leichtathletik.de-Analyse - Dreisprung
Der Leichtathletik-Sommer 2006 ist Geschichte. Die deutsche Szene war dabei vor allem von einer erfolgreichen EM in Göteborg (Schweden) gekennzeichnet. leichtathletik.de nimmt die einzelnen DLV-Disziplinbereiche unter die Lupe, macht eine Momentaufnahme, bilanziert das Jahr 2006, blickt auf 2007 voraus und stellt die aktuellen Hoffnungsträger vor.

Charles Friedek will im nächsten Jahr wieder angreifen (Foto: Gantenberg)
MÄNNERWo stehen die DLV-Asse international?
Erfolgreiche internationale Auftritte deutscher Dreispringer werden immer mehr zur Seltenheit. "Die Erwartungen haben die Dreispringer auch in der vergangenen Saison nicht erfüllen können", blickt DLV-Disziplintrainerin Elke Bartschat (vor Heirat Elke Stahl) zurück. So gab es in diesem Jahr bei der EM in Göteborg keinen DLV-Vertreter.
Andreas Pohle (ASV Erfurt), mit 16,97 Meter der mit Abstand beste nationale Dreispringer, rangiert in der Weltjahresbestenliste auf dem 37. Platz. Das Aushängeschild Charles Friedek (TSV Bayer 04 Leverkusen) ist aufgrund von Verletzungen nur auf Platz 52 zu finden (16,68 m).
Die Bilanz 2006
Einziger 17-Meter-Springer in der deutschen Bestenliste ist Randy Lewis mit 17,31 Meter, der für den TSV Bayer 04 Leverkusen startet, allerdings aus Grenada stammt und somit auch nicht für den DLV antritt.
Im internationalen Vergleich wird es nach wie vor eng, wenn Ex-Weltmeister Charles Friedek ausfällt. Potenzielle Vertreter fehlen. Der Leverkusener ging nach seiner Bänderverletzung, die er sich vor einem Jahr in der Qualifikation der WM in Helsinki (Finnland) zugezogen hatte, nach fast zehn Monaten Wettkampfpause wieder an den Start, hatte aber mit muskulären Problemen im Oberschenkel zu kämpfen und blieb hinter den Erwartungen zurück. "Charles hat zwar alles versucht, aber die Unsicherheit aufgrund der Schmerzen zwang ihn zum vorzeitigen Abbruch der Saison. Unter normalen Umständen hätte er in Göteborg sicher vorne mitspringen können", schätzt die Disziplintrainerin ein.
Einzig Andreas Pohle überbot die EM-Norm des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) von 16,80 Metern. Bei den Deutschen Meisterschaften in Ulm überraschte der Erfurter im sechsten Versuch mit 16,97 Metern. Bis zu diesem Zeitpunkt war der 25-Jährige im Sommer nur 16,31 Meter weit gesprungen. Ähnliches gelang ihm bereits 2004, als er seine Bestleistung von 16,99 Metern unter ähnlichen Vorzeichen aufstellte. Zur Formüberprüfung in Leverkusen konnte er seine Leistung allerdings nicht bestätigen und wurde aus dem EM-Kader gestrichen (16,11 m). "Die Nichtnormierung war bei diesem Leistungsgefälle berechtigt", stellt Elke Bartschat fest. "Ein weiter Sprung während der Saison ist einfach nicht ausreichend, das Potenzial ist bei Andreas sicher da, aber die Konstanz fehlt völlig, das muss sich in der Zukunft ändern", beobachtete die DLV-Trainerin.
Mehr erhofft hatte sie sich von Thomas Moede (LAC Berlin), der sein Leistungsvermögen technisch nicht umsetzen konnte. Aufgrund von Verletzungen sowie gesundheitlichen Problemen konnten der letztjährige U23-EM-Starter Daniel Kohle (LG Ration Münster; Wade) sowie Rudolf Helpling (LT DSHS Köln; Pfeiffersches Drüsenfieber) ihre erhofften sportlichen Fortschritte nicht abrufen.
Einziger DLV-Vertreter bei der Junioren-WM in Peking (China) war Nico Bayer (Eintracht Wiesbaden) auf Platz elf.
Die Chancen 2007
"Für die Saison 2007 wage ich noch keine Prognose abzugeben", gibt sich Elke Bartschat zurückhaltend. Das Ziel formuliert sich vorrangig in der Teilnahme am internationalen Geschehen. Für die Weltmeisterschaft in Osaka (Japan) ruhen die Hoffnungen vor allem auf einem gesunden Charles Friedek, der bereits in der Halle angreifen will. Für die "Gruppe um Pohle, Moede und Helpling" erscheint die doch recht hohe Norm von 17,10 Metern als eine zu schwierige Hürde. "Insgesamt bleibt der Fakt, es gibt nach wie vor Probleme im Dreisprung der Männer", kommentiert Elke Bartschat die Dreisprungszene.
Die Hoffnungsträger
In der Jugend sieht es besser aus, äußert DLV-Trainerin Elke Bartschat ihre Hoffnungen. Weitere Leistungssteigerungen ohne Abitur-Streß und gesundheitliche Probleme erwartet sie von Nico Bayer (15,69 m), welcher zusammen mit dem Wattenscheider Konstantin Gens (16,19 m) für die U23-EM (Jg. 85-87) in Frage kommt. Überrascht hat Mathias Uhrig (TSV Freudenstadt), der zwar die Norm für Peking zu spät gesprungen ist, aber noch ein Jahr in der Jugend hat und sich somit für die U20-EM in Hengolo (Niederlande) empfiehlt. Das in ihn gesetzte Vertrauen untermauert seine Aufnahme in das neu gegründete DLV-Sprungteam. Sein Vereinskamerad Patrick Rädler - noch B-Jugendlicher - lässt ebenfalls für die Zukunft hoffen.
