leichtathletik.de-Analyse - Hochsprung Männer
Die Olympische Leichtathletik-Saison 2008 ist Geschichte. Sowohl mit Enttäuschungen als auch mit freudigen Überraschungen im Gepäck kehrten die Athleten des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) aus Peking (China) zurück. leichtathletik.de nimmt die einzelnen DLV-Disziplinbereiche unter die Lupe, macht eine Momentaufnahme, bilanziert das Jahr 2008, blickt voraus auf 2009 und stellt die aktuellen Hoffnungsträger vor.
Wo stehen die DLV-Asse international?Raul Spank ist der deutsche Top-Ten-Springer. Mit seiner neuen persönlichen Bestleistung von 2,32 Metern reihte sich der junge Dresdner, der bei den Olympischen Spielen in Peking (China) als Fünfter auftrumpfte, in der Weltjahresbestenliste exakt auf dem zehnten Platz ein, in Europa ist er die Nummer sieben.
Mit einem Zentimeter weniger ging Eike Onnen aus dem Sommer. Der Hannoveraner brachte es damit auf Rang zwölf in der Welt (Europa: Platz acht). Beide Höhenjäger gehören damit zur Weltelite.
Die weiteren deutschen Hochspringer schlagen im kontinentalen Nachwuchs-Vergleich zu Buche. In der U23-Europaliste, die Raul Spank anführt, liegt Martin Günther (LG Eintracht Frankfurt) auf Rang 13 (2,24 m), Benjamin Lauckner (LAC Erdgas Chemnitz; 2,20 m) erreichte noch die ersten Zwanzig. Bei den U20 findet sich Tino Martin (SC Magdeburg; 2,15 m) auf Platz 16.
Die Bilanz 2008
2,30 Meter sind das Tor zur Weltelite. Nachdem das bereits im Vorjahr Eike Onnen aufgestoßen hatte, folgte nun mit Raul Spank ein weiterer Himmelsstürmer. „Ich bin zufrieden. Zwei Männer über 2,30 Meter, das hatten wir schon lange nicht mehr“, stellt DLV-Disziplintrainerin Brigitte Kurschilgen fest. Um genau zu sein, muss man dafür in den Statistiken bis ins Jahr 2001 zurückblättern.
Als „phämomenal“ bezeichnet Brigitte Kurschilgen die Entwicklung von Raul Spank, der als sensationeller Fünfter die Heimreise von den Olympischen Spielen antreten konnte. Mit einer Bestleistung von 2,24 Metern in das Jahr gegangen, steigerte er sich um acht Zentimeter. Genau beim Saisonhöhepunkt stellte der erst 20-Jährige seine ausgeprägten Stärken als Wettkämpfer unter Beweis: „Er bringt diese Qualität in den meisten Fällen zum Ausdruck.“
Dabei hing seine Olympia-Nominierung an einem seidenen Faden, denn auf dem Papier erfüllte er streng genommen die Voraussetzungen für eine Berufung nicht komplett. DLV-Cheftrainer Jürgen Mallow machte sich beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) allerdings über den internationalen Vergleich mit Erfolg für den Hochspringer stark. „Nach den Deutschen Meisterschaften gab es für Raul eigentlich keine Chance mehr für eine Nominierung“, erinnert sich Brigitte Kurschilgen, „es hat mich dann aber natürlich sehr gefreut. Man muss den Athleten die Möglichkeit geben, Erfahrungen zu sammeln.“
Diese Möglichkeit blieb Eike Onnen verwehrt. Für ihn fiel die Asienreise verletzungsbedingt aus. „Seine Saison war nicht so erfreulich“, stellt die DLV-Disziplintrainerin fest. Die Fuß-Verletzung sei „doch schwerwiegender als wahrgenommen“ gewesen. So ging der Blondschopf, der im Vorjahr der gefeierte Shooting-Star war, mit nur vier Sommer-Wettkämpfen in die Statistiken ein, er zeigte aber mit einmal 2,28 und einmal 2,31 Metern einmal mehr sein Potenzial, das auch biomechanische Untersuchungen bestätigten.
Mit dem Abschied des 2,30-Meter-Springers der Jahre 2004 und 2005, Roman Fricke, wurden die Deutschen Meisterschaften in Nürnberg zu einer runden Sache. „Ich hatte dort eine Gänsehaut, als er noch einmal 2,17 Meter gesprungen ist“, erinnert sich Brigitte Kurschilgen, „dieses Jahr war für ihn noch notwendig, um zufrieden aus dem Leistungssport zu gehen.“ Der Leverkusener kam damit in der DLV-Jahresbestenliste noch einmal auf Platz acht.
