leichtathletik.de-Analyse - 400 Meter Hürden
Der Leichtathletik-Sommer 2006 ist Geschichte. Die deutsche Szene war dabei vor allem von einer erfolgreichen EM in Göteborg (Schweden) gekennzeichnet. leichtathletik.de nimmt die einzelnen DLV-Disziplinbereiche unter die Lupe, macht eine Momentaufnahme, bilanziert das Jahr 2006, blickt auf 2007 voraus und stellt die aktuellen Hoffnungsträger vor.

Christian Duma warf eine Verletzung aus der Bahn (Foto: Kiefner)
MÄNNERWo stehen die DLV-Asse international?
Gleich zu Beginn der Sommersaison ließ der Frankfurter Christian Duma mit 49,69 Sekunden aufhorchen, wurde danach aber von Verletzungssorgen zurückgeworfen. In der kontinentalen Jahresbestenliste verfehlt er mit dieser Zeit als Elfter knapp die Top-Ten. In der IAAF-Weltbestenliste wird er 24-Jährige auf Position 55 geführt.
Die Bilanz 2006
"Im Aktiven-Bereich haben wir unsere Zielstellung, den Endlauf bei der EM für Christian Duma, leider nicht erfüllen können", sagt DLV-Disziplintrainer Volker Beck. "Das wäre realistisch gewesen, denn seine Vorbereitung war sehr gut und er ist gleich im ersten Rennen die Norm gelaufen. Außerdem hätten in Göteborg 50,10 Sekunden für das Erreichen des Finales gereicht." Achillessehnen-Probleme, die nach einem Rennen bei Kälte in Ostrava (Tschechische Republik) erstmals auftraten und dann nicht mehr in den Griff zu bekommen waren, zwangen den Frankfurter dazu, die Saison vorzeitig zu beenden.
"Insgesamt ist unsere Disziplin zur Zeit ein Sorgenkind. Wir haben nur einen Athleten, der international konkurrenzfähig ist, das ist sehr unbefriedigend." Kein zweiter deutscher 400-Meter-Hürdenläufer konnte adäquate Leistungen zu denen von Christian Duma anbieten und dessen Ausfall ausgleichen.
Die Chancen 2007
"Zur Zeit befindet sich Christian Duma in der Reha und trainiert nur unspezifisch. Wenn alles gut läuft, kann er Ende Dezember wieder in das spezifische Training einsteigen", berichtet Volker Beck. Sollte er dann wieder voll belastbar sein und wenn keine weiteren Komplikationen auftreten, ist die Teilnahme an der WM in Osaka (Japan) das Ziel für den 24-Jährigen. "Als zweiten Schritt planen wir wie im vergangenen Jahr den Einzug ins Halbfinale und eine Zeit im Bestleistungsbereich."
Außer Christian Duma ist zur Zeit kein weiterer Athlet in Sicht, dem ähnliches zugetraut werden könnte. Abzuwarten bleibt, wie sich Thomas Goller (TV Wattenscheid 01) schlägt, der nach vielen Verletzungssorgen noch einmal angreifen will. "Er ist ein kleiner Hoffnungsschimmer, aber auch für ihn wird es ganz schwierig."
Die Hoffnungsträger
Der derzeitige Leistungsträger Christian Duma gehört mit gerade einmal 24 Jahren auch zu den großen Hoffnungsträgern. Dem Deutschen Jugendmeister und Halbfinalisten der Junioren-WM, Stephan Stoll (VfB Stuttgart), dem deutschen Juniorenmeister Philipp Bastians (SC Magdeburg) sowie Quentin Seigel (LG Offenburg) und Mark Wiebe (MTG Mannheim) traut der Disziplintrainer einiges zu. "Sie werden ihren Weg gehen, aber die Olympischen Spiele 2008 kommen für sie wohl noch zu früh. Wir setzen auf eine mittel- und langfristige Planung."
FRAUEN
Wo stehen die DLV-Asse international?
Schon in ihrem erst zweiten Jahr über die 400 Meter Hürden mischt Claudia Marx ganz vorne mit. Bei der EM lief die Erfurterin im Finale auf Platz vier, in der europäischen Jahresbestenliste belegt sie mit 54,80 Sekunden den achten Platz. Nur eine Position weiter hinten nimmt sie in der IAAF-Weltrangliste, in die die sechs besten Ergebnisse einer Saison eingehen, ein. In der internationalen Jahresbestenliste der IAAF rangiert sie auf Position 17.
Die Bilanz 2006
"Claudia Marx hat ihren Aufwärtstrend fortgesetzt und sehr gute Leistungen in dieser Saison gezeigt", hebt DLV-Disziplintrainer Eberhard König die positiven Aspekte der Saison hervor. Nur mit den weiteren Hürdenläuferinnen ist er nicht zufrieden, nachdem die Zielstellung, drei 400-Meter-Hürdenläuferinnen zur EM nach Göteborg zu schicken, nicht erfüllt wurde. "Mit Anja Neupert, Ulrike Urbansky, Tina Kron und Stephanie Kampf wäre das für einige möglich gewesen."
Verletzung und letztendlich Beendigung der Karriere bei Stephanie Kampf (VfL Sindelfingen), psychische Probleme bei Ulrike Urbansky (Erfurter LAC), Defizite im spezifischen Trainingsaufbau bei Anja Neupert (LG Nike Berlin) und keine Fortführung der positiven Leistungsentwicklung bei Tina Kron (SV schlau.com Saar 05 Saarbrücken), die Liste der Probleme liest sich lang. "Das Gesamtbild unserer Disziplin ist insgesamt eher negativ, nur Claudia Marx bildet eine erfreuliche Ausnahme."
Die Chancen 2007
"Claudia Marx ist noch nicht am Ende ihrer Entwicklung angelangt", ist sich Eberhard König sicher, "sie ist eine Kandidatin für das Finale bei der WM 2007 und den Olympischen Spielen 2008." Dazu müsse sie sie ihre Zeiten über 400 Meter flach stabilisieren und ihre Rhythmusprobleme weiter bearbeiten. "Außerdem hoffe ich, dass wir im nächsten Jahr mit einer weiteren Läuferin nach Osaka reisen." Als erste Kandidatin hierfür sieht er Ulrike Urbansky, aber auch Tina Kron.
Die Hoffnungsträgerinnen
Vor allem auf die jungen Bremerin Jonna Tilgner hält Eberhard König große Stücke. "Nach Stagnation hat sie in einem neuen Umfeld eine hervorragende Saison abgeliefert. Sie ist hoch motiviert und zeigt Freude an Leistung." Auch wenn für sie die WM vielleicht noch etwas zu früh kommt, sollte man sich den Namen für die nächsten Jahr merken.
Hohes Niveau bescheinigt er auch der Halbfinalistin der Junioren-WM, Frederike Schönfeld (TG Camberg), die allerdings erst 19 Jahre alt ist und deshalb auch noch Zeit braucht, um absolute Spitzenzeiten anzubieten.