"Im Nachwuchs kommt was nach, da bin ich sehr zuversichtlich, bis dahin gibt es noch viel Arbeit", schaut Elke Bartasch optimistisch in die Zukunft.
FRAUEN
Wo stehen die DLV-Asse international?
Die Diskrepanz zur Welt- bzw. europäischen Spitze ist zum Ende der Sommersaison genauso so groß wie letztes Jahr. Während die besten Dreispringerinnen mittlerweile konstant über 15 Meter springen, kämpfen die Deutschen nach wie vor mit der für sie unüberwindbar scheinenden 14-Meter Marke. "Wir sind international weit hinterher", stellt DLV-Disziplintrainerin Elke Bartschat fest. Bei der EM in Göteborg war dann auch keine deutsche Dreispringerin am Start. Katja Demut (TuS Jena) ist mit 13,96 Metern als beste Deutsche auf dem 49. Platz der Weltjahresbestenliste zu finden. Ihr fehlen rund dreißig Zentimeter, um international Anschluss zu finden.
Die Bilanz 2006
Es gibt nach wie vor nicht viele deutsche Dreispringerinnen auf hohem Niveau. Die Fahne hochgehalten in der Sorgendisziplin des DLV hat die Dessauerin Katja Pobanz (1. LAC Dessau) nach ihrer zweijährigen Babypause. Mit 13,88 Metern blieb sie nur fünf Zentimeter unter ihrer Bestleistung. "Ihre hohe Anlaufunsicherheit verhinderte im Sommer jedoch noch bessere Weiten", hofft Elke Bartasch auf eine notwendige Leistungssteigerung der 31-Jährigen. Schließlich gelang es ihr nicht, die vom DLV geforderte EM-Norm von 14 Metern zu springen. Diese Marke war zuletzt 2001 von einer Deutschen geknackt worden (Nicole Herschmann; OSC Berlin; 14,09 m).
Katja Demut, von der sich Elke Bartschat ebenfalls die Norm erhofft hatte, konnte ihr sportliches Potential erneut nur bedingt ausschöpfen. "Sie hat sich über die Wettkämpfe rangekämpft und auf 13,96 Meter gesteigert." Bei den Deutschen Meisterschaften folgten enttäuschende 13,35 Meter. "Sie ist zwar leistungsfähiger geworden, kann aber durch ihre Unbeständigkeit noch nicht überzeugen", hofft die DLV-Trainerin auf mehr Abgeklärtheit in entscheidenden Situationen. "Die Unsicherheit muss verschwinden, dann kann Katja in den kommenden Jahren sicher international auf Tuchfühlung gehen. Schließlich gehört sie zu noch zu den Jüngeren (Jahrgang 1984).
Verletzungssorgen hatte Silvia Otto (LAC Erfurt). Sie schleppte eine Fußverletzung durch die ganze Saison und konnte deshalb nicht an ihre Leistung aus dem Vorjahr anschließen. Die ebenfalls gesundheitlich angeschlagene Henny Gastel (SV Halle; Achillissehne) beendete ihre Karriere im Verlauf der Saison.
International vertreten wurde der DLV zumindest durch die Jugend. Die erst 15-jährige Celine Hanenberger (TV Königstädten) schied bei der Junioren-WM in Peking (China) zwar bereits in der Quali aus, konnte aber bereits erstmalig die 13 Meter-Marke überwinden (13,08 m).
Die Chancen 2007
In der Hallensaison wird international der Dreisprung wohl noch nicht vertreten sein. Ebenso schwierig gestaltet sich der Sommer. "Die WM-Norm für Osaka liegt bei 14,20 Metern", beschreibt Elke Bartschat schon allein die schwere Hürde zur Teilnahme. "Es wäre super, wenn eine Frau bei der WM dabei wäre." Dabei setzt sie auf die zwei noch an der deutschen Spitze verbliebenen Katja Pobanz sowie Katja Demut. Nach ihnen klafft eine Lücke.
Die Hoffnungsträger
Um den deutschen Dreisprung-Frauen wieder auf die Sprünge zu helfen, konzentriert sich die DLV-Trainerin vermehrt auf den Nachwuchs, Hoffnungsträger für die U-20 EM in Hengelo (Niederlande) sind Celine Hanenberger sowie die ebenfalls noch B-Jugendliche Jenny Elbe (Dresdner SC; 12,93 m). "Beide verfügen über gute Voraussetzungen, bei denen man abwarten muss, wie die Entwicklung weiter geht", schätzt DLV-Trainerin Elke Bartschat die Zukunft ein. Kritischer zu sehen sind die Jahrgänge 1984 bis 1988. Die Breite bei der B-Jugend ist dagegen im letzten Jahr wieder größer geworden, so versucht Elke Bartasch diese Fakten vorsichtig als positives Zeichen zu deuten. "In der Jugend kommt deutlich was nach."
Dennoch wird es noch viel Zeit und Geduld benötigen, bevor die deutschen Dreispringerinnen aus ihrem momentanen Schattendasein wieder ins Licht des Interesses rücken werden.