leichtathletik.de-Analyse - 400 Meter Frauen
Die Olympische Leichtathletik-Saison 2008 ist Geschichte. Sowohl mit Enttäuschungen als auch mit freudigen Überraschungen im Gepäck kehrten die Athleten des Deutschen Leichtathletik-Verbands (DLV) aus Peking (China) zurück. leichtathletik.de nimmt die einzelnen DLV-Disziplinbereiche unter die Lupe, macht eine Momentaufnahme, bilanziert das Jahr 2008, blickt voraus auf 2009 und stellt die aktuellen Hoffnungsträger vor.
Wo stehen die DLV-Asse international?Nachdem der Aufwärtstrend im deutschen 400-Meter-Lager der Frauen im Jahr 2007 einen kleinen Dämpfer erfahren hatte, ging es 2008 wieder bergauf. 2004 noch hatte die deutsche 4x400-Meter-Staffel bei den Olympischen Spielen das Finale verpasst, diesmal war das deutsche Quartett auf Platz acht im Finale vertreten.
Im Vorlauf waren Jonna Tilgner (Bremer LT), Sorina Nwachukwu (TSV Bayer 04 Leverkusen), Florence Ekpo-Umoh (Erfurter LAC) und Claudia Hoffmann (SC Potsdam) in 3:25:55 Minuten unterwegs gewesen. Bei den Europameisterschaften 2002 in München, als das deutsche Team in 3:25,10 Minuten gewonnen hatte, war zuletzt eine deutsche Auswahl schneller gewesen. „Das war ein fantastisches Ergebnis, das uns keiner zugetraut hatte“, sagt Edgar Eisenkolb, von 2004 bis 2008 DLV-Disziplintrainer für die 400 Meter der Frauen.
Schnellste deutsche Viertelmeilerin der gerade beendeten Saison war Hürden-Spezialistin Jonna Tilgner, die sich in Regensburg auf 51,90 Sekunden steigerte. 15 Hundertstelsekunden langsamer war die Deutsche Meisterin Claudia Hoffmann. Im weltweiten Vergleich rangieren sie damit auf Platz 85 und 96, Jonna Tilgner hat sich in Europa auf Position 29 einsortiert. Weltweit Schnellste war die britische Olympiasiegerin Christine Ohuruogu mit 49,61 Sekunden.
Die Bilanz 2008
„Nachdem wir bei den Olympischen Spielen 2004 das Finale verpasst hatte, war das langfristige Ziel für 2008 das Olympia-Finale und eine Zeit zwischen 3:26,30 und 3:26,50 Minuten“, erklärt Edgar Eisenkolb. „Dieses Ziel haben wir als Achte in 3:25,55 Minuten erreicht“, bilanziert er. 2005 bei der WM war das Quartett bereits WM-Sechste, 2006 EM-Fünfte.
Dass es im olympischen Finale nicht mehr schneller oder genauso schnell ging, war für den Disziplintrainer nicht verwunderlich. „Die Läuferinnen haben sich nach dem Vorlauf so über diese hervorragende Zeit gefreut, dass die Spannung etwas abgefallen ist. Und selbst wenn wir in einer anderen Reihenfolge gelaufen wären, wir hätten stets als Achte wechseln müssen und mussten so jeweils bei der Staffelübergabe auf Bahn sechs rauslaufen.“ Und er gibt zu bedenken, dass selbst mit der Vorlaufzeit keine bessere Platzierung möglich gewesen wäre.
Die positiven Entwicklungen führt Edgar Eisenkolb auf deutliche Änderungen im trainingsmethodischen Konzept, zu denen auch vermehrt Höhentrainingslager gehörten, in den vergangenen vier Jahre zurück. Auch die unmittelbare Wettkampfvorbereitung am Wettkampftag selbst wurde minutiös ausgetüftelt und getestet. Die Resultate zeigten sich in Peking.
Eine starke Entwicklung haben die beiden jungen Läuferinnen Jonna Tilgner und Sorina Nwachukwu gezeigt. Die 23 Jahre alte Jonna Tilgner verbesserte sich von 53,44 auf 51,90 Sekunden, während die 21 Jahre alte Sorina Nwachukwu ihre Bestzeit von 54,11 auf 52,64 Sekunden drückte. Mit der 21 Jahre alten Berlinerin Janin Lindenberg, die in Peking die Mannschaft als Ersatzläuferin komplettierte, steht eine weitere junge Athletin bereit.
