leichtathletik.de-Analsye - Hürdensprint Frauen
Die Olympische Leichtathletik-Saison 2008 ist Geschichte. Sowohl mit Enttäuschungen als auch mit freudigen Überraschungen im Gepäck kehrten die Athleten des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) aus Peking (China) zurück. leichtathletik.de nimmt die einzelnen DLV-Disziplinbereiche unter die Lupe, macht eine Momentaufnahme, bilanziert das Jahr 2008, blickt voraus auf 2009 und stellt die aktuellen Hoffnungsträger vor.
Wo stehen die DLV-Asse international?Im Hürdensprint der Frauen weht im Moment ein heftiger Wind - und zwar Aufwind. „Es tut sich etwas, da ist momentan richtig Leben drin, “ bemerkt DLV-Disziplintrainer Rüdiger Harksen, der die Verantwortung im Hürdenbereich der Frauen an Cheik-Idriss Gonschinska weitergibt und selbst Cheftrainer Track und Disziplintrainer im Sprint der Frauen wird.
Eine so nicht erwartete, aber umso erfreulichere Entwicklung hat die 23-jährige Carolin Nytra vom Bremer LT gemacht. Ihr ist es gelungen, sich international sehr stark in Szene zu setzen. Mit einer Steigerung von 13,17 Sekunden auf 12,82 Sekunden knackte sie mehrmals die geforderte Olympianorm (12,92 sec) und beendete die Olympischen Spiele in Peking (China) im Halbfinale summa summarum mit einem erfreulichen zwölften Platz. Damit sorgte sie für die beste Einzelplatzierung der deutschen Mannschaft im Sprintbereich.
Mit ihrer neuen Bestzeit rangiert sie im weltweiten Vergleich auf Platz 31. Kontinental gesehen reichte diese Zeit sogar für die Top Ten (Rang 9). Ihre Konkurrenzfähigkeit war auch beim Europacup in Annecy (Frankreich) gefragt, wo sie auf den sechsten Platz lief.
Die erst 21-jährige Nadine Hildebrand (LAZ Salamander Kornwestheim-Ludwigsburg) gelang ein ähnlicher Leistungssprung von 13,27 Sekunden im Vorjahr auf 13,04 Sekunden in dieser Saison. Im U23-Bereich belegt sie mit dieser Zeit kontinental den fünften Rang und im Frauen-Bereich den 20. Rang.
Mit von der Partie im U23-Bereich ist auch Anne-Kathrin Elbe (TSV 04 Bayer Leverkusen), die mit 13,11 Sekunden kontinental noch knapp in die Top Ten lief (Rang 9) und somit neben Nadine Hildebrand ein weiters Nachwuchstalent ist, dass man im Auge behalten muss.
Die beiden „Oldies“ des Hürdensprints, Kirsten Bolm (MTG Mannheim) und Annette Funck (Hannover 96), hatten mit erneutem Verletzungspech zu kämpfen und kamen mit 13,07 Sekunden und 13,09 Sekunden in Europa auf Platz 23 bzw. 27.
Die Bilanz 2008
Nach 25-jähriger Arbeitszeit als Disziplintrainer hat Rüdiger Harksen noch einmal eine sehr erfreuliche Hürden-Saison durchlebt. Trotzdem blickt er mit einem lachenden und einem weinenden Auge zurück.
Das weinende Auge gilt dabei seinem langjährigen Schützling Kirsten Bolm, als zentrale Leistungsträgerin der letzten Jahre, die in dieser Saison verletzungsbedingt ihre Karriere beendete. Bei ihrem einzigen Saisonrennen in Prag (Tschechische Republik) lief sie 13,07 Sekunden und findet sich damit an dritter Stelle der deutschen Jahresbestenliste wieder. Ihre Achillessehne machte ihr aber im Kampf um eine zweite Olympiateilnahme einen Strich durch die Rechnung. Nach vielen Versuchen des Neuanfangs gibt Kirsten Bolm nun das Ruder an die Riege junger Athletinnen weiter.
Allen voran die zehn Jahre jüngere Carolin Nytra. „Was Carolin dieses Jahr geleistet hat, war schon außergewöhnlich. Sie lief im 10er-Schnitt 12,92 Sekunden und hat somit eine unwahrscheinlich hohe Leistungsdichte unter 13 Sekunden realisiert. Außer Kirsten Bolm hat das noch keine weitere westdeutsche Athletin geschafft“, zeigt sich Rüdiger Harksen beeindruckt. Carolin Nytra konnte in Nürnberg ihren Deutschen Meistertitel souverän verteidigen und ist die neue Königen im deutschen Hürdenwald.
