahim Hussein (Kenia) in 2:08:43 vor Juma Inkangaa (Tansania/2:08:44 h). Dieses Mal waren es zwei Sekunden.

Mit insgesamt zehn Zeiten von unter 2:10 Stunden hatte das Rennen eine sehr gute Breite in der Spitze. „Ich musste alles geben und war bis ganz zum Schluss hoch konzentriert. Ich freue mich riesig, denn ich habe noch nie ein Rennen der World Marathon Majors gewonnen. Die Begeisterung der Zuschauer war toll“, sagte der 30-jährige Lawrence Cherono.

Worknesh Degefa läuft einsames Rennen

Worknesh Degefa war die mit Abstand schnellste Läuferin auf der Startliste. In Dubai hatte sich die Äthiopierin im Januar auf die absolute Weltklassezeit von 2:17:41 Stunden verbessert, was dort aber nur zum zweiten Platz reichte. Dennoch war es auf der schweren, hügeligen Boston-Strecke überraschend, dass sich die 28-Jährige bereits nach gut sechs Kilometern von allen Konkurrentinnen löste und schnell einen deutlichen Vorsprung herauslief. Denn es ist schließlich auch ein Rennen ganz ohne Tempomacher. An der 10-Kilometer-Marke, die sie in 33:58 Minuten passierte, hatte Worknesh Degefa bereits einen Vorsprung von 14 Sekunden.

An der Halbmarathonmarke, die Worknesh Degefa nach 70:40 Minuten erreichte, lag sie bereits 2:27 Minuten vor ihren Verfolgerinnen. Den größten Vorsprung hatte die Äthiopierin, die in Boston erst ihren vierten Marathon lief, nach 30 Kilometer. Diesen Punkt hatte sie nach 1:40:48 Stunden erreicht - 2:59 Minuten vor einer siebenköpfigen Gruppe. In dieser Phase des Rennens verlor mit Des Linden die Vorjahressiegerin den Kontakt zur Gruppe der Verfolgerinnen. Spätestens hier war klar, dass auch sie ihren Titel nicht verteidigen würde. Allerdings war Worknesh Degefa ohnehin nicht mehr einzuholen, denn sie zeigte auch im sehr hügeligen Teil der Strecke und am gefürchteten Heartbreak Hill rund zehn Kilometer vor dem Ziel keine Schwäche.

Begeisterte Zuschauer

Erst auf den letzten acht Kilometern wurde Worknesh Degefa etwas langsamer. Edna Kiplagat war es dann, die den Abstand zur Führenden noch einmal deutlich verkürzen konnte. Die Kenianerin hatte sich aus der Verfolgergruppe abgesetzt. Doch die Boston-Siegerin von 2017, die zweimal Marathon-Weltmeisterin war, konnte Worknesh Degefa nicht mehr einholen.

„Dadurch, dass ich so lange alleine gelaufen bin, fühlt sich dieser Sieg ganz besonders gut an. Ich war zwischendurch schon etwas beunruhigt und wusste nach 25 Kilometern, dass ich weiter auf das Tempo drücken muss. Ich habe mich dann auch umgeschaut, aber ich sah niemanden hinter mir“, sagte Worknesh Degefa, die begeistert war von der Zuschauerunterstützung. „Natürlich möchte ich nächstes Jahr wieder hier laufen“, sagte die Äthiopierin, der man zutrauen kann, bei guten Bedingungen auch den Streckenrekord von 2:19:59 Stunden zu brechen.

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