| Langhürden-Ass aus der Schweiz

Léa Sprunger: Daumen hoch Richtung Berlin

Beim WM-Finale in London (Großbritannien) lagen die Tschechin Zuzana Hejnová und die Schweizerin Léa Sprunger dicht beisammen – knapp hinter den Medaillenrängen auf den Plätzen vier und fünf. Für die EM in Berlin bahnt sich ein neues Duell an zwischen der Weltmeisterin von 2013 und 2015 und der EM-Dritten von 2016. Die 27-Jährige ist erst spät in ihrer Karriere auf die Langhürden gewechselt. Ihr Aufstieg ist signifikant für die rasante Entwicklung der Schweizer Leichtathletik.
Harald Koken

1,83 Meter groß, lange Beine und ein raumgreifender Schritt – Léa Sprunger ist für die 400-Meter-Hürdendistanz geradezu prädestiniert. Vielfach hat sie in diesem Sommer absolute Energieleistungen abgeliefert, Stehvermögen und Siegerqualitäten unter Beweis gestellt. Ihr fünfter Platz bei der WM in London war das Schweizer Highlight, 54,59 Sekunden die zweitbeste Zeit ihrer Karriere. Der Hausrekord steht bei 54,29 Sekunden, aufgestellt Anfang Juli in Lausanne und nur winzige vier Hundertstel über dem Schweizer Rekord.

Vier Tage zuvor war ihr in der Uhrenstadt La Chaux-de-Fonds ein neuer Schweizer Rekord über 400 Meter gelungen. Mit 51,09 Sekunden steigerte sie die fast 27 Jahre alte Bestzeit von Anita Protti um 23 Hundertstel. Anita Protti, 1990 EM-Zweite und 1991 WM-Sechste, geht fest davon aus, dass auch die Tage ihres Schweizer Rekordes über die Langhürden gezählt sind „Verglichen mit mir hat Lea rein körperlich das viel größere Potenzial“, sagte die 53-Jährige der Tageszeitung „Blick“. Sie halte es sogar für möglich, dass Léa Sprunger bald unter 53 Sekunden läuft.

Psychische Blockaden gelöst

Schon während der Hallen-Saison hatte die Modellathletin für Paukenschläge gesorgt, als sie über 400 Meter mehrfach Jahresweltbestzeit rannte. Allerdings kassierte die 27-Jährige bei der Hallen-EM in Belgrad eine herbe Niederlage und wurde Fünfte. Ernüchternd. Einmal mehr hatten ihr die Nerven einen Strich durch die Rechnung gemacht und sie in der entscheidenden Phase des Rennens verkrampfen lassen. Die Ursachenforschung wurde per Hypnose auf das Unterbewusstsein ausgeweitet. Eine Mentaltrainerin half, psychische Blockaden zu lösen.

Léa Sprunger lernte Erwartungsdruck aus- und hoher nervlicher Belastung stand zu halten. Richtig durchstarten möchte sie im nächsten Jahr. Die <link http: www.berlin2018.info>Europameisterschaften in Berlin (7. bis 12. August) sind das ganz große Ziel. Die Athletin von Laurent Meuwly, 2009 Schweizer Leichtathletik-Trainer des Jahres, überwintert als kontinentale Zweite – hinter der Tschechin Zuzana Hejnová die ihren Saisonrekord Anfang September in Brüssel (Belgien) auf 53,93 Sekunden schraubte und damit zurzeit noch 36 Hundertstel Vorsprung auf die Herausfordererin hat.

Dritte beim Sieg von Carolin Schäfer

Léa Sprunger nahm schon als Kind an regionalen Wettkämpfen teil und wurde in ihrem Verein Cova Nyon allumfassend ausgebildet. 2009 belegte die Wahl-Lausannerin bei der U20-EM im Siebenkampf den dritten Platz – beim Sieg von Carolin Schäfer (LG Eintracht Frankfurt). Ab 2012 konzentrierte sich Léa Sprunger auf den Sprint, erreichte bei der EM in Helsinki (Finnland) über 200 Meter das Halbfinale und kam mit der Schweizer Sprintstaffel auf den sechsten Platz. In London (Großbritannien) durfte sie in beiden Wettbewerben erstmals Olympialuft schnuppern.

Bei der EM 2014 in Zürich gehörte Léa Sprunger nicht vordergründig zu jenen Gesichtern, mit denen sich Swiss Athletics aufmachte, das leicht angestaubte Image abzustreifen. Das änderte sich schlagartig mit dem Wechsel ins Langhürden-Lager im Jahr darauf. Ende 2015 stand die Bestzeit bei 55,60 Sekunden. Im Sommer darauf wurde sie bereits mit 54,92 Sekunden notiert und brachte es bei der EM in Amsterdam (Niederlande) zu Bronze.

Vielseitig interessiert und begabt

Die Heim-EM 2014 war enorm wichtig. Wir haben dort gesehen, dass wir mit den Besten mitkämpfen können, und dies hat einiges verändert. Auch ich persönlich habe meinen Weg gefunden und mit einer geduldigen Arbeitsweise stetig Fortschritte erzielt“, sagt Léa Sprunger, die zweisprachig aufgewachsen ist. Ihre Muttersprachen: Französisch und Schwyzerdütsch. Da sie gerne Bücher liest, erweitert das die Auswahl. Smarte Gerichte zubereiten – auch das macht der Weltklasse-Langhürdlerin Spaß.

Ihre ausgedehnten Brunches im Freundeskreis sind Kult. Ebenso ihre selbst gezimmerten Möbelstücke. „Meinen Wohnzimmertisch habe ich selber gebaut, aus Apfelkisten“, erzählte sie im Interview mit „Schweizer Illustrierte“. <link https: fr-fr.facebook.com weltklassezuerich videos>Einblicke in ihr Privatleben und ins Fotoarchiv ihres Handys gewährte Léa Sprunger vor ihrem Heimspiel bei Weltklasse Zürich im Aufzug des Athletenhotels. Léa Sprunger – eine Athletin ohne Allüren. Die EM in Berlin – möglicherweise ein richtig großer Wurf für die gewachsene Sympathieträgerin. Das Zeug dazu hat die Schweizerin jedenfalls.

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