Auf dem besten Weg, Carolin Nytra nachzueifern, ist Nadine Hildebrand, die zurzeit der Bremerin am meisten Druck machen kann. Sie darf sich dieses Jahr Deutsche Juniorenmeisterin und Deutsche Vizemeisterin nennen und ist im U23-Bereich kontinental ganz vorne mit dabei. „13,04 Sekunden ist für eine 21-Jährige eine Spitzenleistung, das muss man in dem Alter erst einmal laufen“, erkennt auch Rüdiger Harksen.
Anne-Kathrin Elbe reihte sich bei den Deutschen Junioren-Meisterschaften und bei den Deutschen Meisterschaften direkt hinter Nadine Hildebrand ein. „Ihre Verbesserung auf 13,11 Sekunden ist sehr erfreulich, wenn sie weiterhin fleißig an ihrer Hürdentechnik arbeitet, kann der Sprung an die 13 Sekunden oder auch knapp darunter gelingen.“
Pech hatte die Hannoveranerin Annette Funck, die sich bei der Bauhaus Junioren-Gala in Mannheim auf ihre neue Bestzeit von 13,09 Sekunden steigerte. Es folgte im Juli dann eine zweimonatige Sperre wegen der Einnahme eines Medikaments gegen Pollenallergie. Durch einen Unterarmbruch bei den Deutschen Meisterschaften in Nürnberg war die Saison für die Grundschullehrerin aber ohnehin frühzeitig beendet.
Insgesamt haben sich die Leistungen der deutschen Hürdensprinterinnen stark verbessert, so dass der Schnitt der besten Fünf schon bei 13,03 Sekunden liegt und damit im Vergleich zum Vorjahr (13,19 sec) deutlich verbessert ist.
Die Chancen 2009
Das große Ziel für Carolin Nytra ist es, da weiterzumachen, wo sie im Jahr 2008 aufgehört hat und das mit klarem Blick zur Weltmeisterschaft nach Berlin. Rüdiger Harksen weiß jedoch, dass man nicht zu viel fordern darf. „Man soll jetzt keine Wunderdinge erwarten und immer mehr fordern. Es wäre schon absolut erfreulich, wenn sie sich erstmal in dem Bereich stabilisiert, den sie dieses Jahr erreicht hat.“
Bei Nadine Hildebrand und Anne-Kathrin Elbe steht die U23-EM in Kaunas (Litauen) als gesetzt im Terminplan. Doch bei beiden hält Rüdiger Harksen einen weiteren Leistungssprung für möglich und dann wäre sogar ein Start bei der WM im eigenen Land nicht auszuschließen. „Die Konzentration auf zwei internationale Meisterschaften ist jedoch sehr schwer. Die U23-EM muss bei beiden also der Hauptfokus sein. Wenn es mit Berlin klappt, ist das schön, wenn nicht, ist das nicht schlimm. Aber Ziel sollte eine super Leistung bei der U23-EM sein“, setzt Rüdiger Harksen das klare Ziel der diesem Duo fest.
Die Hoffnungsträger
Die hohen Erwartungen an den U20-Bereich konnten dieses Jahr nicht ganz erfüllt werden. „Wir hatten viele Hoffnungen in Cindy Roleder vom LAZ Leipzig gesetzt, die sie jedoch nicht ganz erfüllen konnte“, bemerkt Rüdiger Harksen. Nichts desto trotz liegt Cindy Roleder im U20-Bereich mit 13,72 Sekunden kontinental auf dem neunten Platz und musste sich in Deutschland nur noch der Sindelfingerin Ina Baumann mit ebenfalls 13,72 Sekunden geschlagen geben. Auch bei der U20-Weltmeisterschaft im polnischen Bydgoszcz konnte Cindy Roleder sich bis in das Halbfinale kämpfen. An die 13,49 Sekunden aus der letzten Saison kam sie jedoch nicht heran.
„Die U20-Mädels sind sehr erfolgreich, waren allerdings vorher noch einen Tick besser“, erklärt Rüdiger Harksen seine „kritische“ Bewertung. Im C-Kader könne es jedoch immer wieder spontane Entwicklungen geben, die sich vorher nie richtig vorhersagen lassen.
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