„Claudia Hoffmann hat bei den Olympischen Spielen im Vorlauf eine unglaubliches Rennen – das Rennen ihres Lebens – gemacht“, sagt Edgar Eisenkolb noch immer beeindruckt, auch wenn er die Einzelzeiten seiner Läuferinnen nicht verraten will. „Sie hat zu Beginn der Saison mit 800-Meter-Rennen neue Reize gesetzt. Wenn sie nach diesen Starts und vor Olympia noch den einen oder anderen 400-Meter-Lauf mehr gehabt hätte, wäre sie sicherlich auch eine neue Bestzeit gelaufen.“
Lob findet der Disziplintrainer auch für Florence Ekpo-Umoh, die nur einmal im Monat zum Training nach Erfurt fährt und sonst in Kassel allein nach Trainingsplänen von Eberhard König trainiert. „Sie ist unglaublich ehrgeizig“, sagte er. Die 30-Jährige zeige, wie weit man mit Disziplin kommen könne.
Die Chancen 2009
„Unsere junge Staffel hat noch sehr viel Potential“, sagt Edgar Eisenkolb. „Ich traue ihr eine Zeit um 3:23,80 Minuten zu.“ Auch Tobias Kofferschläger, der als Nachfolger von Edgar Eisenkolb die Viertelmeilerinnen als DLV-Disziplintrainer betreuen wird, ist optimistisch. „Das Finale bei den Weltmeisterschaften in Berlin ist natürlich wieder das Ziel.“
Auch Einzelstarts von 400-Meter-Läuferinnen müssten in Zukunft wieder angestrebt werden, denn „Einzelstarterinnen sind natürlich auch ein Qualitätsbeweis für eine Staffel.“ Ob es im kommenden Jahr schon für eine der Läuferinnen reichen wird, bleibt abzuwarten. Ein Staffel-Start bei der Hallen-EM in Turin (Italien) ist grundsätzlich geplant.
Die Hoffnungsträger
Neben den jungen Läuferinnen, die sich bereits in der Erwachsenen-Staffel stark präsentierten, gehören weitere Viertelmeilerinnen zu den Hoffnungsträgern des DLV. Stärkste Nachwuchsläuferin war in der vergangenen Saison die Karlstädterin Fabienne Kohlmann, die im Einzelrennen bei der U20-WM in Bydgoszcz (Polen) Achte wurde. Mit der Deutschen Jugendmeisterin Vera Stelkens (LG Veitsbronn/Obernzenn), Julia Müller-Foell (MTG Mannheim) und Inga Maria Müller (TSV Wiepenkathen) lief sie in der Staffel zudem auf Platz sieben.
Mit 53,78 Sekunden blieb Fabienne Kohlmann nur eine Zehntelsekunde hinter ihrer persönlichen Bestleistung zurück. „Sie war eine wesentliche Stütze unseres Staffelteams. Mit ihr sollte auch im nächsten Jahr im U23-Bereich zu rechnen sein“, ist sich Tobias Kofferschläger, der bislang den Nachwuchs betreute, sicher.
Einen deutlichen Leistungssprung machte Staffelmitglied Inga Maria Müller, die sich abseits ihrer Hauptstrecke, den 400 Meter Hürden, zum Saisonende über 400 Meter auf beachtliche 54,10 Sekunden steigerte. Kompakt gestaltete sich die Situation im Bereich um 55 Sekunden, wo mehrere Athletinnen innerhalb einer halben Sekunde lagen, die wie Inga Maria Müller im nächsten Jahr noch in der Jugendklasse startberechtigt sind.
Lena Schmidt (LG Hilden), die 2007 dem Team angehörte, das in bei der U20-EM Hengelo (Niederlande) Bronze geholt hatte, trat in der abgelaufenen Saison verletzungsbedingt nicht in Erscheinung, befindet sich mittlerweile aber wieder voll im Training.
„Neben den bereits genannten Athletinnen, werden sich für einen eventuellen Staffeleinsatz, diverse Athletinnen aus dem Langhürdenbereich, der sich in diesem Jahr sehr stark präsentierte, empfehlen wollen“, ist sich Tobias Kofferschläger sicher. „Hier sehe ich Laura Hansen aus Sonsbeck als eine heiße Kandidatin an, die sich in diesem Jahr erneut als exzellente Meisterschaftsläuferin präsentierte.“
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