Dort finden sich hinter Raul Spank und Eike Onnen noch vier weitere Athleten, die 2,20 Meter oder höher gesprungen sind. Nach Änderungen in seinem Umfeld bereitete Martin Günther der Disziplintrainerin Freude. „Bei ihm war eine technische Veränderung zu sehen.“
Benjamin Lauckner dagegen sei „in alte Fehler zurückgefallen“. Brigitte Kurschilgen beschreibt den erst 21 Jahre alten Deutschen Meister des Vorjahres mit einer Bestleistung von 2,26 Metern allerdings als „sprunggewaltigen Mann“ und attestiert ihm auch 2,30-Meter-Potenzial.
Tim Riedl von der LG Euregio überraschte mit seinem Satz über 2,20 Meter, während der Magdeburger Matthias Haverney mit dem nationalen Vize-Titel (2,23 m) seine Knieprobleme erfolgreich hinter sich ließ. „Er machte bei der DM aus einem zunächst schlechten Wettkampf noch was richtig Gutes“, lobt ihn die DLV-Trainerin.
Insgesamt kann Brigitte Kurschilgen einen „leichten Aufwärtstrend“ in ihrer Disziplin feststellen, der sich auch statistisch belegen lässt. In übertriebene Euphorie verfällt die frühere Spitzenathletin deshalb aber nicht. Wie 2007 waren 2,15 Meter, und damit ein paar Zentimeter mehr als in den vorausgegangenen Jahren, notwendig, um deutschlandweit zu den besten zehn Hochspringern zu gehören. Mit zwei 2,30-Meter- und sechs 2,20-Meter-Springern ist in diesen Bereichen jeweils ein Athlet mehr zu vermerken als im Vorjahr.
Die Chancen 2009
Brigitte Kurschilgen zeigt trotz aller Jagd nach den Höhen Bodenhaftung, wenn es um die Ziele für die Heim-WM 2009 geht. „Ziel ist es, mit zwei Männern nach Berlin zu fahren.“ Die Kandidaten, die eine A-Norm von 2,31 Metern ins Visier nehmen können, erklären sich mit Raul Spank und Eike Onnen von selbst. Vor übertriebenen Erwartungen warnt die DLV-Disziplintrainerin schon jetzt: „Von einer sicheren Medaillenchance zu sprechen, ist nicht angebracht. Wenn es beiden aber gelingt, nach Berlin zu kommen, können auch beide im Finale sein.“
Bei Raul Spank wird es darauf ankommen, dass er seinen Weg weiterverfolgt. Brigitte Kurschilgen beschreibt ihn als Athleten, der die Dinge „sehr konsequent und systematisch“ angeht und der „erstaunlich klare Vorstellungen“ hat. Eike Onnen soll mit einem umfassenden, vor allem medizinischen Paket, das für ihn geschnürt wurde, auf WM-Kurs gebracht und gehalten werden. „Der Fuß wird bei ihm immer ein Thema bleiben, wie bei vielen Athleten ist es ein Seiltanz“, weiß Brigitte Kurschilgen.
Das dicke Fragezeichen steht hinter einem möglichen dritten DLV-Hochspringer im Olympiastadion. „Dafür müsste man als B-Norm voraussichtlich 2,28 Meter springen, das halte ich nicht für unwahrscheinlich“, meint Brigitte Kurschilgen. Mit Martin Günther und Benjamin Lauckner gibt es mindestens zwei Hochspringer, für die eine WM-Teilnahme im Bereich des Möglichen zu liegen scheint.
Die Hoffnungsträger
Fünf der sechs aktuellen deutschen 2,20-Meter-Springer sind 24 Jahre oder jünger und damit findet sich dort zwangsläufig noch weiteres Entwicklungspotenzial.
Der Olympia-Fünfte Raul Spank darf an der Spitze dieser Liste getrost als der nunmehr größte Hoffnungsträger eingestuft werden. Er hat mit der U23-EM in Kaunas (Litauen) im nächsten Jahr sogar eine reelle Titelchance. Dort könnten auch Martin Günther und Benjamin Lauckner wichtige internationale Erfahrung sammeln.
Für Tino Martin kommt es zunächst darauf an, den Anschluss an die Erwachsenenklasse herzustellen, während der noch jüngere Oliver Bräutigam (SC Potsdam) die Norm für die U20-EM von 2,15 Metern anpeilt.
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